Rachael Yamagata - Tightrope walker
Frankenfish / Al!veVÖ: 23.09.2016
Ausbalanciert
Rachael Yamagata hat den Dreh mittlerweile raus. Während man sich als Hörer immer noch fragt, warum die Gute nach wie vor nicht viel bekannter ist, veröffentlicht sie einfach mal eben ihr viertes Album. Nachdem 2012 erschienenen "Chesapeake" ist "Tightrope walker" bereits das zweite Werk, bei dem sie mit dem Künstler-Fan-Netzwerk Pledgemusic zusammengearbeitet hat. Und weil sie auch dank ihres eigenen Labels Frankenfish Records alle künstlerischen Freiheiten genießt, konnte die 38-Jährige trotz aller Routine ein wenig aus ihrer gewohnten Arbeitsweise ausbrechen.
So konzentrierte sich Yamagata diesmal auf rund 15 Stücke, von denen am Ende zehn das Rennen machten. Inspiriert vom französischen Artisten Philippe Petit, der 1974 seinen berüchtigten illegalen Drahtseilakt zwischen den beiden Türmen des World Trade Centers vollbrachte, entstand so ihr ausgeglichenstes und zuversichtlichstes Album. Nach fast zwei Jahrzehnten im Musikgeschäft, in denen sie nicht nur mit dem Who-is-who des Singer-Songwritertums zusammenarbeiten durfte, sondern zudem gleich zwei Majorlabels hinter sich ließ, freut man sich als Anhänger Yamagatas so gleich doppelt: Nicht nur über "Tightrope walker", sondern auch über ihr nach dem etwas wackeligen "Chesapeake" wiedergefundenes und erstarktes Selbstbewusstsein.
Man nehme nur etwa den offensichtlichsten Hit des Albums: Im souligen "Let me be your girl" croont Yamagata mit ihrer inneren Macy Gray um die Wette, sehnt sich so öffentlich wie intim, ist selbst weich wie Butter und bringt doch die Herzen zum Schmelzen. In "Over" – nicht zu verwechseln mit dem deutlich melancholischeren "Over and over" vom 2009er-Werk "Elephants... Teeth sinking into heart" – kokettiert sie hingegen mit ihrer persönlichen, vom Herzschmerz oft dominierten Karriere: "Thankfully I don't regret my choices / History has brought me back before", singt sie hier, gefolgt von der Zeile "It ain't easy but it's right." Während sich im Hintergrund dezente Streicher platzieren und Yamagata klingt wie Annie Lennox zu ihren besten Zeiten, lässt sich ein Schmunzeln ob dieser Eigenwahrnehmung kaum verbergen.
Und der Vergleich zwischen ihr und Artist Petit ist nicht mal uninteressant oder abwegig. Im atmosphärischen Opener und Titeltrack von "Tightrope walker" scheint sie die Grenzen zwischen dem Seiltänzer und ihrer eigenen Person gar zu verwischen. Dass Yamagata mit Ende 30 in ihrer eigenen Haut angekommen ist, wird auch in der zweiten Hälfte des Albums deutlich: So baut sie mit der Gänsehaut-Ballade "I'm going back" oder dem zurückhaltenden Country-Folk von "Black sheep" zwar die Brücke zu ihren Anfängen, ohne aber ihre hart erarbeitete Reife außer Acht zu lassen. Und mit dem inspirierenden "Money fame thunder", das zudem den Opener wieder aufgreift, gelingt Yamagata glatt der beste Abschlusstrack ihres bisherigen Schaffens: "Some people want you to fall / You're gonna hold yourself steady / Keep yourself loose and in balance / Though you don't think you're ready / It's just one foot in front of the other now." Sie muss es wissen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Over
- Let me be your girl
- I'm going back
- Money fame thunder
Tracklist
- Tightrope walker
- Nobody
- EZ target
- Over
- Let me be your girl
- Break apart
- I'm going back
- Rainsong
- Black sheep
- Money fame thunder
Im Forum kommentieren
angelo
2016-09-16 06:05:00
beste platte ever und bester artist name ever
Armin
2016-09-14 21:17:03
Frisch rezensiert.
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