OneRepublic - Oh my my
Interscope / UniversalVÖ: 07.10.2016
Gott mit Fistelstimme
Man kann schon zynisch werden, wenn man Ryan Tedder so zuhört. Ob es in Interviews ist, wenn er erzählt, er höre nie die Songs in den Charts, obwohl er doch selbst als einer der Götter des Musikbusiness quasi die Hälfte der Top 40 ausfüllt, oder erklärt, die Beatles seien nur so erfolgreich gewesen, weil sie in ihrer Anfangszeit als Coverband eine Art Hit-Blaupause ausgemacht hätten. Auch "Oh my my", das nunmehr vierte Album von OneRepublic, stimmt reichlich zynisch, wenn Tedder innerhalb von 16 bestenfalls mittelmäßigen Songs todsichere Hits raushaut, ohne dabei sein eigenes Erfolgsschema tatsächlich zu gefährden.
Dass man bloß nicht anecken darf, wenn man einen möglichst massentauglichen Song schreiben will, ist im Hause OneRepublic natürlich schon länger bekannt. Mit "Dreams" beweisen die Herren aber, wie sehr sie sich an diese Regel halten, wenn Tedder das insgesamt dreifach auftretende "shit" jedes Mal bis zur Unverständlichkeit hin nuschelt. Beim Gespräch des Frontmanns mit Gott in "Human" sah die Band ihre Fans gar schon auf den Barrikaden, also holte sie sich vor der Veröffentlichung noch das Okay eines Priesters und sicherte sich so ab. Anhand des natürlich absolut seichten Inhalts würde sich tatsächlich niemand angegriffen fühlen. Welchen Sinn es nun verfolgt, wenn der Allmächtige ausgerechnet mit Tedders omnipräsenter Fistelstimme auf dessen Klagen antwortet, ist allerdings eine Sache, die jeder für sich deuten kann.
Ohnehin scheint die Kopfstimme im OneRepublic-Kosmos zum Inbegriff von Emotionalität und der gern gesehenen großen Geste geworden zu sein. Nur weil Tedder aber sein Markenzeichen wesentlich besser beherrscht als jeder Straßenmusiker, der im Laufe der Jahre für ein paar Kröten mehr den Überhit "Apologize" gejault hat, heißt das längst nicht, dass es noch jeden Song besser gemacht hätte. Wenn Tedders Organ nicht mehr zu genügen scheint, um den langweiligen Kompositionen die nötige Würze zu verleihen, setzen OneRepublic wie im Fall von "Fingertips" zunehmend auf Auto-Tune. Holt er dann noch zum großen "wuuhuhuhuuu" aus, ist auch schon das grausige Finale des elektronischen "Born" erreicht. Wie auch beim angetäuscht folkigen "Let's hurt tonight" kann hier jedoch von keiner tatsächlichen Variation die Rede sein, da nie wirklich vom Erfolgsrezept abgewichen wird.
Tedder kann mit seiner Band im Schlepptau also machen, was er will. Verkaufen wird sich "Oh my my" sowieso. Dass das Album insgesamt viel zu lang ist, auch wenn mit "Better" immerhin ein tatsächlich guter Song dabei herausspringt, wird die Massen ebensowenig abhalten wie die starke Ähnlichkeit zu Hitgaranten wie Maroon 5 oder Coldplay. Auch deutliche Anleihen einzelner Versatzstücke von fast vergessenen Charterfolgen der jüngeren Vergangenheit, wenn etwa der Anfang von "Heaven" stark an Marlon Roudettes "When the beat drops out" erinnert, werden nicht hinderlich sein. Sie bestätigen letztlich nur eines: Ryan Tedders Hitformel.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Let's hurt tonight
- Better
Tracklist
- Let's hurt tonight
- Future looks good
- Oh my my feat. Cassius
- Kids
- Dream
- Choke
- A.I. feat. Peter Gabriel
- Born
- Fingertips
- Human
- Lift me up
- NbHD feat. Santigold
- Wherever I go
- All these things
- Heaven
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nundenn
2016-11-01 00:01:03
nicht wundern, leatherface ist auch grande-fan.
nörtz
2016-10-31 22:52:26
Wen interessieren solide Popsongs, wenn man sowieso bessere Musik hören kann, als One Republic im Stande ist, zu kreiren?
Außer auf Hochglanz polierten Formatradiopop kann ich da nichts Großartiges erkennen. Das haben Coldplay zu Zeiten von AROBTTH besser hinbekommen.
Leatherface
2016-10-31 22:24:24
Gutes Album und unterbewertete Band. Was solide Popsongs angeht haben die Coldplay längst überholt.
Gero
2016-10-20 09:31:07
Komische Rezension, die gar nicht auf die prominenten Gaststars eingeht.
Armin
2016-10-19 20:53:36
Frisch rezensiert.
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