The Horrors - V

Caroline / Universal
VÖ: 22.09.2017
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Gerade fünfe

Seien wir ehrlich: "Luminous", das vierte The-Horrors-Album, war schon etwas enttäuschend. Nicht, weil die Songs schlecht gewesen wären, ganz im Gegenteil – auch wenn gegen das übermächtig epische "Skying" wohl einfach der Kürzere gezogen werden musste. Das Unwohlsein passierte jedoch mehr auf einer höhergelegenen Ebene. Zum ersten Mal hörte sich eine Platte der Engländer genauso an wie ihr Vorgänger. "Still life" angesagt? Dabei waren die Hakenschläge zwischen Gothic-Punk auf "Strange house", der schrillen Psychedelia von "Primary colours" und dem himmelwärts blickenden verwaschenen Synthrock danach doch gerade der Reiz. Der fünfte Longplayer, sehr schlicht "V" betitelt, kündigte sich mehr der Tradition entsprechend als abermalige Neuerfindung an. Das industrielle Brummeln der Single "Machine" hatte man so zuvor von dem Quintett noch nicht vernommen.

Und was für ein Lebenszeichen die war! Böse dreinblickend bringt sich der Groove in Stellung, unheilvoll dröhnt und zirpt es im Gehörgang, bis zum Höhepunkt ein großartig lärmiges Solo wie eine Schneise durch den Song fährt. "You will never ever be more than a machine", giftet Frontmann Faris Badwan mit eiskalter und distanzierter Stimme, wie ein ungnädiger Richter, vom hohen Pult herab. Wer mit der Erwartung eines Albums voller solcher unterkühlten Meisterwerke an "V" herangeht, wird möglicherweise zunächst ernüchtert zurückbleiben. The Horrors bleiben der Marschrichtung treu, die sie mit "Primary colours" ins Auge gefasst und mit "Skying" vollends umarmt haben. Dennoch ist der Teaser nicht gänzlich irreführend gewesen. Dinge sind verschoben worden, wie in einen Raum, den man nach längerer Zeit betritt. Alles ist vorhanden, aber irgendetwas ist ungewöhnlich, nicht greifbar.

Denn schon der Opener gibt sich nicht damit zufrieden, nur ein Echo von "Changing the rain" zu sein. Mutiert, wie die faszinierend-ekelhaften Gebilde auf dem Albumcover oder den zur Platte gehörigen Videos, schnappt sich der entschlossene Track kurzerhand den knarzigen Industrial-Beat von Björks "Army of me" als weitere Nahrungsgrundlage. Auch das folgende "Press enter to exit" hat ein seinem langen Outro allerhand unhandliche Überraschungen versteckt, die man dem vergleichsweise entspannten Track vorher nicht zugetraut hätte. Überall lauern kleine Abgründe, sobald vermeintliche Schwiegermutter-Tauglichkeit droht, setzt ein Twist ein, der den Song in eine neue Richtung dreht. Im besten Fall in schaurig-schönen Noise, wie das als Ruhepause beginnende "Ghost".

Mit "World below" gibt es erst kurz vor Ende einen eingängigen Song mit kompakter Laufzeit und geradezu Hit-Charakter. Trotz seines Popsong-Anstrichs piesacken allerlei Nebengeräusche den Track, bis er kurzerhand abrupt vor die Wand fährt. "V" lotet auch rhythmisch Grenzen aus: So tanzbar wie im funkelnden Closer "Something to remember me by" gaben sich The Horrors noch nie. Auf der anderen Seite zeigt "Weighed down", wie gut die Band die Steigerung vom reduzierten Schleicher zum euphorischen, durchdringenden Freiflug immer noch beherrscht. So pendelt "V" zwischen Bewährtem und Neuem. Das ist zugegebenermaßen nicht mehr die Band, die sich mit jedem Release von Grund auf neu erfindet. Stattdessen hat sie ihr Territorium gefunden und beginnt nun ganz dezent, dessen Umrandung in diverse Richtungen auszuweiten. Auch dabei machen The Horrors eine umwerfende Figur.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Machine
  • Ghost
  • Weighed down
  • World below

Tracklist

  1. Hologram
  2. Press enter to exit
  3. Machine
  4. Ghost
  5. Point of no reply
  6. Weighed down
  7. Gathering
  8. World below
  9. It's a good life
  10. Something to remember me by
Gesamtspielzeit: 54:35 min

Im Forum kommentieren

The MACHINA of God

2024-08-29 13:54:41

War auch gestern Nacht. :)
Heute am Tag dann "Skying".

Felix H

2024-08-29 13:34:40

Ja, wunderbar. Bei dem Wetter ist es bei mir aber eher die "Skying" noch.

The MACHINA of God

2024-08-29 10:52:32

Gestern nach langer Zeit mal wieder gehört (wegen DC Fontaines). Echt richtig gutes Album, die erste 3-4 Songs sind absolut göttlich. Was "Machine" allein für ne macht ist.

The MACHINA of God

2019-10-05 19:43:03

In die "Primary" musst ich mich echt erst reinhören, mag ich inzwischen aber auch sehr.

fuzzmyass

2019-10-05 11:23:43

IMO ist Primaey Colours ihr Meisterwerk, aber alles, was danach kam, ist ebenfalls sehr sehr gut. Tolle Band.

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