Veto - 16 colors

Reset08 / The Orchard
VÖ: 09.02.2018
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Sag niemals ja

Troels Abrahamsen ist zumeist dagegen. Gegen Opportunisten und Mitläufer, die bereits 2009 in Vetos exquisitem, bitzelndem Indie-Dancefloor-Hit "You say yes, I say yes" ihr Fett wegbekamen. Gegen althergebrachte Release-Vorstellungen, sodass er mit seiner Band zuletzt nicht etwa einen Longplayer, sondern die EPs "Sinus" und "Point break" veröffentlichte, die das frühere Major-Label seinerzeit lediglich notdürftig auf Doppel-CD zusammenkompiliert nachschob. Und wer es auch musikalisch sperrig mochte, griff 2016 zu "The limber real" von Abrahamsens Soloprojekt Exec, auf dem der Däne nicht etwa den Elektro-Rocker, sondern den schwermütigen Minimal-Pianisten gab – mit Moonfaces "Julia with blue jeans on" im Hinterkopf und jeder Menge lauthals herauslamentierter Seelenpein im expressiven Klagegesang. Einspruch zwecklos.

Fast schon eine Erholung also, dass das fünfte Album von Abrahamsen und Kollegen wieder das klassische Format bemüht und sein Opener auf einer flinken Ohrwurm-Sequenz aufbaut, die den sehnigen Track unmissverständlich auf der gleichen Tanzfläche platziert wie den eingangs genannten. Und klammert man den inhaltlichen Überbau aus, der die "16 colors" der HTML-Spezifikation als Metapher für die limitierte Weltanschauung des Menschen interpretiert, ist das doch alles gar nicht so kompliziert. Oder zumindest weniger als die mutwillig uneingängigen Vorabsingles: "I am here" entwirft statt eines forsch aufstampfenden Comebacks eine düster kokelnde Song-Rumpelkammer, in der ein gravitätisches Klavier herumsteht, "The pit" ist ganz unten mit gedrücktem Downbeat und schluchzenden Streichern. Elektro-Rock? Findet nicht statt.

Was auf "16 colors" allerdings nicht pausenlos gilt, denn die Dänen haben zu viele Hummeln im Hintern, als dass sie mit diesem lediglich ruhelos auf stachligen elektrischen Stühlen herumrutschen würden. Statt sich jedoch bei "Measures" mit der Simulation einer LCD-Soundsystem-Rhythmusspur zufriedenzugeben, überschüttet das Quintett die nervösen Kriechströme mit einem Soundschwall aus Art-Rock-Keyboards und wetzt "Mount Dome" an einem ähnlich bohrenden Basslauf wie The Jesus And Mary Chain ihre dröhnende Wuchtbrumme "Cracking up". Heraus kommt eine Art klobiger Post-Punk, für den die Clubs zwecks entsprechender Schlurf-Moves Holzpantinen bereithalten sollten. Als würden die Landsleute Dúné und The Fashion mit verstimmten Instrumenten die Bloc Party crashen – nur dass Veto schon immer die besseren Argumente hatten.

Eins davon ist Abrahamsens Stimme, die in ihren spukigsten Momenten Scott Walkers verzweifeltem Barmen so nahesteht, dass der große Schmerzens-Crooner nebenan zu warten scheint. Doch der Frontmann weiß Maß zu halten: Bei den kreiselnden Beatschlaufen und der synthetisch-schaurigen Westernromantik des brillanten "One-eyed and dying" hält er sich gebührend zurück, über den aufgeregten Handclaps und dem kantigen Funk-Groove von "Oh center" wiederum thront er auch dann souverän, wenn Acid-Drops das Stück kurz ins Bodenlose stürzen lassen. Und der Aufprall fällt mit dem leidlich straighten Abschluss "The take / The pace" nur so lang glimpflich aus, bis es heißt: "The path of least resistance is the one that gets you through / The more that you comply with it, the easier for you." Veto bleiben dabei: Sag niemals ja. Außer zu diesem vorzüglichen Album.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • 16 colors
  • Mount Dome
  • One-eyed and dying
  • Oh center

Tracklist

  1. 16 colors
  2. Measures
  3. The pit
  4. Mount Dome
  5. One-eyed and dying
  6. Excited
  7. Oh center
  8. I am here
  9. Square shaped
  10. The take / The pace
Gesamtspielzeit: 45:19 min

Im Forum kommentieren

Gomes21

2018-02-11 14:04:20

Hatte gar nicht mehr auf dem Schirm, dass die noch existieren. Ich erinnere mich an Tölle Konzerte, gibt noch mal ne Chance!

Vermilion.Smile

2018-02-11 13:29:18

Sehr erfreulich, dass es die Band plötzlich doch noch gibt, aber so richtig zünden tut´s neue Album bisher noch nicht...
Live werde ich sie mir auf ihrer Tour im März anschauen.

Sauseschritt

2018-02-09 21:53:13

Also ich weiß nicht. Habe sie fairerweise nach ihrem klasse Debüt etwas aus den Augen verloren, aber die Methamorphose zum heutigen Sound ist mir dann doch etwas zu heftig ausgefallen, so ohne Vorwarnung. Vielleicht braucht’s noch was oder ich sollte Ihnen live mal eine Chance geben, aber gerade will es nicht so an mich :)

Armin

2018-02-08 20:36:12- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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