The Shins - Heartworms

Aural Apothecary / Columbia / Sony
VÖ: 10.03.2017
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Elegy to a monument

"Ich liebe diese Auteure, die sich als Band präsentieren", gab James Mercer – tun wir ihm doch an dieser Stelle den Gefallen – alias The Shins zu Protokoll. Ja, seit Mercer die Besatzung nach "Wincing the night away" unschön aufgrund einer "ästhetischen Entscheidung" vor die Tür setzte, darf man das ruhig so schreiben. Denn er ist The Shins, ganz gleich, wer noch mitspielt. Vergleiche mit Jeff Mangum und Neutral Milk Hotel zieht Mercer in dieser Hinsicht, doch leider liegt eine andere Parallele unmittelbar näher. Studio-Diktator, dessen Alben und Songs früher Leben veränderten? Der gerne Bandmitglieder aus ziemlich blöden Gründen rauswirft? Und mit "Port of morrow" sowie dem letzten Broken-Bells-Album "After the disco" bestenfalls Standardkost liefern konnte? Ganz klar: James Mercer ist der Billy Corgan des Indie-Pop. Und "Heartworms" in bestimmter Hinsicht sein "Zeitgeist".

Denn kein Mensch mit geschmackssicherem Gehör oder kritikwilligen Mitstreitern hätte eine Produktion wie die des fünften The-Shins-Albums durchgehen lassen. Es bedurfte schon eines direkten Vergleiches mit den bereits veröffentlichen Versionen der Singles, um festzustellen: Nein, der schwache Sound ist nicht der Qualität des Streams zu verdanken, sondern offenbar so gewollt. Und wenn das Cover als Indiz hinzugezogen wird, durchaus mit Hintergedanken: Merkwürdig quietschend, verzerrt, eben comicartig klingt der Mix, wie auf einer abgenutzten Kassette abgespielt. Ein Gewöhnungseffekt tritt ein, auf lange Sicht mag "Heartworms" möglicherweise sogar innerhalb der Diskografie von diesem Alleinstellungsmerkmal profitieren. Doch unterm Strich irritiert das Stilmittel mehr, als dass es den Songs zugute kommt.

Was perfekt an ein weiteres Problem auf dieser Platte anschließt. Auch hier war offenbar niemand zugegen, der sagte: "James, lass mal gut sein, mach etwas weniger Tamtam, das funktioniert besser." An jeder Ecke finden sich künstliche Gesangskapriolen, merkwürdig angestrengt und instabil klingen die Vocals, Nervosität strahlen sie aus. Direkt schon bei Opener und Single "Name for you" wird dies deutlich, doch der Track gehört immerhin dank der weiterhin fulminanten Gabe der Ohrwurm-Komposition zu den Gewinnern auf "Heartworms". Danach ist eine leichte Durststrecke angesagt: Songs von The Shins, die nach mehreren Durchläufen immer noch nicht im Ohr und Gedächtnis angekommen waren, gehörten selten zu den besten. In "Cherry hearts" blöken Elektro-Effekte durch die Gegend, "Mildenhall" fährt flotte Country-Elemente auf. Alles in Ordnung, aber vom Hocker fällt bei diesen Stücken niemand. "Rubber ballz" ist aufgrund von Mercers Gekiekse dann tatsächlich gar nervig und penetrant.

Es ist die zweite Hälfte, die "Heartworms" sogar noch in den gehobenen Bereich bringt. Und das nicht nur dank des Willy-Wonka-Rhythmus von "Dead alive", der perfekt zum lustigen Zombie-Video passt. Sondern weil "Half a million", der Titeltrack und "So now what" endlich auffahren, was zuvor vermisst wurde: Hooks, Melodien, Harmonien! Das, was The Shins auf den ersten drei Alben, insbesondere dem Überwerk "Chutes too narrow", groß gemacht hatte, was Mercer eigentlich am besten konnte – und hier eben nur noch streckenweise zeigt. Speziell "So now what" darf sich das Sternchen ins Heft als Klassenbester malen lassen, dank seiner herrlich verträumten Psychedelik. "Heartworms" lässt trotz aller Schwachpunkte am Ende das Positive überwiegen. Doch den zunehmenden Eindruck, dass Mercer keine Geniestreiche mehr vollbringen wird, wendet die Platte nicht ab. Vielleicht wäre mehr Bandgefüge wieder wünschenswert. In ihrer Autokratie haben sich nunmal schon ganz andere Größen verrannt.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Name for you
  • Half a million
  • Heartworms
  • So now what

Tracklist

  1. Name for you
  2. Painting a hole
  3. Cherry hearts
  4. Fantasy island
  5. Mildenhall
  6. Rubber ballz
  7. Half a million
  8. Dead alive
  9. Heartworms
  10. So now what
  11. The fear
Gesamtspielzeit: 41:17 min

Im Forum kommentieren

Yersinia

2022-08-03 23:35:05

Mag sein, aber... Ich will mal wieder ein 'Wincing...'...

Unangemeldeter

2022-08-02 22:33:32

Nachdem ich das Album gerade wieder regelmäßig höre muss ich mal eine unpopular opinion loswerden: beste Shins-Platte nach der Wincing the night away. Anders als Felix gefällt mir die Produktion und die Songs sind eh über jeden Zweifel erhaben.

Felix H

2020-09-16 17:48:20

Gerade mal wieder reingemacht. Der Mix von "Name For You" ist einfach so furchtbar, wie eine billig-quietschige Kassette. Verstehe das nicht. Schade um den eigentlich schönen Song.

The MACHINA of God

2020-09-16 15:12:02

"Name for you", "Fantasy island" und "So now what" sind echt schöne Songs. Der Rest kriegt mich nicht so recht.

The MACHINA of God

2018-09-10 23:15:49

Miep?

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