Lisa Who - Sehnsucht

Arising Empire / Warner
VÖ: 20.01.2017
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Eine einzige Ballade

Unvoreingenommenheit. Das wäre doch mal ein guter Vorsatz fürs neue Jahr. Die Dinge und Menschen endlich so beurteilen, wie sie daherkommen, ohne sich von Vorwissen beeinflussen zu lassen. Es könnte so schön sein – aber alles andere als leicht. Umgekehrt ist es doch eigentlich auch gar nicht so schlecht, vorbelastet zu sein. Die Überraschung kann umso größer sein, wenn man etwas Derartiges mal überhaupt nicht erwartet hat: Der neue Matthias-Schweighöfer-Film ist also spannend bis zum letzten Moment? Weit gefehlt. Dafür überzeugt eine deutsche Musikerin, die bis dato eher wortwörtlich der zweiten Reihe angehörte. Seit einigen Jahren bedient Lisa Who auf der Bühne die Tasten für Madsen. Polemisch ausgedrückt nun wirklich nicht der anspruchsvollste Job der Welt. Nachdem es stimmlich immerhin schon zu einem Duett mit Freund Sebastian Madsen gereicht hat, tätigt Lisa Who nun den berüchtigen Schritt nach vorn: Debütalbum, produziert von keinem Geringeren als eben jenem Herrn Madsen. Für ein gemütliches Gute-Laune-Popalbum sind alle Weichen gestellt.

Doch "Sehnsucht" ist vollkommen anders. Pop ja, "gemütlich" und "gute Laune" nada. Schon bei der Wahl des Labels bricht Lisa Who mit den Erwartungen. Die Haudruff-Metal-Bande Arising Empire übernimmt die zärtliche Berlinerin und fährt damit in neue Gewässer – und zwar unfassbar schöne. Lisa Whos Stimme erklingt nach einer knappen Minute des Openers "Alles ist gut" und zieht direkt besinnlich in den Bann. Auch das spät einsetzende Schlagzeug hebt die schleppende Stimmung nicht. Die Schönheit der Natur wird besungen, doch Alles-ist-gut-Mentalität wird nun wirklich nicht versprüht. Vielmehr versinkt "Sehnsucht" in einem vernebelten Sumpf voller Melancholie. Stimmlich lässt Lisa Who oft Erinnerung an Balladen aus Wir-Sind-Helden-Tagen aufkommen. Man hat kaum Zeit, sich zu fragen, ob das die schönsten ruhigen deutschen Pop-Momente seit den dunklen Herzschmerz-Songs aus Judith Holofernes' feiner Feder sind. Im nächsten Moment setzt nämlich ein Zusammenspiel von Instrumenten ein, das den alten Herren Gilmour und Waters allerhöchste Ehre erweist. "Wenn sie tanzt" ist zwar nicht "Comfortably numb", könnte sich aber stilistisch ohne Probleme auf "The dark side of the moon" einreihen. Der Vergleich hinkt? Nicht wirklich: Immerhin ist besagtes Album die Lieblingsplatte von Lisa Who.

Lange Instrumental-Intros, Gesangs-Soli wie zum Ende von "Alles ist gut", keine gewöhnlichen Songstrukturen: "Sehnsucht" traut sich definitiv einiges zu. Aushängebeispiel ist das Neun-Minuten-Stück "Das Rauschen in mir", das nach langem "Us and them"-Referenz-Intro in einen experimentellem Mittelteil mündet, der nur vom epischen Outro getoppt wird, in dem sich Lisa Who die Seele aus dem Leib singt. In "Ich dreh mich nicht im Kreis" jongliert die Berlinerin gekonnt mit Tonartwechseln, wohingegen "Keine Rettung" mit seinem bezauberndem Falsetto-Refrain fast schon eingängig ist. Mit dem unendlich wirkenden Titeltrack ist "Sehnsucht" nach knapp über 30 Minuten und nur sechs Überlänge-Songs auch schon vorbei. Eine einzige Ballade, die dem Hörer stimmungsmäßig einiges abverlangt. Als Zugabe gibt es zwei Stripped-down-Versionen, bei denen vor allem "Keine Rettung" im zweistimmigen Duett mit Sebastian Madsen nochmal überzeugen kann. Hier kommen die überraschend starken Songwriting-Fertigkeiten stärker zum Vorschein. Bei all der zauberhaften, triefenden Stimmung, die "Sehnsucht" mit hallenden Gilmour-Gitarren erzeugt, ist das halbe Dutzend Songs auch in sich durch und durch verblüffend stark. Der Tastenjob bei Madsen könnte für Lisa Who schon bald vorbei sein. Dafür ist sie als eigenständige Musikerin einfach viel zu überzeugend.

(Till Bärwaldt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Alles ist gut
  • Das Rauschen in mir
  • Keine Rettung

Tracklist

  1. Alles ist gut
  2. Wenn sie tanzt
  3. Ich dreh mich nicht im Kreis
  4. Das Rauschen in mir
  5. Keine Rettung
  6. Sehnsucht
  7. Ich dreh mich nicht im Kreis (Night Version)
  8. Keine Rettung (Night Version) feat. Sebastian Madsen
Gesamtspielzeit: 40:21 min

Im Forum kommentieren

Armin

2017-05-31 17:55:11- Newsbeitrag

Lisa Who | 13.09. - 02.10.2017

Lisa Who war vor ein paar Tagen erst unterwegs und hat mit ihrer Musik die Fans sowohl im Vorprogramm von Hazel English als auch auf den Headliner-Konzerten mit ihren grandiosen Songs ihrer Debütplatte „Sehnsucht“ verführt und berührt. soundsandbooks.com beschrieb den Auftritt der Berlinerin so: „Lisa Who singt mit einer klaren, feinen Stimme, die Musik deckt die Spektren zwischen klassischen Singer-Songwriter-Arrangements und progressiven Rock ab.“

13.09.2017 Nürnberg - Club Stereo
14.09.2017 Erfurt - Museumskeller
15.09.2017 Leipzig - Neues Schauspiel
16.09.2017 Dresden - Konk Klub
17.09.2017 Berlin - Auster Club
20.-23.09.2017 Hamburg - Reeperbahn Festival
23.09.2017 Karlsruhe - Laut & Leise Festival @ Substage
24.09.2017 Stuttgart - Keller Klub
25.09.2017 München - Milla
01.10.2017 Düsseldorf - zakk
02.10.2017 Wiesbaden - Kreativfabrik

Armin

2017-03-02 19:19:09- Newsbeitrag

LISA WHO stellt Debütalbum live vor
Man muss sich einlassen auf LISA WHO. Auf ihren psychedelischen Popsound. Und auch auf „Sehnsucht“, ein Album, das trotz aller Referenzen aus der Vergangenheit nur heute entstehen konnte, nur in dieser Zeit so gehört werden kann. Ihre sphärischen Klänge transformieren sich während des Hörens. Ihre Musik ist gewachsen aus Chet Baker, Billie Holiday, Pink Floyd und Air. Und hat auch manchmal etwas von der verträumten Melancholie einer Lana del Rey. Man merkt schnell: Das ist etwas ganz eigenes, das ist etwas, das es so bisher nicht gab. LISA WHO singt nebenbei in einem Jazzduo und spielt in der Band Madsen. Sie schreibt Songs für andere Musiker, aber das hier, das gehört allein ihr. Mit ihrem neuen Album hat die Berlinerin nur eins gemacht, nämlich Musik. Die, die ihrem Herzen am nächsten lag. Musik ist für LISA WHO das Pendel, das immer wieder ausschlägt, das in ihr schwingt und sie treibt, das sie zum Mittelpunkt zurück bringt, wenn die Welt zu schnell und zu laut ist. Und den ersten Atemzug machte ihr Album „Sehnsucht“ in einer dieser Nächte, an die man sich später mit einem Kopfschütteln und einem Lachen erinnert. In einer dieser Nächte, in denen die Uhrzeiten verschwimmen, weil das, was man gerade tut, am wichtigsten ist. Mit ihrem Produzenten Sebastian Madsen und seiner Band entstand in dieser Nacht der Titelsong, der Ursprung des Albums. Und jetzt ist LISA WHO so weit, ihre Stücke hinaus in die Welt zu tragen. Drei Konzerte für den März waren bereits angesagt, jetzt hat die Berlinerin drei weitere Auftritte bestätigt.

Präsentiert wird die Tour von Vevo und DIFFUS Magazin.

02.03.2017 München - Unter Deck
03.03.2017 Köln - Lichtung
04.03.2017 Hamburg - Nochtwache
19.05.2017 Braunschweig - Eulenglück
20.05.2017 Kaiserslautern - Kammgarn
21.05.2017 Frankfurt - Nachtleben

Tickets für die Konzerte im März gibt es auf eventim.de, für die Mai-Shows gibt es die Tickets an allen bekannten CTS–VVK-Stellen sowie unter der Hotline 01806 – 853653 (0,20 €/Anruf aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,60 €/Anruf), auf fkpscorpio.com und eventim.de.

Mehr Infos und Musik unter lisawho.de/, facebook.com/whoislisawho, instagram.com/whoislisawho/ und youtube.com/lisawho.

Elektrolyte

2017-01-28 00:36:10

Okay, dann ist es klarer. Der Satz liest sich so, als ob "Comfortably Numb" auf "Dark Side..." wäre.

Till

2017-01-27 23:13:45

Das ist in der Tat unglücklich ausgedrückt. "Comfortably Numb" ist für mich einer der Standalone-Tracks von Pink Floyd, an dessen Hitpotential auf dem Lisa Who Album verständlicherweise kein Song herankommt. Hab daher diesen ausgewählt. Die Stimmung von "Sehnsucht" passt aber eher zu "The dark side of the moon". Vielleicht wäre "Breathe" als Vergleich verständlicher gewesen.

Elektrolyte

2017-01-27 21:11:22

"Wenn sie tanzt" ist zwar nicht "Comfortably numb", könnte sich aber stilistisch ohne Probleme auf "The dark side of the moon" einreihen.

Dass "Comfortably Numb" auf "The Wall" ist, war aber schon bewusst? Also entweder macht der Satz keinen Sinn oder es wurde unfreiwillig mangelndes Musikwissen dargelegt.

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