Madonna - Rebel heart tour

Eagle / Universal
VÖ: 15.09.2017
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Kein Gekritzel

Kurz vor 21 Uhr. Während draußen die Menge wartet, wurde gerade der Backstage-Kühlschrank leer gesoffen – die halb verplante Band kritzelt mit letzter Kraft ein paar Songs auf ein Blatt Papier. So weit die Setlist- und Konzertvorbereitungsromantik, die von den meisten von Plattentests.de besprochenen Acts erwartet wird. Auch wenn selbst kleinere Künstler heute häufig mit durchgetakteten Sets ohne viel Variationsmöglichkeiten aufwarten, wirkt diese Vision im Vergleich zu den Giganten der Industrie doch tatsächlich gar nicht so verkehrt. Die Größte ist dabei seit Jahren die Queen of Pop. Hinter Steuer-Schummler Bono mit seinen irischen Jungs und den nimmermüden Rolling Stones ist Madonna der drittwertvollste Musik-Act der Welt – und demnach unangefochtene Nummer Eins der Solokünstler. Während sich der musikalische Output der 59-Jährigen in den letzten Jahren hochdiskutabel gestaltete, konnte "Madge" immerhin mit ihren rekordverdächtigen Tourneen durchweg überzeugen. Eine Show wie ein Gesamtkunstwerk zwischen Tanz, Zirkus, Oper und Konzert – jede Sekunde durchchoreographiert. Um jenes überaus kostspielige Spektakel in die eigenen vier Wände zu bringen, hat Madonna auch ihrer "Rebel heart tour" ein Live-Album spendiert.

Eine nachvollziehbare Entscheidung, da sie nach dem mauen EDM-Gewurstel "Rebel heart" so die künstlerisch anspruchsvollere Kundschaft zufriedenstellen dürfte. Der überaus starke Mitschnitt der "Confessions tour" hatte schließlich vor gut zehn Jahren auch über das mittelmäßige "Confessions on a dancefloor" hinwegtäuschen können. Das unlängst dargebotene Event steht jenem Coup in keiner Weise nach. Madonna spielt sich in vier von Grund auf verschiedenen Akten furios durch ihr Programm. Einziges Problem: Als Hörer erkennt man davon nur Nuancen. In erster Linie liegt das daran, dass die Standard-CD das zugehörige Studioalbum in den Mittelpunkt stellt. Ein durchaus logischer Fokus, der allerdings zu Folge hat, dass insbesondere der Beginn des Tonträgers die uninspirierten Seiten der Queen of Pop zeigt. Einzig "Burning up", in einer Rockversion vertreten, trennt die auch live nicht überzeugenden neuen Songs "Iconic", "Bitch I'm madonna" und "Holy water". Erst nach fünfeinhalb Tracks und knapp 30 Minuten der "Rebel heart"-Hölle hüpft die CD mit einer kontemporären Version von "Deeper and deeper" in den nächsten Akt. Ab hier wird es interessant – und ab hier wurde ordentlich aussortiert. Mit nur acht Songs sind die restlichen drei Viertel der Show vertreten. Unverständlich, da starke Momente wie die berührende Akustikversion von "True blue" oder die Neuinterpretation des Klassikers "Like a virgin" brutal geschnitten wurden.

Brutal geschnitten trifft dabei auch auf den beiliegenden Konzertfilm zu, das die gesamte Show aus Sydney inklusive genannter Highlights beinhaltet. Dieser vermittelt zwar einen visuellen Eindruck der hochaufwändigen Darbietung, ist aber aufgrund des übertriebenen Editings an der Grenze zur Stroboskopie weitgehend ungenießbar. In Anbetracht der Qualität von Fanmade-Pro-Shots dient jener demnach nur bedingt als lohnenswerte Ergänzung. Bleibt also die Audioversion, die zumindest vereinzelt Lichtblicke enthält. Nachdem sich Kollege Sennfelder in der Rezension zu "Rebel heart" zurecht darüber empörte, dass der Titeltrack nur die Deluxe-Version schmückte, erscheint die Akustik-Pop-Nummer hier zentral und imponiert als eingängiger Hit. Stark verbessert präsentiert sich auf der Bühne auch "Devil pray", das live ebenfalls mit einer Westerngitarre versehen wurde. Auch der Oldie "La isla bonita" erhält eine äußerst überzeugend geschrammelte neue Variante, wenngleich hier wieder Fragen über die Echtheit der unregelmäßig platzierten Publikumsgeräusche aufkommen. Immerhin stimmt bei jenen Beispielen das Musik-Show-Verhältnis, das eine Live-CD aushalten kann – im Vergleich zur langatmigen Verunstaltung des ohnehin schon miesen "Unapologetic bitch". So gigantisch die "Rebel heart tour" auch war, lässt der Großteil des physischen Releases die Gedanken zurück zum Bild hingekritzelter Setlists fliegen. Ist ja noch Bier im Backstage-Kühlschrank.

(Till Bärwaldt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Devil pray
  • La isla bonita
  • Rebel heart

Tracklist

  • CD 1
    1. Rebel heart tour intro
    2. Iconic
    3. Bitch I'm Madonna
    4. Burning up
    5. Holy water / Vogue
    6. Devil pray
    7. Deeper and deeper
    8. HeartBreakCity
    9. Living for love
    10. La isla bonita
    11. Rebel heart
    12. Candy shop
    13. Unapologetic bitch
    14. Holiday
  • DVD 1
    1. Rebel heart tour intro
    2. Iconic
    3. Bitch I'm Madonna
    4. Burning up
    5. Holy water / Vogue
    6. Devil pray
    7. Messiah (video interlude)
    8. Body shop
    9. True blue
    10. Deeper and deeper
    11. HeartBreakCity
    12. Like a virgin
    13. S.E.X. (video interlude)
    14. Living for love
    15. La isla bonita
    16. Dress you up / Into the groove
    17. Rebel heart
    18. Illuminati (video interlude)
    19. Music
    20. Candy shop
    21. Material girl
    22. La vie en rose
    23. Unapologetic bitch
    24. Holiday
    25. An excerpt from "Tears of a clown"
Gesamtspielzeit: 204:43 min

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Armin

2017-12-11 21:25:24- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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