Briana Marela - Call it love

Jagjaguwar / Cargo
VÖ: 04.08.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Wenn jemand fragt, wofür Du stehst...

Dem neuen Album der US-Amerikanerin Briana Marela kann man sich wunderbar etappenweise nähern: Bereits vorab wurde klar kommuniziert, dass es sich bei "Call it love" um ein Album voller Liebeslieder handelt, also schön zwischen Herzschmerz und Hochgefühl pendelnd, alle Facetten durchdeklinierend. Der erste Blick fällt jedoch unmittelbar auf das Covermotiv, das Marela verschwommen zeigt, man nimmt ihr markantes Gesicht wie durch ein Milchglas wahr. Steht sie in der Dusche und fordert ihren Geliebten auf, ihr dorthin zu folgen? Oder ist da nicht auch ein wenig Argwohn in ihrem Blick? Dürfen wir an dieser Stelle überhaupt interpretieren oder liegen wir damit schon falsch? Viel bleibt zunächst unklar, konturlos, geheimnisvoll. Mit einigen Fragezeichen über dem Kopf widmet man sich der Tracklist und wittert: Klarheit.

"Be in love", "Give me your love", "Call it love": Drei der zehn hier versammelten Songs tragen die Liebe bereits im Titel, viele der anderen Stücke benötigen das kleine Signalwort nicht mal, um dennoch wenig zweideutig die eigenen Emotionen auszudrücken: "I'm sorry", "Quit", "Feel what I feel". Marela macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube, alles liegt offen vor einem. Auch auf der lyrischen Ebene nimmt ihr Innenleben Konturen an, offenbart sie hier doch, dass das Cover offensichtlich nur eine falsche Fährte war: Die junge Frau aus Seattle folgt einem Erzählfaden, der Höhen und Tiefen kennt und schließlich mit "Rise" in der Selbstermächtigung endet. Wohlwissentlich, dass das nächste, naive "Be in love" manchmal nur einen Mausklick entfernt liegt. So ist das eben mit Amore.

Auf der musikalischen Ebene agiert Marela astrein zwischen quirliger Electronica und kunstvollem Dreampop, der angenehm wenig ätherisch daherkommt: Der Opener beispielsweise kippt einem vor verliebtem Übermut brühheißen Kaffee in den Schoß, das folgende "Give me your love" changiert zwischen ruhiger Lieblichkeit und verhuschter Verspieltheit, die sich ins Unendliche loopt. Am Ende dreht die Nummer komplett am Rad, im positiven Sinne. Immer wieder gibt Marela ihren Kompositionen Freiraum, sich zu entfalten: Dann stampft, brodelt, blubbert und zischt es im Hintergrund repetitiv, dass es eine helle Freude ist. In den besten Momenten erinnert diese Herangehensweise übrigens an Julia Holter, nur mit etwas mehr Bodenhaftung.

Doch an den nötigen Stellen nimmt die Musikerin auch Dampf raus, lässt Intimität zu und steht mit ihrer Stimme alleine im Fokus, wie beispielsweise im gleißenden "He knows". "Quit" hingegen erfreut sich seiner minimalistischen elektronischen Grundierung und dürfte auch Anhängern von Chvrches oder FKA Twigs Freude bereiten. "Feel what I feel" stößt über brummende Beats in eine ganz ähnliche Richtung, das melancholische "Last time" hingegen überzeugt mit weniger Bombast, agiert Marela hier doch vor einer sepiafarbenen Soundkulisse, verträumt und beinahe lethargisch hängt sie ihren Gedanken nach. "Call it love" spiegelt über die gesamte Länge sämtliche Facetten der Liebe, die Songs schimmern in den unterschiedlichsten Farbtönen: irgendwo zwischen rosarot und dunkelgrau. Und dieses Farbenspiel kennt wohl ein jeder.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Be in love
  • Give me your love
  • Last time

Tracklist

  1. Be in love
  2. Give me your love
  3. I'm sorry
  4. He knows
  5. Quit
  6. Feel what I feel
  7. Last time
  8. Call it love
  9. Farthest shore
  10. Rise
Gesamtspielzeit: 41:36 min

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Armin

2017-08-06 20:47:50- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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