Foo Fighters - Concrete and gold

RCA / Sony
VÖ: 15.09.2017
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Was Mann hat

"Dave Grohl kann einem ganz schön auf den Sa ...lzstreuer gehen", vernimmt man im Bekanntenkreis eine leichte Übersättigung an Grohlscher Medien-Präsenz. Gerade selbsternannte Trendsetter zögern bekanntlich nicht lange, allgemein Beliebtes mit einem schlichten "Gähn" abzuwatschen, um im gleichen Zuge den Applaus in Richtung gemeinhin belächelter Künstler zu verstärken: Polarisieren ist schließlich alles. Zumindest im Netz. Zugegeben, es kann nerven, wenn jemand den Everybody's-Darling-Status so fest innehat wie der ehemalige Nirvana-Schlagzeuger. Grohl, der musikalische Tausendsassa, nutzt seinen Rockstar-Status zumeist für originelle Aktionen, die im Gedächtnis bleiben. Sich beim Konzert das Bein brechen und die Welt-Tournee 2015 trotzdem zu Ende spielen? Dazu braucht ein Grohl bloß eine "Game of thrones"-Sitzgelegenheit. Bei einem Gig in Japan das komplette Publikum "rickrollen"? Dazu braucht ein Grohl natürlich keinen YouTube-Link, wenn er Rick Astley persönlich auf die Bühne bittet, um mit ihm eine zünftige Version von dessen Welthit zu schmettern. Und wenn man schon mal dabei ist, wieso nicht kurzerhand noch Ober-Beatle Paul McCartney bitten, den neuen Song "Sunday rain" einzutrommeln.

Und weil der Grohl das alles ernsthaft augenzwinkernd meint, kann man trotz des medialen Dauerhypes kaum böse sein. Weil auch der Babo aller Frontsäue weiß und im geschmeidigen "Happy ever after (Zero hour)" mitteilt: "There ain't no superheroes now / Happy ever after / Counting down to zero hour." Ungewöhnlich oder außergewöhnlich gut waren die jüngsten Foo-Fighters-Kompositionen nach dem durchweg feinen "Wasting light" nicht unbedingt, wenngleich Grohl und Kumpanen mit "Sonic highways", einem Paket aus acht Songs über acht Städte sowie einer HBO-Serie mit acht Episoden, neue Wege zu gehen versuchten. So ganz erschlossen hat sich das Projekt den meisten Anhängern aber bis heute nicht, zumal die Stücke rein musikalisch nie so recht funktionierten.

Mit "Concrete and gold" wagt nun ein neues Album den Anlauf, die zum Teil enttäuschten Hörer zu versöhnen. Und das durchaus mit Nachdruck, wie man angesichts der mit Tempowechseln gespickten Auskopplung "Run" unschwer vernehmen kann: Taylor Hawkins tobt sich an den Trommeln mitunter im Stakkato aus, Chris Shiflett übt sich im Turbo-Riffing, während Grohl himself bereits die Strophen in aller Inbrunst niederschreit, den Refrain aber rechtzeitig zu setzen weiß. Geht doch! Angesichts eher moderater bis niedriger Erwartungen lässt sich festhalten, dass "Concrete and gold" eine rundum gute Platte geworden ist, die dem klassischen Foo-Fighters-Fan auf Dauer sicherlich mehr munden wird als "Sonic highways".

Auch wegen klassischen Hymnen wie "The line", das in Sachen Melodieführung und Catchiness sogar ein bisschen erahnen lässt, dass es tatsächlich diese Band war, die im Jahr 1999 das bis heute unverwüstliche "Learn to fly" geschaffen hat. Im Kontrast dazu steht der düstere Titelsong, doch ist dieser nicht minder bemerkenswert, weil er seine Wucht aus der äußerst getragenen Rhythmusfrequenz schöpft, in seiner Dringlichkeit auf Gitarren-Wände und beklemmende Atmosphäre setzt und dazu mit Boyz-II-Men-Sänger Shawn Stockman einen nicht minder überraschenden Co-Vokalisten auffährt. Auch wenn sich mit "Make it right" dann doch ein eher lahmes Bluesrock-Stück verirrt hat, scheint der Fünfer nach dem zahmen Autobahn-Rockpop von "Sonic highways" auf seiner neunten Platte wieder mehr Bock auf Rock'n'Roll zu haben, denn auch "La dee da" drückt das Gaspedal durch, was den eher konventionellen Refrain ganz gut zu überschminken vermag.

Das groovende "Dirty water" führt in diesem Sinne zunächst hinters Licht, startet auf akustischer Basis und gibt Background-Chören Raum – nur um ab Minute drei einem ziemlich coolen Riff-Finale das Zepter zu überlassen. Überhaupt ist der Mittelteil der vom Adele-erprobten Greg Kurstin produzierten Platte gut geraten. Auch weil er mit einem spät, aber umso heftiger zündenden Hit eingeläutet wird, der das Zeug zum Klassiker hat: "The sky is a neighborhood" fällt schnell als übertriebener Classic-Rocker auf, und genauso so rasch wieder ab. Wäre da nicht – nachdem man eigentlich schon entnervt abgewunken hat – dieser Refrain-Nachschlag, der sich wie ein in Not ausgeworfener Schiffsanker in die Gehörgänge rammt und dort gefühlt metertief weiterbohrt. Von Fern hört man längst den Kanon: "Oh my dear / Heaven is a big thing now!" Foo Fighters indes zeigen wieder ansteigende Formkurve. Bleiben trotz ausgefahrenem Fernglas und dem sehnsüchtigen Versuch, intelligenteres Leben als das hiesige auf den Nachbarplaneten zu finden, geerdet. Doch mit dem alltäglichen Dasein hält es sich meistens wie mit Dave Grohl: Da weiß man, was Mann hat.

(Eric Meyer)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Run
  • The sky is a neighborhood
  • The line
  • Concrete and gold

Tracklist

  1. T-shirt
  2. Run
  3. Make it right
  4. The sky is a neighborhood
  5. La dee da
  6. Dirty water
  7. Arrows
  8. Happy ever after (Zero hour)
  9. Sunday rain
  10. The line
  11. Concrete and gold
Gesamtspielzeit: 48:57 min

Im Forum kommentieren

Cade Redman

2020-11-09 02:06:29

Außerdem gefallen noch "Arrows" und "The Line".

Cade Redman

2020-11-09 01:57:54

"Make It Right" finde ich herauspickenswert. Ein tonnenschwerer psychedelischen Hardrocker.

Aber_

2018-01-30 02:05:03

Ich fragte ja eher nach einem Song, der nicht von den Foo Fighters ist.

Mister X

2018-01-29 23:39:14

Sky is a neighborhood nauerlich

Aber_

2018-01-29 19:55:17

Welches Lied hätte es denn sonst werden sollen, nörtz?

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum