Franz Ferdinand - Always ascending

Domino / GoodToGo
VÖ: 09.02.2018
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

(Un-)Gleiche Weggefährten

Diese ständigen Vergleiche waren damals in der Retro-Welle – die aus heutiger Sicht tatsächlich weniger nach Retro klingt – natürlich Quatsch. War "Franz Ferdinand" 2004 das omnipräsente Album, um alle glücklich zu machen, wurden Bloc Party bereits ein Jahr später mit "Silent alarm" als deren Nachfolger ausgerufen. Dass die beiden Platten höchstens entfernt ähnlich klangen, schien seltsamerweise niemanden zu stören. Umso kurioser, dass die Karrieren beider Bands im Jahr 2018 durchaus einige Parallelen besitzen. Album Nummer fünf muss nämlich ohne wichtige Gründungsmitglieder auskommen. Bei Bloc Party war das vor allem Matt Tong, der mit seinem verwirbelten Schlagzeugspiel ein klarer Fixpunkt des Sounds auf "Silent alarm" war. Im Hause Ferdinand trennte sich nun Nick McCarthy im Freundschaftlichen von der Truppe. Kein unbedeutender Einschnitt, waren sowohl seine Künste an der Gitarre als auch sein deutschsprachiger Hintergrund prägend für den Stil der Band. Bloc Party brachten nach dem Umbruch nicht mehr als das zurückhaltende, bestenfalls mediokre "Hymns" zustande. Genau hier nehmen Franz Ferdinand leider auch die Parallele auf.

"Always ascending" haben sie ihren anvisierten Neuanfang genannt, aber angesichts des Diskografie-Verlaufs kann das bestenfalls als Wunschdenken klassifiziert werden. Schon "Tonight: Franz Ferdinand" und "Right thoughts, right words, right action" geizten mit den Krachern, die sie auf ihren ersten beiden Platten massenhaft aus dem Ärmel schüttelten. Was jedoch in der ersten Hälfte von "Always ascending" passiert, ist der traurige Tiefpunkt eines einst schlagfertigen, frischen Kollektivs. "Lazy boy" staubt mit Leichtigkeit den Titel des schlechtesten Franz-Ferdinand-Songs überhaupt ab. Zu einem Instrumental, das mit "Malen nach Zahlen" noch wohlwollend beschrieben ist, darf man sich Folgendes anhören: "I'm a lazy boy / Yes, a lazy boy / Lazy in the morning boy / I'm a lazy boy / Yes, a lazy boy / Lazy in the evening boy." Zugegeben, der Song macht Titel und Text alle Ehre. Auch bei "Paper cages" und "Finally" scheinen die Lyrics in drei Minuten über das 08/15-Geplänkel drübergeklatscht worden zu sein. "I feel it / I'm fine / I feel it in the spring sunshine" oder "Finally I found my people / Found the people who are meant to be found by me" würden selbst bei einem Liam Gallagher noch negativ auffallen.

Man muss also Anstrengung aufwenden, um zu Beginn der Platte positive Aspekte zu finden. Etwa, dass der Titeltrack nach ein paar Durchläufen zumindest eine passable Eröffnung abgibt. Oder "The Academy Award" trotz des Kitsch-Overflows eine halbwegs gelungene Ballade darstellt. Es braucht allerdings erst eine Zündung wie in "Lois Lane", um den Hörer aus der Lethargie zu reißen. Nach trockenem Beginn übernehmen hübsche Synthies im Refrain, und der schwungvolle dynamische Höhepunkt haut dann die ersten einprägsamen Zeilen von "Always ascending" raus: "The over-thirty singles night / It's bleak, it's bleak, it's bleak!" Holla! Die Rap-Einlage in "Huck and Jim" landet irgendwo zwischen grausam und genial, ist aber wenigstens nicht egal, der Refrain fräst sich derweil ins Gedächtnis. Vor allem in den letzten beiden Tracks zeigen Franz Ferdinand als Schlussspurt getreu dem Motto "You could have it so much better", was noch alles geht, wenn sie ihren Kram denn mal beisammen haben.

Zum Beispiel ein fulminantes Saxofon-Solo, was durch die finale Klimax des zwischen energisch und hypnotisch pendelnden "Feel the love go" wütet. Und auch der psychedelische Closer "Slow don't kill me slow", der sich im Wachzustand ein hallozinogenes Wiegenlied zusammenträumt und in schweren Atemgeräuschen endet. Vielleicht, weil es die zum Quintett gewachsene Band und den ins Boot geholten Produzenten Philippe Zdar (Phoenix, Beastie Boys) einiges an Anstrengung gekostet hat, doch noch ein paar Highlights aus dem Füller zu quetschen. "Always ascending" spiegelt eine Truppe wider, der eindeutig eine Marschrichtung fehlt und die neben ein paar zugestandenen Treffern nur noch schwache Versuche startet, den alten Esprit wiederzubeleben. Während die eingangs erwähnten Weggefährten zwar stets neue Mittel einsetzen, aber im Morast versinken – möglicherweise die sympathischere, aber musikalisch halt auch nicht bessere Option. Man könnte an dieser Stelle damit schließen, dass die Beobachtung spannend sei, wo es jetzt von nun an mit der Klasse der mittigen Nullerjahre noch hingehen soll. Ehrlich gesagt: Es wäre aber gelogen.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Lois Lane
  • Feel the love go
  • Slow don't kill me slow

Tracklist

  1. Always ascending
  2. Lazy boy
  3. Paper cages
  4. Finally
  5. The Academy Award
  6. Lois Lane
  7. Huck and Jim
  8. Glimpse of love
  9. Feel the love go
  10. Slow don't kill me slow
Gesamtspielzeit: 39:52 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2019-11-27 22:00:02

Der Titeltrack hat 11 Million Spotify-PLays. Hätte echt gedacht, dass die Band eigentlich keinen Erfolg mehr hat.

mispel

2018-07-03 19:57:02

Hab die Band vergangenes Wochenende mal wieder live auf nem Festival gesehen und es war einfach nur furchtbar. Es wirkte wie ne One-Man-Show von Kapranos, der krampfhaft versuchte an Zeiten festzuhalten, die schon lange vorbei sind. Irgendwie traurig.

Jullei

2018-05-23 19:08:21

Ich habe es wirklich versucht, aber es ist nicht mehr als Oma- Opa- Schunkelpop.
Bitte den Betrieb einstellen oder mit der nächsten Platte richrtig überraschen.

Felix H

2018-04-23 16:16:29- Newsbeitrag

Vorhin gehört...

2018-03-13 01:51:35

Eigentlich ganz gut...

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