Primus - The desaturating seven

ATO / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 29.09.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

... and they suck?

Jeder, der schon länger als schätzungsweise 42 Sekunden mit der Musik von Primus in Kontakt gekommen ist, und sei es nur, um auch mal über das auch nach über 20 Jahren immer noch schreiend komische Video zu "Wynona's big brown beaver" mitreden zu können, wird dem Attribut "bizarr" in Verbindung mit Sound und Auftreten dieses Trios bedenkenlos zustimmen. Insofern ist die erste Reaktion darauf, dass die Kalifornier mit "The desaturating seven" das Kinderbuch "Die Regenbogenkobolde" vertonen, üblicherweise etwas wie "War ja klar" oder "Wer, wenn nicht die?" Zumal das Trio vor drei Jahren mit dem ziemlich schrägen "Primus & the chocolate factory with Fungi Ensemble" die Rückkehr zur Originalbesetzung feierte. Nun ist dieses Buch nicht irgendeines, sondern dasjenige, das Frontmann Les Claypool seinen Kindern gerne vorlas.

Werden Primus nun also zur Soundtrack-Band? Natürlich nicht. Denn nach dem gesprochenen Intro – ja, tatsächlich, Märchenonkel Les erklärt zunächst mal die Handlung – holen die Herren Claypool, LaLonde und Alexander direkt genau die Art Songs raus, für die sie wahlweise so geliebt oder gehasst werden. "The seven" marschiert so stramm los, dass es selbst dem guten alten "Sgt. Baker" vom legendären Album "Sailing the seas of cheese" noch ein Grinsen ins Gesicht zaubern würde. Zumindest einmal darf man sich an genau diese zackige Bandphase mit Freuden erinnern. Dazu setzt Larry LaLonde seine spärlichen Gitarrenspitzen, die weniger dem Fundament dienen, sondern eher Claypools Wahnwitz an den vier Saiten ein paar Widerhaken verpassen und so dem Geslappe und Gehoppel dieses großartigen Bass-Virtuosen wenigstens ein kleines bisschen Paroli bieten.

"The trek" hingegen zeigt, wie sehr Primus bei aller Flippigkeit auch Geschichtenerzähler sein können. Theatralisch, mit dem ihm eigenen Knödelsprechgesang, treibt Claypool die Story voran, und man sieht diese seltsamen Kobolde förmlich ihrer Bestimmung entgegenmarschieren. Köstlich. Und dieses Refrainthema wird im folgenden "The scheme" erneut aufgenommen, dezent moduliert und seinerseits in einen schönen Melodiebogen gespannt. Wie selten wird zudem deutlich, warum LaLondes Gitarrenspiel gerade dank dieser extremen Reduktion perfekt zu diesem Sound passt. Ein Riff, nur ein paar Akkorde – und ein Song bekommt eine komplett andere Dimension. Zur Belohnung darf sich LaLonde bei "The dream" zu orientalischen Improvisationen ins Nirwana gniedeln. Auch wenn jenes Stück an sich eher Soundcollage ist und derbst an den Nerven zerrt.

Es soll der einzige Moment bleiben, an dem das Trio aus der Bay Area hart am Rande des Erträglichen arbeitet. Natürlich ist konzeptbedingt klar, dass nicht jeder Song als eigenständige Einheit funktionieren kann, auch nicht funktionieren soll. Doch "The desaturating seven" ist deswegen nicht gleich ein Soundtrack-Album, vielmehr halten die kleinen Zwischenspiele, Soli und Soundcollagen die verschiedenen Stränge kunstvoll zusammen. Das Ausrastpotenzial vergangener Zeiten bleibt dabei zwangsläufig auf der Strecke. Aber würde man im Stil von "Too many puppies" durch die Bude springen, blieben diese kleinen Feinheiten insbesondere bei "The storm" vermutlich verborgen. Zu Beginn ihrer Karriere begannen Konzerte von Primus mit dem selbstironischen Dialog "We are Primus" - "And you suck!" Auch "The desaturating seven" macht diese Aussage natürlich nicht wahrer. Ganz im Gegenteil. Das erste reguläre Studioalbum seit "Green naugahyde" von 2011 zeigt eine Band, die perfekt wie eh und je aufeinander eingespielt ist. Mit einer Platte, die auf geradezu progressive Weise erarbeitet werden will.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The seven
  • The trek
  • The storm

Tracklist

  1. The valley
  2. The seven
  3. The trek
  4. The scheme
  5. The dream
  6. The storm
  7. The ends?
Gesamtspielzeit: 34:44 min

Im Forum kommentieren

Primus

2017-10-19 19:40:42

*nachles*

Vheissu1

2017-10-19 19:05:57

Ja, hätte durchaus mehr sein können, aber am Stück beim laufen kam es doch sehr gut und hat einen progigen sog entwickelt. Sie könnten am besten gleich noch mal nachlesen.

whitenoise

2017-10-15 22:23:44

Sehr krumm und eigen, was ja auch zu den Haupt-Charakteristika der Band gehört. Klingt dabei aber tatsächlich sehr altmodisch.

noise

2017-10-12 23:07:27

Habe mir die Scheibe jetzt mal am Stück angehört. Gebe zu, dass sie so besser funktioniert. Aber richtig gut finde ich sie immer noch nicht.

Fiep()

2017-10-09 11:39:19

Find auch, so nach 90er haben primus lange nicht geklungen. aber auch sehr prog.
Dafür ist das album eher eine EP. Was vl auch gut ist, konzept und abwechslung hätte nicht mehr hergegeben.

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