
Passenger - Young as the morning old as the sea
Black Crow / SonyVÖ: 23.09.2016
Klischee im Negligee
Man muss die Dinge einfach mal bis zur Schmerzgrenze ausreizen. Dahin gehen, wo es wehtut. Denn wie uns die Gesellschaft immer wieder aufs Neue lehrt: Wer alle erreichen will, muss sich auf die stumpfesten Platitüden und vorhersehbarsten Handgriffe zurückziehen, die einem in den Sinn kommen. Folkmusiker Mike Rosenberg, bekannt als Passenger, hat dieses Prinzip auf "Young as the morning old as the sea" nun vollends verstanden. Romantik gefällig? "You're gonna need somebody's arms to crawl into." Philosophie über das Alles und Nichts, über das Leben, das Universum und den ganzen Rest? "When you got something / You've got something to lose." Und für pathetisches Geseier "They say home is where the heart is / But my heart is wild and free / So am I homeless / Or just heartless?" gibt es den Mumford-&-Sons-Gedächtnispreis frei Haus dazu.
Nun wurde Passengers Musik noch nie für Anspruch und Komplexität gepriesen und das allein ist auch überhaupt nicht schlimm. Aber so vorhersehbar wie auf seinem achten Longplayer gab sich Brite bisher noch nicht. In "When you were young" geht es natürlich um sentimentale Gefühlsduselei à la "Weißt du noch...?", der einzige countryinfizierte Song neben dem ganzen Gefolke heißt "The long road" und wenn schon die junge Gastsängerin Birdy auf einem Track auftaucht, dann muss dieser selbstverständlich den Titel "Beautiful birds" tragen. Ist das der "selbstironische Humor", von dem der Promotext spricht? Es wiegt umso ärgerlicher, da Rosenberg nach wie vor ein Händchen für kunstvolle Arrangements und einprägsame Melodien besitzt, von dem schon die Vorgänger "All the little lights" und die beiden Teile des "Whispers"-Zyklus in weiten Teilen profitierten.
"If you go" sucht zwar im Namen die Nähe zu seinem großen Hit "Let her go", kommt aber sonst deutlich flotter daher und nimmt die richtige Abfahrt in Richtung Bombast. Ähnlich geht es dem Closer "Home", der zwar in der Klimax fast schon karikierend in jeder Refrainwiederholung eine Schippe aus Streichern und Soundspuren drauflegt – aber was soll's, wenn es funktioniert. Wer Subtilität sucht, war bei den Songs von Passenger schon vorher an der falschen Adresse. Am besten gerät mit Abstand der zentral positionierte Titeltrack. Ein reduzierter Beginn mit Gitarre mündet alsbald in einen flotten Rhythmus und bringt schwungvolle Abwechslung ins Spiel, die an dieser Stelle gerade recht kommt. Das Pathos bleibt, doch ausnahmsweise geht es mal nicht um Herzensangelegenheiten, sondern um die Freuden des Reisens.
Frisch getrennte Liebesbekümmerte oder Leute, die generell eine Allergie gegen schmalzige Herzlyrik haben, dürfen anhand der größtenteils zelebrierten Monothematik von der Wertung ruhigen Gewissens noch mal drei oder vier Punkte abziehen. Und selbst für romantisch Veranlagte kann die auf "Young as the morning old as the sea" verabreichte Packung Zucker dann und wann ein Quäntchen zu viel werden. Aber letzten Endes ist Passengers harmonisches Gespür nach wie vor zu präsent, zu ausgereift, als dass man das Album so schlecht finden könnte, wie man es möglicherweise sollte. Es kriegt den geneigten Hörer mit seinem Schlafzimmerblick mindestens zu dem Punkt, an dem man auch die übelsten textlichen Luftblasen und die stellenweise zu vorhersehbaren Songwendungen verzeihen kann. Denn zumindest in der Musik darf man sich auch mal auf die einfachen Antworten stützen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- If you go
- Young as the morning old as the sea
- Home
Tracklist
- Everything
- If you go
- When we were young
- Anywhere
- Somebody's love
- Young as the morning old as the sea
- Beautiful birds (feat. Birdy)
- The long road
- Fool's gold
- Home
Im Forum kommentieren
Moni
2016-10-18 12:15:24
Kannst du mir verraten musie, wie ich die Akustikversionen vom Deluxe-Album auf meinen Rechner bekomm? Im Booklet steht, ich müsste auf die Passenger-Homepage gehen.. da finde ich aber nichts. DVD lässt sich auf meinem Comp nicht öffen, den DVD-Player hab ich noch nicht bemüht. Danke dir!
musie
2016-09-26 09:46:01
Kann den hier festgestellten Absturz von Whispers (8/10) zum neuen Album (5/10) überhaupt nicht nachvollziehen. Für mich ist Young as the Morning Old as the Sea eindeutig das beste Album von Passenger, sämtliche Lieder sind top. Das Album ist sogar eine Überraschung des Jahres. Auf den Vorgängern hatte es den einen oder anderen Durchhänger. Klar ist das zuweilen etwas gar überzuckert oder Jungemädchenpoesie, aber genau deshalb findet man ihn ja auch gut. Am besten gefallen mir wieder die Akustikversionen. Einziger Kritikpunkt von mir: Der Titelsong ist etwas gar nah an Hungry von Dotan...
oha
2016-09-15 12:41:05
die plattenfirmenpraktikanten haben freigang...
wichtig in einer rezension:
- respekt
- kritik nur an texten in der eigenen muttersprache
- kritik auf keinen fall an anderen künstlern
Frisch rezensiert. Meinungen?
2016-09-15 12:28:30
Ich finde es recht anmaßend, wenn jemand, dessen Muttersprache nicht Englisch ist, an englischsprachigen Texten herumkrittelt.
Moni
2016-09-15 12:02:24
"als das man das Album so schlecht finden könne, wie man es möglicherweise sollte"
was für ein blöder Satz
Geseier und Gefühlsduselei.. mag ich in einer Rezension auch nicht lesen, in meinen Augen geht das in Richtung Respektlosigkeit
und das Mumford&Sons-Geläster kann ich schon lang nimmer ab, hört endlich auf diesen Vergleich in Rezensionen aufzuführen
fehlender Anspruch, fehlende Komplexität und fehlende Subtilität? Felix, hör dir bitte mal die alten Passenger-Alben an (Wicked Man's Rest, Divers & Submarines) ich denke dann revidierst du deine Aussage
und wie unnötig ist es, sich über einen Songtitel auszulassen? Beautiful Birds/Birdy.. ihn gar als ärgerlich bezeichnen.. es sollte doch rein um die Musik, den Inhalt des Songs gehen! oh mei..
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