The Weeknd - Starboy

Republic / Universal
VÖ: 25.11.2016
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Madness behind the beauty

Dass sich Abel Tesfayes Variationen über ein Gefühl vorwiegend um ihn selbst drehen, ist kein Geheimnis. Den Unterschied macht die Größenskalierung. Kokste und vögelte er sich am Anfang seines Schaffens auf "House of balloons" mit clever geliehenen Samples noch von Hausparty zu Hausparty, ist dank dem Durchbruchsalbum "Beauty behind the madness" und der Hitsingle "Can't feel my face" die Welt längst nicht mehr genug. Ein "Starboy" ist er geworden, fährt seinen McLaren P1 im gleichnamigen Video spazieren, die renommierten Soundtüftler von Daft Punk unterstützen. Schönheit hinter dem Wahnsinn? Heute eher andersrum. Die Chance, ein düsteres Biest wie "The hills" in Charts und Radio unterzubringen, gibt es diesmal nicht, "Starboy" steigt musikalisch schlichtweg nicht mehr so tief in den Abgrund wie seine Vorgänger. Und macht dennoch vieles richtig.

Zum Beispiel gleich zu Anfang mit besagter Single Reviermarkierung zu betreiben und den Hit zu sichern. Von Daft Punk hört man hier jedoch nicht viel, eher klingen diese am anderen Ende der Platte im überzuckerten "I feel it coming" durch – garniert mit Tesfayes originalgetreuer Jacko-Imitation. Lana Del Rey scheint als Seelenverwandte zudem fest gebucht zu sein und darf neben diversen Backingvocals anderswo im "Stargirl interlude" lasziv ihre Zeilen hauchen. Kendrick Lamar liefert ein weiteres solides Feature im verträumten "Sidewalks" ab, welches vor allem durch die kitzelige Gitarre überzeugt. Und wem der Titeltrack noch nicht genug Hitpotential bot, der wird spätestens bei "Secrets" fündig. Zu Samples von "Talking in your sleep" von The Romantics und Tears For Fears' "Pale shelter" gelingt The Weeknd ein Volltreffer. Wie von "Can't feel my face" gewohnt wieder ganz FSK-12-tauglich: "I hear the secrets that you keep / When you're talkin' in your sleep."

Wo aber ist der alte Tesfaye hin? Der für Menschen in seiner Umgebung nur Misstrauen und Verachtung übrig hat, dem Vertrauen ein Fremdwort ist, der nie weit von der Misogynie entfernt steht? Es gibt ihn auch auf "Starboy" noch. Vorwiegend in der zweiten Albumhälfte springen Perlen wie "She loves to lay / I learned the hard way" oder "Heaven in her mouth, got a hell of a tongue / I can feel her teeth when I drive on a bump" ins Ohr, die keinen Raum für Interpretationen lassen. Genau dort fehlt es jedoch oft an überzeugender Kompositionsarbeit, die satten 18 Tracks ziehen sich gen Ende aufgrund ein paar unausgefüllter R'n'B-Blaupausen ein wenig in die Länge. Dumm deshalb, dass der Moment, der am meisten aufmerken lässt, ziemlich am Anfang steht. "False alarm" kann nicht nur einen blutigen Clip vorweisen – gewissermaßen The Prodigys "Smack my bitch up" als Action-Blockbuster – sondern auch einen wunderbar hektischen Refrain, der den Puls nach oben schnellen lässt.

Dank einiger Ohrwürmer und sicherer Hits dürfte "Starboy" als Nachfolgealbum seines bisher größten Erfolgs seine Pflicht tun. Und auch musikalisch ist alles in Butter, Tesfaye hat nach wie vor eine eindrucksvolle Stimme und als Gesamtwerk schafft die Platte eine durchgehende Grundstimmung. Die Abseitigkeit der "Trilogy"-Teile, allen voran "House of balloons", wird zwar verfehlt, dafür langweilt "Starboy" wiederum nie so sehr wie die Major-Label-Enttäuschung "Kiss land". Es überrascht nicht nur, dass The Weeknds Masche ein weiteres Mal so gut funktioniert, sondern dabei vor allem den Crossover in den absoluten Mainstream bestens übersteht. Nach ein bisschen Wahnsinn sehnt sich offenbar insgeheim doch jeder.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Starboy (feat. Daft Punk)
  • False alarm
  • Secrets
  • Sidewalks (feat. Kendrick Lamar)

Tracklist

  1. Starboy (feat. Daft Punk)
  2. Party monster
  3. False alarm
  4. Reminder
  5. Rockin'
  6. Secrets
  7. True colors
  8. Stargirl interlude (feat. Lana Del Rey)
  9. Sidewalks (feat. Kendrick Lamar)
  10. Six feet under
  11. Love to lay
  12. A lonely night
  13. Attention
  14. Ordinary life
  15. Nothing without you
  16. All I know (feat. Future)
  17. Die for you
  18. I feel it coming (feat. Daft Punk)
Gesamtspielzeit: 68:30 min

Im Forum kommentieren

Rote Arme Fraktion

2017-06-18 12:46:31

dito

I feel it coming fetzt gerade.

musie

2017-01-17 08:56:07

I feel it coming find ich klasse. Das neue Album ist das erste von ihm, welches mir durchwegs gefällt. Diese Michael Jackson Stimme, genial...

Aber

2016-12-02 14:16:56

Hipster-Musik-und-Video. Leider insgesamt lahm.

Armin[bot]

2016-12-01 10:36:01

Ich funktioniere nicht ordnungsgemäß. Meinungen?

Mister X

2016-11-26 11:05:19

schoenes album. hatte nicht erwartet dass er mich enttaeuscht.

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