Beth Gibbons & Rustin Man - Out of season

Go Beat / Polydor / Universal
VÖ: 10.02.2003
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Nobody loves me

Was für eine Stimme! Wer noch einen Beweis dafür benötigt, daß der Erfolg von Portishead nicht allein an der Verbindung aus trägen Beats und schwebender Orchestrierung liegt, dem gebe man einfach Beth Gibbons' unglaubliches Organ auf die Ohren. Möglichst unbehandelt. Begleitet höchstens von geträumter Musik, durchscheinenden Melodien, zerbrechlichen Arrangements. In etwa so also, wie sie uns auf "Out of season" entgegenstrahlt.

Befreit vom manchmal zu eng gefühlten Korsett mit dem Aufnäher "TripHop" wagt sich die schüchterne Chanteuse in Regionen vor, wo Gitarre, Streicher und Piano leise flüstern. In denen Jazz zärtlich mit Folk kuschelt. Wo charmante Melodien sorgsam beschirmt werden. Für tatkräftige Unterstützung sorgt dabei "Rustin Man" Paul Webb, der einst Talk Talk die tiefen Töne spendierte. Und auch die anderen Herrschaften kommen einem bekannt vor: Adrian Utley zum Beispiel, der auch für Portishead seine Gitarren in merkwürdigen Effekten badet. Oder Clive Deamer, der einmal mehr sein Schlagzeug streichelt. Man kennt sich und ist unter Freunden. Kein Wunder, daß man sich gleich in dieser Musik geborgen fühlt.

Für fröhliches Lachen ist auf "Out of season" jedoch kaum Platz. In Zeilen wie "Autumn leaves / Beauty's got a hold on me" fallen anmutige Tränen, die sich zum kollektiven Sterben in Schönheit verabredet haben. "So tired of life / No fairytale" haucht Gibbons in "Tom the model". Ungekannter Schwung tut sich dort auf, um sich gegen das Ungemach zu wehren. Ein Pyrrhussieg. Denn bald wieder schleicht atemberaubende Tristesse umher. "Romance" ist für Gibbons nur mehr ein verzagtes Klagen: "Better the thought than the feeling." Hach, wie gern würde man sie jetzt trösten, wenn man nicht gerade selber still ins Kopfkissen weinen würde.

Gibbons Stimme bebt und wankt, schwillt an und erstirbt. Und die Musik tut es ihr nach. Mal horcht man nach den Stecknadeln, deren Fallen zwischen den getupften Tönen zu erahnen ist, mal rückt einem ein jenseitiges Drängeln auf die Gänsehaut. Die unbändigen Leidenschaften von "Funny time of year", das Leiden, das Bangen und die fast zornige Verzweiflung, mag man den eigenen Ohren kaum glauben. Doch alles ist echt. Ein solche Platte wirkt wie aus der Zeit gerutscht, ein herrlicher Anachronismus. "Time is but a memory" haucht Gibbons in "Spider monkey". Eine Erinnerung voller Schmerz, aber auch voller Hoffnung. "For unknown is our fortune." Sicher ist nur eines: Was diese Frau anpackt, ist brillant.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Show
  • Romance
  • Spider monkey
  • Funny time of year

Tracklist

  1. Mysteries
  2. Tom the model
  3. Show
  4. Romance
  5. Sand river
  6. Spider monkey
  7. Resolve
  8. Drake
  9. Funny time of year
  10. Rustin man
Gesamtspielzeit: 43:46 min

Im Forum kommentieren

etienoir

2024-02-28 16:01:45

das weiß ich nicht mehr. aber ich glaube, es ist beth gibbons stimme, die ich nicht mag bzw nicht mochte (eben ewig nicht gehört), daher der zusammenhang für mich.

nörtz

2024-02-28 15:06:26

Wieso auch entsprechend zur Seite gelegt? Mit Portishead hat das hier doch nichts zu tun?

etienoir

2024-02-28 12:52:07

mag für manche sakrileg sein, dass portishead bei mir kaum mal zündeten, und ich entsprechend auch dieses album damals schnell beiseite gelegt habe.

aber: rustin man solo ist einfach wunderbar verschroben. musik wie von einem alten, düsteren jahrmarkt. beide alben sind bei bandcamp zu hören (rustinman.bandcamp.com).

kingsuede

2024-02-28 12:42:33

Reissue eingetroffen. Sehr schön!

andygoestohollywood

2024-02-17 09:27:37

Show ist übrigens einer der schönsten Songs aller Zeiten.

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