Suuns - Felt

Secretly Canadian / Cargo
VÖ: 02.03.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Gleich knallt's

Jetzt wissen wir mehr: Suuns sind keine Prog-Band. Wenigstens versicherte Ben Shemie das in einem 2016er Interview und näherte sich so dem hybriden Sound der Kanadier nach dem Ausschlussprinzip an. Aber ach: Fast im gleichen Atemzug ließ der Frontmann verlauten, Suuns seien gar nicht so weit vom Jazz entfernt – was angesichts ihrer bisherigen Diskografie wiederum mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Man wird das Quartett aus Montreal also weiterhin als eine Art elektrifiziertes Post-Punk-Blubberbecken wahrnehmen müssen, in dem vereinzelte kosmische Kuriere schwimmen. Doch wer weiß: Wenn man ein "Free" vor den Jazz setzt, hat Shemie womöglich gar nicht Unrecht, denn zwischen die unterschwellig pochenden Stakkato-Beats und die aufgeregt vor sich hin stückelnden Licks von "X-ALT" schiebt sich auf einmal ein entleibtes Saxophon-Solo und zerteilt das Stück der Länge nach in zwei Hälften. Und schnell ist man Grunde doch wieder nur so schlau wie zuvor.

Da kann der Vorgänger ruhig "Hold / still" heißen – das vierte Suuns-Album wogt praktisch permanent hin und her und schüttet instrumentale Filigranitäten und kalkulierte Trümmerbrüche zu düster-entrückten Abraumhalden auf, die wie der Ballon auf dem Cover jederzeit mit Getöse auseinanderzufliegen drohen. Zugegeben: Bis "Felt" mit "Daydream" bei ungerührt durchgepauktem Uptempo und mechanischer Geräuschkulisse ankommt und "Moonbeams" mit industriellen Drones die Crunchtime einleitet, dauert es seine Zeit. Doch auch der bassige Indie-Hop "Look no further" sorgt eingangs für Bewegung und erinnert mit einer mantraartig eiernden Gitarre außerdem an das gemeinsame Album mit Jerusalem In My Heart aus dem Jahr 2015. Weiter zurück reicht das Richtung Neu! oder frühe Kraftwerk marschierende "Watch you, watch me", das Shemies Stimme durch auf maximale Psychedelia gestellte Maschinen jagt – und schon haben Suuns den Hörer mit einem fantastischen Hypno-Krautrocker am Wickel. Vielleicht das hirnzerbeulendste Stück auf "Felt", nach dem die Dinge allmählich wieder an ihren Platz fallen.

Folgen auf das zwischen verschleppten Drums und vertrackten Griffbrett-Tricks oszillierende "Baseline" die gegeneinander verschobenen Sandpapier-Flächen von "After the fall" oder das behutsam gezupfte "Control", wirken Suuns wie alte Bekannte, die alle paar Jahre aus ihrem neondurchfluteten Erdloch lugen und nach dem Rechten und danach schauen, ob die Grenzen zwischen Song und Track immer noch dort verlaufen, wo die Band sie einst auf "Zeroes QC" zog. Mit "Make it real" haben sie sogar ihre Version von verquerem Dream-Pop im Gepäck, die sowohl die frühe Single "Up past the nursery" als auch Mercury Revs "Goddess on a hiway" beleiht, und klingen im halbakustischen Klopfer "Peace and love" gar rührend – vom Stichflammen-Gebläse einmal abgesehen. Und doch wird man nach dieser exquisiten Dreiviertelstunde das Gefühl nicht los: Jazz ist anders. Oder wir wissen einfach noch nicht genug.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Look no further
  • Watch you, watch me
  • Make it real
  • Peace and love

Tracklist

  1. Look no further
  2. X-ALT
  3. Watch you, watch me
  4. Baseline
  5. After the fall
  6. Control
  7. Make it real
  8. Daydream
  9. Peace and love
  10. Moonbeams
  11. Materials
Gesamtspielzeit: 46:04 min

Im Forum kommentieren

Underground

2020-04-04 15:12:52

so gehört sich das!

AndreasM

2020-04-04 13:28:54

danke! Habe ich gleich runtergeladen und höre direkt rein.

Underground

2020-04-04 09:42:21

2 Live-Alben auf Bandcamp veröffentlicht.

Underground

2018-03-04 23:13:34

Die und Disappears.

Donny-

2018-03-04 18:13:34

Indes! Seltsam, dass bei den Referenzen nicht "Autolux" gelistet sind ... die allem mehr ad hoc als erstes ein.

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