Toploader - Seeing stars

India / Big Lake / Rough Trade
VÖ: 18.08.2017
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Worst foot forward

Man möchte nur einmal drumrum kommen. Einen anderen Ansatz finden, etwas Neues schreiben, nicht die alte Geschichte zum x-ten Mal aufwärmen. Aber es geht nicht. Toploader sind halt die Band mit "Dancing in the moonlight", einem King-Harvest-Cover, das im Jahr 2000 quasi unausweichlich war und welches auf Lebenszeit in jedem Text über sie auftauchen wird. Auf allen Kanälen dudelte die Orgel, und das quäkige Stimmorgan von Joseph Washbourn tat sein übriges. Haben wir das erledigt? Gut. Guess what – Toploader gibt es immer noch. Auch wenn vermutlich kaum jemand überhaupt einen zweiten Song der Band nennen kann, ist "Seeing stars" tatsächlich das vierte Album der Briten. Zumindest nach "Dancing in the moonlight" klingt hier nichts. Stattdessen zwischen Synthpop und Pomp aufgehängen, hier Klavier und Streicher, dort fehlplatzierte Vocal-Effekte und Bumse-Beats. Und dann beginnt die erste Single "Roll with the punches" mit den denkwürdigen Zeilen "I remember when I just met you / You left me black and blue / KTFO'd on the floor." So ähnlich geht's dem Hörer auch bei der üblen Stampfmucke, mit welcher der Track zugeschissen wurde. Willkommen in der Nachbarschaft der furchtbarsten Ergüsse von The Killers oder Maroon 5.

Wer glaubt, dass es hiernach auf "Seeing stars" nicht mehr schlechter werden kann, der wird – nunja, wenigstens genau dessen belehrt. Denn der Rest der zehn Stücke entpuppt sich zwar beileibe nicht als Geniestreich, enthält aber immerhin auch keinen weiteren Ausfall in dieser Katastrophenklasse. Stattdessen pflegen Toploader die große Geste, proben die Pose der späten Coldplay und streuen durchaus einige inspirierte Momente ein. Dazu gehört vielleicht nicht der Text des seifigen "Together" – die nicht gerade von der Muse geküsste Zeile "Together we can make it better" wird gefühlt 1000 Mal wiederholt. Aber die überdrehte Klimax und das plötzlich sanft hinaustippelnde Klavier in der sehr gelungenen Coda überzeugen. In der Albummitte traut sich das Quartett, eine paar düstere Pinselstriche zu setzen. Steht der etwas knödeligen Melodie in "A moment of clarity" als Kontrast sehr gut, und wie "Boy machine" sich beinahe unbemerkt von Disney'schem Balladenkitsch in ausladene Dramatik begibt, sorgt für echtes Staunen.

Zu einer guten Platte wird "Seeing stars" dadurch noch lange nicht. Für jeden geglückten Moment wie das schöne Instrumental-Outro des ohnehin angenehm entspannten "Is this a rainbow" fahren Toploader dazwischen unspektakuläre Banalitäten auf. "The shape of things to come" klaut sogar ganz dreist (und schlecht) bei Rag'n'Bone Mans "Human". Zudem muss man ganz deutlich sagen, dass ein fähiger Ghostwriter bei den Texten wirklich gut getan hätte. Selbst wer nur mit halbem Ohr darauf achtet, dürfte irgendwann angenervt von all den Nichtigkeiten und Peinlichkeiten die Stopp-Taste drücken. Und so richtig zu empfehlen ist "Seeing stars" am Ende nur Leuten, die in Bezug auf klaviergetragenen, pathetischen MOR-Pop offenbar keine Sättigungsmenge kennen. Und sich von der ekligen Visitenkarte, die Toploader vorab hinausgeschickt haben, nicht abschrecken ließen. Denn wenigstens ist diese gar nicht repräsentativ fürs Album – "Seeing stars" ist um einiges besser geworden. Georgelt wird übrigens auch an keiner Stelle. Trotzdem würde man die Platte sicher nicht als Überraschung bezeichnen. Genau wie den Einstieg zu dieser Rezension. Sorry.

(Felix Heinecker)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Is this a rainbow
  • A moment of clarity
  • Boy machine

Tracklist

  1. Boom
  2. Roll with the punches
  3. Together
  4. The things we do for love
  5. Is this a rainbow
  6. A moment of clarity
  7. Boy machine
  8. The shape of things to come
  9. Crazy dream
  10. Flood
Gesamtspielzeit: 43:02 min

Im Forum kommentieren

Fragand:

2017-08-09 22:44:22

handelt es sich hier evtl. um Backloader?? Wenn ihr versteht, was ich meine...

Klaus

2017-08-07 13:37:13

Puh...ein schlimmes, schlimmes Album!

Es ist für mich absolut nicht nachvollziehbar, wie man heutzutage so einen Mist veröffentlichen kann.

Ich habe Toploader nach der Reunion 2009 tatsächlich wiederentdeckt und glaube sogar, dass "Only Human" von 2011 ihr bestes Album war.
(dazu: Toploader haben nie ein richtig gutes, qualitativ hochwertiges Album aufgenommen, aber irgendwie mochte ich sie trotzdem immer ganz gerne.)

Jetzt aber zu "Seeing Stars":
Anstatt sich auf die eigenen Stärken zu besinnen, mit einem schönen Retrosound und warmer, radiotauglicher und nie aufgesetzter Produktion, ballert die Band unfassbar dumm umher, dass ich nicht glauben will, dass ich diese Band mal mochte.

"Moderne" 4tothefloor-Rhythmik, die ich einfach nicht mehr ertrage, Melodien, die man nach 3 Sekunden wieder vergessen hat und die Texte...die waren noch nie die Stärke von Toploader.

Es ist mir ein Rätsel wie man 2 Jahre für ein Album brauchen kann, das man auch in 2 Tagen mit dem "Maroon 5-Songbaukasten" locker hätte aufnehmen können. Dass das ganze noch Fan-finanziert ist (Pledg) ist da noch die größte Frechheit.

Unterm Strich bleibt nur zu hoffen, dass kein Mensch dieses Album kauft und irgendwer der Band sagt, dass sich ein Mainstream-Erfolg nicht durch heutige "Produktionsstandards" einstellt.
Manchmal ist es besser nur ein ganz kleines bisschen erfolgreich zu sein und sich treu zu bleiben, statt sich anzupassen und dadurch den letzten Rest an Selbstachtung zu verlieren.

Wie gesagt, ein schlimmes, schlimmes Album!

Armin

2017-08-06 20:49:05- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?


Armin

2017-06-13 17:40:39- Newsbeitrag

"Seeing Stars" (India Media Group/ Big Lake Music/RoughTrade) heißt das neue Album von TOPLOADER - und blickt man ans nächtliche Firmament, um Sterne zu beobachten, ist auch der Mond meistens nicht fern.

Womit wir schon bei "Dancing In The Moonlight" wären, dem ultimativen Top-Hit der britischen Formation aus dem Jahr 2000, der zu jenen Songs gehört, bei denen die Coverversion (Toploader) bekannter und populärer ist als das vermeintliche Original (denn schon die 1972er Version von King Harvest war eine Adaption von Buffalongo). Mittlerweile steuern Toploader auf Spotify mit "Dancing In The Moonlight" auf die 100-Millionen-Streams-Grenze zu!

Selbst in Zeiten von sich ständig steigernden Streams, Likes und Views Muskelspielchen, ein recht außergewöhnliches Ergebnis.

Aber vor allem hat es die aus Leadsänger und Keyboarder Joseph "Joe" Washbourn, Gitarrist Dan Hipgrave und Schlagzeuger Bob Green bestehende Band darauf abgesehen, mit ihren neuen und einmal mehr typisch euphorischen Songs wieder ein Top-Thema bei alten und möglicherweise auch neuen Fans zu werden.

Website:
www.toploaderofficial.com

Facebook:
www.facebook.com/toploaderofficial

Hier das Lyric-Video zur Single "Roll With The Punches":



Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum