Code Orange - Forever

Roadrunner / Warner
VÖ: 13.01.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Nichts für Kinder

Code Orange schleifen auf "Forever" einen Hardcore-Bastard durch eine High-End-Produktion und verwischen dabei Blut hustend Genre-Grenzen. True-School-Puristen werden kotzen, aufgeschlossene Freunde der musikalischen Mittelohrentzündung frohlocken. Schon seit dem 2014er Album "I am king" ohne den Namenszusatz "Kids" unterwegs, machen Code Orange dieses Jahr mit ihrem bölkenden Hybriden aus Hardcore, Doom, Metal und Industrial deutlich: Das hier ist wahrlich nichts mehr für Kinder.

Gleich von Beginn an sieht es düster aus. Eine elektronisch verzerrte Stimme eröffnet diesen Witch-Core-Reigen, bei dem schon die Videos mit grobkörnigen Gewaltfantasien den visuellen Teufelsthron erklimmen. Code Orange haben einen diabolischen Spaß am bitteren Ernst: Double-Bass-Attacken schreddern mitleidlos, Gitarren rammen sich von Feedback flankiert mahlstromgleich in die Magenkuhle und dazwischen ein Chor aus Tieffrequenz-Soundscapes direkt aus Beelzebubhausen. Orchestriert von Eric Balderose, Reba Meyers und Jami Morgan, die abwechselnd heulen, growlen oder sich den Bronchialtee aus den wimmernden Lungen schreien. Die Songs variieren zwischen Hochgeschwindigkeit und Slowcore – immer wieder garniert mit irren Tempowechseln und hinterlistigen Breaks.

Wollte noch jemand den Ausverkauf aufgrund der Vertragsunterschrift bei Roadrunner anprangern? Nein? Wie auch, wenn Szene-Polizisten die Gehörgänge mit verheerender Streumunition der Marke "Kill the creator" zerfleischt bekommen. Dabei gäbe es doch genug zu meckern: über die komplette Abkehr vom klassischen Hardcore, den Einsatz unverzerrter Gitarren oder das Solo in "Bleeding in the blur". Im Letztgenannten überrascht Shouterin Reba Meyers sogar mit einer glasklar vorgetragenen Gesangsmelodie. Und markiert damit die Stärke dieses Albums: Zwar können sich die Gitarrenriffs keinen Innovations-Orden an die Brust heften. Dafür sorgt die Vorliebe des Pittsburgher Quartetts für Doom, Industrial, Rock und sogar Post-Pop auf Albumlänge für wohltuende Abwechslung.

Ob nun die schleppenden Grooves von "Real" unterstützt von fiependen Synthesizern die These "Wer brüllt, ist immer im Recht" vertreten oder ob "Ugly" mit cleanen Vocals und Delay-Effekten einen straighten Killing-Joke-Rocker aus der bandagierten Hüfte schüttelt – Code Orange präsentieren ihren audiophilen Tanz der Teufel äußerst vielschichtig. Hier reiht sich ebenfalls "Dream2" als gewisperter melancholischer Schlusspunkt ein. Immer darauf bedacht, auf eine dauerhafte Verstärker-Verwüstung zu verzichten und dadurch ein monotones Grundrauschen zu vermeiden. Genug Potenzial zum Anschwellenlassen der Nackenmuskulatur besteht trotzdem. "The mud", "The new reality" oder "Spy" sind nur einige der wirklich intensiv vertonten Hieronymus-Bosch-Fantasien. Mit genug Selbstbewusstsein ausgestattet, formulieren Code Orange hier ihre ganz eigene Version harter Musik.

(Oliver Windhorst)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Forever
  • Bleeding in the blur
  • Ugly

Tracklist

  1. Forever
  2. Kill the creator
  3. Real
  4. Bleeding in the blur
  5. The mud
  6. The new reality
  7. Spy
  8. Ugly
  9. No one is untouchable
  10. Hurt goes on
  11. Dream2
Gesamtspielzeit: 34:54 min

Im Forum kommentieren

Dumbsick

2018-01-30 14:46:37

Der Vorgänger I am King ist auch sehr zu empfehlen, wenn forever gefällt.

Alles davor war (gut gemachter) chaotischer hardcore

tjsifi

2018-01-30 11:56:25

Fordernd trifft es perfekt. Da muss die Stimmung schon passen um das "ertragen" zu können. Trotzdem sehr interessant und spannend, werde mal genauer reinhören.

whitenoise

2017-01-20 11:20:18

Klingt nach den ersten Hördurchgängen sehr interessant aber auch sehr fordernd. Mal sehen, was daraus noch wird.

Armin

2017-01-18 22:00:24

Frisch rezensiert.

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