Sleaford Mods - English tapas

Rough Trade / Beggars / Indigo
VÖ: 03.03.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Klasse Kampf

Denkt man an Sleaford Mods, denkt man ihre Provenienz gleich mit. Darum kommt kaum ein Text über das Duo ohne Bezüge zum rauen englischen Wetter, zu stillgelegten Industriegebieten in rostverkrusteten Kleinstädten oder zum verbitterten Klassenkampf aus. Warum auch? Die Musik von Jason Williamson und Andrew Fearn atmet diesen Flair, ernährt sich förmlich von sozialen Ungerechtigkeiten und zieht daraus gleichermaßen Wut wie Inspiration. Während man den Sound dazu als minimalistisch reduzierten Post-Punk mit Vorliebe für elektronische Pluckereien bezeichnen kann, schimpft Williamson seine schiefen Reime durch britische Nächte, wobei sein Idiom nicht selten an andere Koryphäen wie Mark E. Smith oder Mike Skinner erinnert. Als bekannt darf vorausgesetzt werden, dass auch jene in wortreichen Songs der englischen Gesellschaft den Finger in sämtliche Wunden gelegt haben. Auch Sleaford Mods erfüllen diese Aufgabe mit "English tapas" ein weiteres Mal auf vortreffliche Art und Weise.

Dabei legen sie ein ganz schönes Tempo vor: Der sportlich-gelenkige Opener "Army nights" pumpt sich über seinen skeletthaften, repetitiven Beat zu bedrohlicher Eindringlichkeit auf, während das folgende "Just like we do" wohl nicht nur zufällig an Devos Signature-Hit "Mongoloid" erinnert. Den Text dazu haben Sleaford Mods ausschließlich mit ihren Mittelfingern getippt: "Punk's not dead / Well, it is now or does no one care about you? / Given half the chance you walk around like a twat / Just like we do." Und auch über diese Zeilen hinaus eignen sich die Lyrics jener Nummer prima, um das eigene Fluchvokabular mal wieder auf Vordermann zu bringen. Zu den Highlights auf "English tapas" zählt auch das angenehm zähflüssige Mantra "Time sands", dessen Beat jedes Stück Fleisch weichgeklöppelt bekommt. In einer absurden, aber coolen Welt würde ein solcher Track im Club laufen. Call it wishful thinking.

Das größte Pfund, mit dem die beiden Nottinghamians wuchern können, ist die extreme Catchiness, die ihre eigentlich doch so spröden Kompositionen auszeichnet. Sie verbinden zickige, aber smarte Working-Class-Lyrik mit zappeliger Melodieseligkeit, der man sich nicht so leicht entziehen kann. Die Zehen zappeln, während das Hirn die hingespuckten Text-Puzzleteile sortiert und anordnet. Am besten gelingt ihnen dies wohl in der Vorabsingle "B.H.S.", die dringlichst nach vorne prescht, während Williamson einem weiter schlechtgelaunte Metaphern vor die Füße schnaubt: "It's at night when they come / When I'm alone and not with anyone / Through the shouts and music / Of the crowd down the road boozing / Near the free car park / The bins and the alleyway / Of the Chinese restaurant / Number 3 for 2 and number 4 for 1 / We're going down like B.H.S." Die Abkürzung steht hier übrigens nicht für Bordhubschrauber, Blut-Hirn-Schranke oder den Bund herrschaftsloser Sozialisten. Aber das kann man sich ja ohnehin selbst erschließen. Denkt man an Sleaford Mods, denkt man den Duft und Gestank der Straße schließlich gleich mit.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Just like we do
  • Time sands
  • B.H.S.

Tracklist

  1. Army nights
  2. Just like we do
  3. Moptop
  4. Messy anywhere
  5. Time sands
  6. Snout
  7. Drayton manored
  8. Carlton touts
  9. Cuddly
  10. Dull
  11. B.H.S.
  12. I feel so wrong
Gesamtspielzeit: 37:32 min

Im Forum kommentieren

Matjes_taet

2018-07-01 16:30:13

Danke.

Gordon Fraser

2018-07-01 16:16:19

Jobseeker

Matjes_taet

2018-07-01 15:48:33

Kann mal jemand helfen. Wie heisst der Song?

https://www.youtube.com/watch?v=ZfRHeySD0Rg

Stephan

2018-02-13 19:47:26- Newsbeitrag


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Sleaford Mods, das ist Minimalismus in Perfektion. Letztes Jahr veröffentlichte das britische Elektro-Punk Duo aus Nottingham, bestehend aus Sänger/Rapper Jason Williamson und Multiinstrumentalist Andrew Robert Lindsay Fearn, ihr aktuelles Album „English Tapas“ via Rough Trade Records. Mit dem neuen Album zeigen sie den prekären Verhältnissen in UK den Mittelfinger. Dass das Duo kein Fan von Brexit, dem Cameron-Kabinett oder auch Theresa May ist, ist definitiv kein Geheimnis. Oft wird das Duo von Kritikern als Stimme der abgehängten britischen Arbeiterklasse bezeichnet und das vor allem durch die politisch geprägten Lyrics von Jason Williams und seiner rauen Stimme des einfachen Mannes aus der „Working Class“ im globalen, kommerzialisierten und aufpolierten Pop-Business. Wohl kaum einer anderen Band gelingt es so gut, Post-Punk und Rap, harte Beats und wütende Texte mit soziopolitischem Engagement so gut auf einem Album zu vereinen wie den Sleaford Mods. Im Mai holen wir Sleaford Mods dann live nach Deutschland. Wir freuen uns jetzt schon auf langanhaltende musikalische Pöbeleien gegen die Upper Class.

Merkt euch das

2017-07-31 19:35:14

Auch die Unfreiheit und der Totalitarismus in Somalia, in Saudi-Arabien oder dem Iran oder anderen islamischen Staaten hat nur mit dem Wüstensand, aber nichts mit dem Islam zu tun.

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