Moderat - Live

Monkeytown / Rough Trade
VÖ: 25.11.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Trip in die Nacht

Der Erfolg gibt ihnen recht: Moderat sind im vergangenen Jahr endgültig in der Champions League deutscher Electronica angekommen. Die Konzerthallen waren brechend voll, die feiernde Menschenmenge vom aktuellen Album "III" elektrisiert. Grund genug also für das Berliner Trio, nun auch ein Live-Album aus ihrer Heimatstadt zu veröffentlichen. Wie sinnvoll dies als Electro-Act ist, sei mal dahingestellt: Ein wirkliches Live-Feeling stellt sich hier weniger durch die Tracks selbst ein als durch die grundsätzliche Atmosphäre, die in den (und durch die) 14 versammelten Nummern transportiert wird. Der ein oder andere Song erhält dabei ein kleines Makeover, wird zum ausgedehnten Trip erweitert oder entfaltet seine Wirkmacht als sehnsuchtsvolle Elegie. Jens Balzer träumt währenddessen noch von Gebärmuttern und Fröschen.

Ernst beiseite: Moderats frickeliger Stadion-Electro flirtet nicht erst seit diesem Jahr mit dem ganz großen Pop, entsprechend gewaltig angelegt waren auch die Konzerte der aktuellen Tournee. Die Lichtshow war mehr als "nur" spektakulär, der Sound perfekt durchgestylt. Kritische Stimmen haben also durchaus nicht ganz unrecht, wenn sie Moderats Entwicklung zum Mainstream-Act herausheben, doch ein tiefergehendes Problem sollte dies im Grunde nicht darstellen. Im Gegenteil ist es doch eher schön, wenn sich Musiker aus ihrer wohligwarmen Nische herausbewegen, um sich selbst einem größeren Publikum vorzustellen. Solange die musikalische Qualität stimmt, und das, mit Verlaub, ist hier der Fall. "Live" unterstreicht diesen Umstand mit Songs aller drei Alben. Nach dem Intro folgt mit "Ghostmother" gleich eines der aktuellen Highlights: zitternder Beat, Echos im Wald, Geisterstimmen, Sascha Rings berauschendes Sehnen. Es ist wahrlich ein Fest.

Mit dem vom Debüt-Album bekannten "A new error" laden die drei Berliner die Hörer anschließend ein, ihnen auf ihrem Trip zu folgen, hinein in ihr Wunderland, bestehend aus vollmundigen Beats und abstrakt-charmanten Rhythmen. Die feiernde Menge lässt sich dorthin führen und rastet dann beim größten Hit des Trios, "Bad kingdom", folgerichtig aus: Im Zentrum steht Rings Stimme, die ohnehin etwas sehr Hymnisches in sich trägt, dazu kommen die Trademark-Synkopen und ein Refrain zum Niederknien, und zack fertig ist er, einer der größten Electropop-Hits der 2010er-Jahre. Dem ruhigen "Damage done" wird im Anschluss andächtig gelauscht, Kontemplation ist das Stichwort, denn bei Moderat geht es nicht immer nur geradeaus, nein, man bleibt auch mal stehen und schaut gedankenverloren in den Himmel, ins eigene Innere oder dem Partner tief in die Augen.

Mit "Reminder" kommt wieder Schwung ins Publikum: Auch hier musizieren Moderat wieder zwischen den Bewusstseinszuständen, lassen mit einem Feuerwerk bolleriger Spielautomatenbeats das Stück gen Ende aber richtig hohl drehen. Das tolle "Eating hooks" darf hingegen bleiben, wie es ist, wird aber anschließend in einem abstrakten Remix gewürdigt, den es gar nicht notwendigerweise gebraucht hätte. Kurz vor Ende heizt das schweißtreibende "Rusty nails" nochmal zum Endspurt ein, bevor das fast neunminütige "Nr. 22" die zufrieden vor sich hin tanzenden Hörer einlullt und den Auftritt Moderats beschließt. Die Massen strömen anschließend in die Nacht. Und träumen sich weiter in moderate Höhen.

(Kevin Holtmann)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ghostmother
  • Bad kingdom
  • Eating hooks

Tracklist

  1. Intro
  2. Ghostmother
  3. A new error
  4. Intruder
  5. Bad kingdom
  6. Damage done
  7. Animal trails
  8. Reminder
  9. Eating hooks
  10. Eating hooks (Remix)
  11. Rusty nails
  12. The fool
  13. Last time
  14. Nr. 22
Gesamtspielzeit: 75:13 min

Im Forum kommentieren

kingbritt

2022-01-13 19:29:09


. . . da bin ich ja mal gespannt. Trilogie Erneuerung oder neues Album. In den letzten fünf Jahren ist genretechnisch schon einiges passiert.

Klaus

2022-01-13 19:09:44

12.11.2022 Stuttgart, Wagenhallen
13.11.2022 Hamburg, Zeltphilharmonie
12.12.2022 Wien, Gasometer
14.12.2022 München, Zenith

Klaus

2021-10-14 20:08:20

Comeback!

Oder so.

03.09.2022 Berlin, Wuhlheide.

ekel

2016-12-15 18:01:46

Was fuer ein dünner Text!

Armin

2016-12-11 22:28:16

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum