Jona - Sich freuen bei 150

Haute Areal / Day-Glo / PIAS / Zomba
VÖ: 31.03.2003
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Für die linke Spur zu langsam

Was geht in ihm vor? Denkt er denn wirklich, er kommt damit durch? Jona Steinbach schnappt sich eine Gitarre und einen Drumcomputer und startet den Großversuch in Sachen Liebe. Mal wieder das, was mit \"Textpop\" nur unzureichend erklärt ist. Wer auf deutsche Texte scheißt, hat hier von Anfang an verloren, denn der Kölner bekennt sich zur \"Letzten Rock\'n\'Roll Geste\". Es plätschert und pluckert vor sich hin und schon nach wenigen Minuten beschleicht einen das Gefühl, daß es gleich an den Landungsbrücken raus geht. Diese Texte, diese Melodien - das kann kein Zufall sein: Hier träumt jemand in der selben Sprache wie die Kettcar-Fahrer aus Hamburg City.

\"Das sind die Leute, denen wir später mal sagen werden, wir waren dabei / Über die Dinge, wo wir wissen, das wars / In den Bars, wo man sich kennt / In den Slums von Disneyland.\" Gut gebrüllt, Löwe. Das ist genau die Sorte Poesie, die gelangweilte Oberstufenschüler mit Begeisterung auf ihren Heften niederschreiben, wenn der Lehrer mal wieder anfängt, von klassischer Literatur zu reden. \"Und dann das letzte Mal winken / Die Hände ausstrecken / Sie zu Fäusten ballen / Und in die Taschen stecken.\" Was immer uns der Autor damit sagen will, wir wissen, wir fühlen das Selbe.

Woher kommt diese Faszination für das Alltägliche, für das mehr oder weniger Nichtssagende in den Texten der bundesdeutschen Befindlichkeitspopper? Richtig: Jeder fühlt sich angesprochen, man ist begeistert über so viel Verständnis auf der anderen Seite der Stereoanlage. Die ältere Generation hat Jürgen Fliege, der sie versteht, für die Nachkommen bleibt nur das Leben wie ein Toastbrot im Regen. Wer nur noch Werthers Echte, nicht aber dessen Leiden kennt, der verkriecht sich mit dieser CD unter die Bettdecke - Hauptsache, man glaubt.

\"Sich freuen bei 150\" - was für ein Albumtitel! Mehr als ein Bild: Der Wagen nachts auf der A1, irgendwo zwischen Köln und Hamburg, und dann diese CD hören. Das macht Sinn. Nur läuft man schnell Gefahr, einzuschlafen: Monotone Beats und eine ausdruckslose Stimme können einem durchaus die sichere Weiterfahrt versauen. Und zum Schluß fast doch noch das Einsehen: Alles nicht so schlimm, anderen gehts genauso, wir haben ja die Musik. Vielleicht schafft man es irgendwann, eine CD mal nicht als Manifest einer gescheiterten Generation, sondern einfach nur als Tonträger zu begreifen. Auch wenn dann wenig übrig bleibt. Nun aber still: \"Und ganz sicher weißt du\'s besser / Doch das ändert nichts daran / Daß man es versuchen muß / Und wenn man will das Glück vielleicht erzwingen kann.\"

(Lukas Heinser)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Stunden hier
  • In den Slums
  • 3 vs. 3:30

Tracklist

  1. Letzte Rock'n'Roll Geste
  2. Und wenn's nur das wär
  3. Für die anderen, für uns
  4. Stunden hier
  5. Die Optionen
  6. In den Slums
  7. In der Rockagentur
  8. Sich freuen bei 150
  9. Hier kommt dein Hit
  10. 3 vs. 3:30
Gesamtspielzeit: 36:51 min

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv