Max Prosa - Keiner kämpft für mehr

Columbia / Sony
VÖ: 31.03.2017
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Fantasie los!

Bob Dylan hat ihn bereits, konnte ihn aber nicht persönlich entgegennehmen. Max Prosa wird ihn wohl nie bekommen, kämpft jedoch für ein mindestens ideelles Mehr. Die Rede ist natürlich vom Nobelpreis. Er hat zwar den Look, die Stimme und sicherlich würde er generell beim Bankett eine gute Figur abgeben, aber seine Songs sind noch ein paar Steinroller weg von der Shortlist. Nach zwei Major-Alben, die bereits jede Menge Dylan absorbierten, geht das zarte Klammern am kratzbürstigen Idol weiter. Mit dem Motto des Künstlers "Die Phantasie wird siegen", das er nochmal in einem Solo-Song hervorholt, kann man sich das kuriose Szenario zum Glück unfallfrei vorstellen: Ein junger deutscher Mann auf dem Podium, der unter den Argusaugen der Weltpresse ein schüchternes Dankeschön loswird. Ja, für was denn eigentlich?

Wahrscheinlich würde er dort oben von seiner künstlerischen Befreiung berichten und dass er immer nur für die Musik gelebt hat. Zufrieden mit der Gitarre vor der Brust und ein bis zwei Talern im Hut. Ohne Umschweife rückt er in "Glücklich mit nichts" mit der Sprache raus: Er wollte "immer nur singen." Für die persönliche Zufriedenheit braucht es scheinbar kein kapitalistisches Statusquartett aus Reihenhaus, Auto, Pool und Luxus-Uhr am Handgelenk. Auch die Basis jeder Idee legt er offen: "Alles was ich seh' / Singt ein Lied." Diesen Wink an sich selbst betont der Berliner im fast gleichnamigen Stück in typischer Storytelling-Manier. Mit einer gewissen Leichtigkeit verarbeitet er die Mühen und Anstrengungen bei der Suche nach einem besseren Stück Musik. Was auf der Strecke bleibt, ist wortmalerische Kraft. Eigentlich fehlt genau das, was irgendwo im Wechselspiel von "Diesseits / Jenseits" liegen müsste – etwas Abseitiges, das mal nicht für eine konforme und zugleich komfortable Erzählhaltung steht.

Mittendrin greift der Endzwanziger sogar auf ein erweitertetes Begriffs-Repertoir zurück. Auf einer blassen Variation von "First day of my life" vollzieht "Rob a bank" den Übergang in die Muttersprache des großen Vorbilds. Dazu gibt es echte Whiskey-Romantik mit der destillierten Hassliebe Johnny an der Seite. Die nacheifernde Erdigkeit der Songs wirkt jedoch wie am Reißbrett entworfen. Den Liedern, denen ein wenig mehr Platz zum Atmen eingeräumt wurde, schimmern deutlich hervor. "Glauben an" punktet an dieser Stelle mit überraschendem Mittelteil und großer Geste. Nicht zu vergessen der Titeltrack, der seine fast ungestümen Ziele nie leugnet, sondern mitten ins Zentrum des Gefechts brüllt.

Die wichtigste Rede der Karriere ist noch nicht vorbei. Mehrere Minuten sinniert der strahlende Gewinner über seine Anfänge, über das Damals, als ihn niemand kannte. Ein bißchen Stolz ist wahrscheinlich auch dabei, den "Seiltanz (Studio 54 mix)" auf der Platte haben zu dürfen. Das kann wahrlich nicht jeder von sich behaupten. Ehre, wem Ehre gebührt. Jetzt habe er sich etabliert und sei in der Lage, die Geschichten liefern zu können, die aus dem Leben kommen. Exemplarisch fände sich jenes Bestreben in "Der Boxer" wieder. Bevor er dann die mehreren Perspektiven ausführlich vorstellt und den wuchtigen Streichereinsatz lobt, signalisiert ein Mitarbeiter am Bühnenrand wild gestikulierend das Ende der Redezeit. Die Vorstellung plötzlich abgewürgt. Genug Fantasie für die Woche.

(Michael Rubach)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Glauben an
  • Keiner kämpft für mehr

Tracklist

  1. Glücklich mit nichts
  2. Die Phantasie wird siegen
  3. Glauben an
  4. Alles was ich seh'
  5. Diesseits / Jenseits
  6. Seiltanz (Studio 54 mix)
  7. Rob a bank
  8. Auf der Suche nach mehr
  9. Keiner kämpft für mehr
  10. Der Boxer
  11. Lieber Freund
Gesamtspielzeit: 39:50 min

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Armin

2017-03-29 21:39:14- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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