The Kills - Keep on your mean side

Domino / Zomba
VÖ: 10.03.2003
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die bessere Hälfte

Bisher war das Rumpel-Rock-Revival eine ziemlich maskuline Sache. Harte Typen in speckigen Lederjacken staubten Ruhm, Ehre und Zaster ab, während das schöne Geschlecht höchstens in der Nebenrolle des willigen Groupies vorkam. Womit jetzt aber Schluß ist. Meg White, von vielen bisher für stumm gehalten, schiebt sich auf der neuen Stripes-Platte immerhin zwei mal hinters Mikrofon. Karen O., Frontfrau der brandheißen Yeah Yeah Yeahs und Role Model in Warteschleife ist mal mindestens das androgynste Weibsbild seit Marilyn Manson. Und im ganz tiefen Untergrund tummeln sich Bands wie die Raveonettes oder die Detroit Cobras, bei denen längst Frauen die löchrigen Vintage-Hosen anhaben. It's a woman's world.

Auch bei den Kills hat sich neben dem obligatorischen Artikel eine angemessene Menge Holz vor der Hütte angesammelt. VV nennt sich die schnittige Dame, die dem Frau/Mann-Projekt vorsteht, das zunächst als transatlantischer Kettenbrief begann. Sie lebte in New York, nahm mit schäbigstem K-Mart-Equipment Songskizzen auf und schickte sie ihrem Kumpel Hotel übers große Wasser nach London. Er, ein echter Alleskönner, nahm sich die Tapes vor, spielte auf seiner Billig-Ausrüstung ein paar Takte drüber, und sandte sie zurück. Die Ergebnisse klangen dementsprechend holprig, manchmal auch haarsträubend, aber doch immer reizvoll. Was sie zum Anlaß nahm, in den nächsten Flieger zu steigen und eines morgens bei ihm auf der Matte zu stehen. Selbst ist die Frau.

Endlich vereint flickte man das Equipment notdürftig zusammen, spielte ein paar Gigs und machte sich schließlich an die Aufnahme eines Debütalbums. VV singt sexy verraucht, er stottert mit seiner Strat zähflüssige Riffs drüber. Einfach-Rock, so simpel und spontan wie es eben geht. Die Kills brauchen nicht mal ein richtiges Schlagzeug, um einen düster brodelnden Fetzen wie "Superstition" rauszuhauen. Lou Reed würde man so was auch jeder Zeit abkaufen.

Schade nur, daß die Platte sich allzu oft auf ihren DIY-LoFi-Charme verläßt. Manches kreist verloren um sich selbst, wirkt ziellos und läßt das letzte bißchen Kampfgeist vermissen. Zwar strahlt "Keep on your mean side" große Gefahr aus, und man rechnet hinter jedem monoton heruntergebeteten Riff mit dem erlösenden Ausbruch. Aber wenn die 40 Minuten der Kills vorbei sind, ist doch nichts passiert. Mehr Action hätte gut getan. Dann könnte man sich auch doppelt über Stücke wie das deftig dahinscheppernde "Cat claw" freuen, die die Macht des Einfachen schätzen. "You got it / I want it", heißt es da. Banal? Nein. Rock and roll.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Superstition
  • Cat claw
  • Fuck the people

Tracklist

  1. Superstition
  2. Cat claw
  3. Pull a u
  4. Kissy kissy
  5. Fried my little brains
  6. Hand
  7. Hitched
  8. Black rooster
  9. Wait
  10. Fuck the people
  11. Monkey 23
  12. Gypsy death & you
Gesamtspielzeit: 42:27 min

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