Mudhoney - LiE (Live in Europe)

Sub Pop / Cargo
VÖ: 19.01.2018
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Die Unfuzzbaren

Wer hat's erfunden? Kurt Cobain, der Nirvana zu Weltruhm und sich selbst mit ruinösem Lebenswandel zu einem allzu frühen Ende verhalf? Soundgardens Chris Cornell, der 2017 weniger zeitig, aber nicht minder tragisch den Tod fand? Oder Eddie Vedder, der mit oder ohne Pearl Jam immer noch "I'm still alive" vermelden kann? Weit gefehlt: Den Begriff Grunge ersann Mudhoney-Frontmann Mark Arm bereits Anfang der achtziger Jahre – und meinte damit die unappetitliche Pampe aus Haaren und Seifenresten, die sich vorzugsweise in Abflüssen und an Duschvorhängen ablagert. Eine treffliche Beschreibung für die Musik seiner Band, die Zeit ihres Bestehens stets eine Spur zu roh und dreckig klang, um die Massen zu begeistern. Ein Ausbund an Zuverlässigkeit sind Mudhoney seit rund 30 Jahren und neun Studioalben trotzdem, zumal Arm inzwischen grundsolide als Lagerist beim renommierten Stammlabel Sub Pop arbeitet. Und lässt sich das Quartett einmal in Europa blicken, muss das natürlich festgehalten werden.

Zuletzt war das 2016 der Fall – zugegebenermaßen arg spät, um das drei Jahre zuvor erschienene "Vanishing point" zu promoten, sodass Arm und Kollegen sich Abend für Abend durch einen repräsentativen Querschnitt ihrer Karriere lärmten. Prima sowohl für Konzertbesucher als auch für Hörer dieses Live-Mitschnitts, auch wenn Mudhoney die Aufnahmen aus verschiedenen Shows zusammenstückeln und der Sound dank Steve Turners meist aggressiv in den Vordergrund gemischter Gitarre vor Akzentuiertheit und Tiefenschärfe nicht gerade strotzt, was auch für ausgesuchte Songs des aktuellen Studio-Longplayers gilt. Vielmehr pöbelt und stampft der Uptempo-Hit "I like it small" hier noch etwas rabiater über die Bretter, und auch das schleifende Gejaule von "What to do with the neutral" macht adäquat den Lauten. Besonders bunt treibt es allerdings "The final course", wo sich Turner mithilfe des Fuzz-Pedals gegen Ende gar ins – Verzeihung – Nirwana zu solieren droht. Und nichts anderes durfte man erwarten.

Für langjährige Fans geht es außerdem im Schweinsgalopp vom ruppigen "Get into yours" aus dem selbstbetitelten 1989er Debüt über die Alben "Every good boy deserves fudge" oder "Piece of cake" bis ins neue Jahrtausend zu "The lucky ones" – bemängeln könnte man jedoch das Fehlen des Klassikers "Touch me I'm sick". Zumindest bis der Brecher "Judgment, rage, retribution and thyme" von 1995 in ähnlich tollwütigem Stakkato-Stil die Bühne zerlegt und nachdrücklich daran gemahnt, sich auch mal wieder "My brother the cow" zu Gemüte zu führen. Immerhin folgt "Suck you dry", die einzige Mudhoney-Single, der man so etwas wie einen Charterfolg bescheinigen kann, fast auf dem Fuße – und wer nicht glaubt, dass Roxy Musics "Editions of you" der erste Punk-Song aller Zeiten gewesen sein soll, weiß es nach der hetzenden Coverversion kurz vor Schluss besser. Dass "LiE (Live in Europe)" ein so schonungsloses wie ziemlich kurzweiliges Dokument des Fuzz-Trash sein würde, war hingegen schon vorher klar.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Get into yours
  • What to do with the neutral
  • Judgment, rage, retribution and thyme
  • I like it small

Tracklist

  1. Fuzz gun
  2. Get into yours
  3. Poisoned water
  4. The final course
  5. What to do with the neutral
  6. I'm now
  7. Judgment, rage, retribution and thyme
  8. I like it small
  9. Suck you dry
  10. Editions of you
  11. Broken hands
Gesamtspielzeit: 38:37 min

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Haariger Grantscher

2018-01-12 16:44:15

Nicht unbedingt schlecht, aber so langsam wird es doch mal Zeit für ein neues Studioalbum.

Armin

2018-01-11 21:28:43- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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