Bonobo - Migration

Ninja Tune / Rough Trade
VÖ: 13.01.2017
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

In der Musik zu Hause

Es muss doch nicht immer alles Politik sein. Natürlich wäre es naheliegend, dass Bonobos neustes Werk "Migration" die Missstände in und um das Mittelmeer zum Thema nimmt. Stattdessen, zum Bedauern aller Danke-Merkel-Jünger, hat das übergreifende Thema für Simon Green – den Mann hinter Bonobo – eher eine persönliche Motivation. Wo lebt man eigentlich, wenn man gerade von einer schier endlosen eineinhalbjährigen Tour wiederkommt, so schön in "The north borders tour – live" dokumentiert? Der derzeit in Los Angeles ansässige Engländer setzt sich auf "Migration" also weniger mit dem politischen Zeitgeschehen als mit dem Konzept der Heimat auseinander – und liefert dafür mit seinem Chillwave-Elektro gewohnt den perfekt zugeschnittenen Soundtrack.

Kalifornien also. Ein Haus in den Bergen, ab vom Schuss, dafür nah an beeindruckenden Plätzen der Natur, von denen Bonobo einen Schnappschnuss als Albumcover präsentiert. Das gemalte Bild von Greens vorübergehender Bleibe könnte "Migration" nicht viel treffender beschreiben. Über eine Stunde lässt der 40-jährige eine Wärme erklingen, die die Synapsen auf einen auditiven Naturtrip mitnimmt. Eine Synthie-Schicht schiebt sich über die andere, ergänzt den Gesamtsound und hebt ihn in höhere Höhen. Bonobo garniert wie gehabt einige Tracks mit Gesang, wie das vom Text traurige, aber besinnlich wirkende "Break apart". So sanft wie Mike Milosh von Rhye jenen Song besingt, schwebt "Migration" Stück für Stück voran. Wären dort nicht die kleinen Pausen zwischen den Tracks, man könnte glatt meinen, dass alles verschwimmt: Klangfarben, Melodien, Instrumente.

Ob das sich schön aufbauende Synthie-Gewebe "Outlier" oder der spät versteckte, heimliche Hit "7th sevens", der vergleichsweise minimalistisch daherkommt: Highlights finden sich an allen Ecken des Albums. Den Übersong – für den Bonobo aber sowieso nie bekannt war – sucht man auf "Migration" vergeblich. Er würde aber letztlich auch gar nicht auf ein solches Album passen. So fällt kein Track aus dem Muster, auch nicht das symphonische, wunderschöne "Second sun", das mit vielen Streichern, aber ganz ohne Percussion auskommt: ein Novum für Bonobo. Sogar für den Dancefloor kann sich Green noch begeistern. Zusammen mit Nick Murphy alias Chet Faker wird das siebenminütige "No reason" zum Song, der mit seinem clubtauglichen Beat und der wunderbaren Melodieführung bald in den alternativen Katakomben der Großstädte laufen dürfte.

"I genuinely believe this will be the best one yet." meinte Green ein paar Monate vor Abschluss der Aufnahmen zu "Bambro koyo ganda", für das der Engländer von der marokkanischen Band Innov Gnawa arabische Tanzmusik einspielen ließ. Und das fertige Produkt stimmt zu: Ja, das ist es wahrscheinlich. "Migration" erzeugt mit einzigartigen Klangschichten ein durch und durch wohliges Gefühl. Obwohl das Projekt Bonobo mit einer komplett ausverkauften Deutschland-Tour in nicht gerade kleinen Hallen schon am Maximum angekommen zu sein scheint, geht es für Green hiermit noch weiter nach oben. Und was sagt der Engländer dazu? Seine höchste Errungenschaft? Der Anfang des Titeltracks, der sich mit Hilfe eines selbst konzipierten Algorithmus quasi selbst geschrieben hat. In seinem Element als Soundtüftler, nun wieder auf der ganzen Welt unterwegs, ohne Heimat, MacBook für neue Ideen im Gepäck: Wenn jemand in der Musik leben könnte, dann auf jeden Fall Simon Green.

(Till Bärwaldt)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Break apart (feat. Rhye)
  • Outlier
  • Second sun
  • No reason (feat. Nick Murphy)
  • 7th sevens

Tracklist

  1. Migration
  2. Break apart (feat. Rhye)
  3. Outlier
  4. Grains
  5. Second sun
  6. Surface (feat. Nicole Miglis)
  7. Bambro koyo ganda (feat. Innov Gnawa)
  8. Kerala
  9. Ontario
  10. No reason (feat. Nick Murphy)
  11. 7th sevens
  12. Figures
Gesamtspielzeit: 62:09 min

Im Forum kommentieren

Armin

2017-04-27 18:26:41- Newsbeitrag

Till

2017-01-19 06:13:20

Werdet ihr auch alle auf YouTube mit Werbung für das Album überhäuft? Oder liegt das daran, dass ich die Platte die ganze Zeit gehört habe? Krasse Kampagne auf jeden Fall.

MartinS

2017-01-18 22:50:50

Macht auf den ersten Eindruck jedenfalls enorm neugierig.

Armin

2017-01-18 21:59:44

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2017-01-18 18:36:18

Video Premiere: Bonobo „No Reason (feat. Nick Murphy)“ https://youtu.be/ebzEEEdjHj0
Directed by Oscar Hudson (Pulse Films)

Letzen Freitag erschien Bonobo’s sechstes Studioalbum, welches eines seiner bisher persönlichsten Werke ist. ‘Migration’ ist eine raffiniert-ausgeklügelte Platte, welche die Beziehung zwischen der Vergänglichkeit und Identität erkundet und jetzt schon riesigen Zuspruch von Fans und Kritikern erhält. Das Album kletterte in den offiziellen Midweek Charts in England, Deutschland und 8 weiteren Ländern in die Top 10, ist in insgesamt über 20 Ländern in den iTunes Top 5 Charts vertreten und führt seit Release am 13.01.2017 die iTunes Electronica Genre-Charts in mehr als 10 Ländern an. Ausserdem haben die ersten Singles inzwischen bereits schon über 10 Millionen Streams bei Spotify erreicht.

Heute veröffentlicht Bonobo das offizielle Video für die neue Single ‘No Reason’, welches ein Vocal-feature von seinem Freund und jetzt Kollaborateur Nick Murphy (auch bekannt als Chet Faker) enthält. Oscar Hudson (Pulse Films), der bereits den begehrten UK Music Video Award für ‘Best New Director’ gewann, ist der Kopf hinter dem bizarren Trip im Video. Das Video, in dem der Hauptdarsteller in einem japanischen Haus immer weiter wächst, während sich die Einrichtungsgegenstände ständig schrumpfen & ausdehnen, erinnert an solch ikonische Filme wie ‘Alice im Wunderland’ oder auch ‘Birdman’. Es passt ausgezeichnet zu dem übergreifenden Thema und Artwork des Albums, welches sich mit der vergänglichen Beziehung zwischen Ort und Zeit beschäftigt und auch so von dem Art Direktor Neil Krug für das ‘Break Apart’ Video, gedreht in der Mojave Wüste, und Bison’s Video für ‘Kerala’ in welchem Gemma Arterton spielt, aufgegriffen wird.

Das Video wurde in Echtzeit aufgenommen und nicht nachbearbeitet, was das Endresultat zu einem ganz besonders flüssigen und hypnotisierenden audiovisuellen Erlebnis macht.

“‘No Reason’ is such an evocative track and it was clear from the start that our video would need to reflect this potency. Simon/Bonobo mentioned the inspiration behind the new album came from his relationship to landscape and place whilst on tour. Whilst researching these themes I learnt about the Japanese phenomenon of the Hikikomori- young Japanese people who become so overwhelmed by the pressures of life that they retreat to their bedrooms for years at a time. This felt like a such a fascinating intersection of physical & psychological spaces, and so from this I set out to make a film that through an inventive physical concept tried to link environment directly to psychology. We achieved the film using only in-camera physical effects and we designed an entirely new way of moving our miniature camera to get it to fit through the tiny doorways. Doing this film with CGI would have been a thousand times easier, but for me, it’s physicality & imperfections are what make it different, and I hope better.” Oscar Hudson (‘No Reason’ Video-Regisseur)

“A music-making masterclass.” Mixmag (Front Cover Feature)
“Migration is the most sophisticated effort of his career.”- Pitchfork

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum