Ladyhawke - Wild things

Mid Century / Rough Trade
VÖ: 08.07.2016
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Yes minister

Pip Brown geht es blendend. Das war nicht immer so: Noch vor einigen Jahren wusste die Neuseeländerin gar nicht wohin mit ihrer neuerlichen Popularität unter dem Alias Ladyhawke – ihre Gitarren-Bands Two Lane Bricktop und Teenager waren zuvor sang- und klanglos untergegangen. Letztlich landete sie in Los Angeles, doch der Wohnortwechsel zog neben einem Platz im Herzen der Unterhaltungsindustrie auch übermäßigen Alkoholkonsum und daraus resultierende Depressionen nach sich. Einen entsprechend unausgeglichenen Eindruck machte ihr 2012er Longplayer "Anxiety", auf dem verstärkt die Sechssaitige brutzelte und der sich merklich vom fidelen Electro-Pop des selbstbetitelten Debüts entfernte. Es musste etwas passieren: Brown stellte ihre Ernährung um, heiratete ihre Lebensgefährtin – und gibt auf "Wild things" nun wieder den munteren Wonneproppen, den man noch von Hits wie "Paris is burning" oder "My delirium" kennt. Auch wenn die 37-Jährige sich nur mehr an der Liebe besäuft.

Mit dieser kennt sie sich schließlich nicht erst seit dem Ja-Wort aus: In den USA bekleidet Brown das Amt eines "ordained minister" und ist berechtigt, Eheschließungen durchzuführen, was ihr den Spitznamen "Minister Ladyhawke" einbrachte. Versichert sie im Opener "This is what a love song sounds like", glaubt man ihr jedenfalls aufs Wort – und knutschende Bass-Synthies, Keyboard-Tupfer und ein vollmundiger Refrain beseitigen die letzten Zweifel. Die Gitarre ist mittlerweile längst in die Ecke geflogen, denn "Wild things" empfängt wieder weitestgehend elektronische Weihen – sei es im schmachtenden Titelstück, wo Brown mit ihrer Angetrauten ums nächtliche Feuer tanzt, oder bei "Let it roll", das zwei Liebende rasant auf ihrer Flucht aus schmuddeligen Hotelzimmern und in die weite Welt begleitet. Und es ist eine reizende Analogie zur geistlichen Befugnis der 37-Jährigen, wenn ein Stück wie "Sweet fascination" in seiner glucksenden maschinellen Unschuld ausgerechnet an die Schotten Chvrches gemahnt.

Dass Brown sich circa ab der Hälfte zusehends weniger zu fokussieren vermag, wird also vermutlich an ihrer omnipräsenten Glückseligkeit liegen – zum leidlich seicht groovenden "Chills" etwa fällt ihr nicht viel mehr als "This is love, this is everything" ein, während "Money to burn" einen halbgaren Flirt mit der Unverbindlichkeit wagt und sich "Golden girl" eher unpassend an die Icona-Pop-Kreischsäge "I love it" anlehnt. Immerhin: Auch da hat die Liebe ein Wörtchen mitzujohlen. Doch es dauert eine Weile, bis sich dieses Album aus den musikalischen Untiefen einer Zweisamkeit herausarbeitet, die manchmal auch arg langweilig sein kann. Erst "Dangerous" macht mit Dance-Drive und scharfer Sequenz noch einmal den Lauten – und da sind auch wieder die dicken Handclaps, die schon dem 2009er Heuler "Magic" auf den Hintern klatschten. Derartiges Amüsement bietet "Wild things" allenfalls in Ansätzen – was für Brown in Ordnung sein dürfte. Schließlich geht es ihr blendend, und das hört man. Wo kann man hier heiraten?

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • A love song
  • Let it roll
  • Dangerous

Tracklist

  1. A love song
  2. The river
  3. Wild things
  4. Let it roll
  5. Chills
  6. Sweet fascination
  7. Golden girl
  8. Hillside avenue
  9. Money to burn
  10. Wonderland
  11. Dangerous
Gesamtspielzeit: 37:42 min

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Saschek0808

2018-03-03 11:24:52

Ist ein Grower. Gefällt mir (nach dem ich es zwei Jahre enttäuscht links liegen gelassen habe) inzwischen besser, als manch anderer, ähnlich gelagerter Kram. Im Vergleich zum Erstling stinkt Wild Things natürlich trotzdem ziemlich ab. Vielleicht weil es eben auch einige Peinlichkeiten enthält. Golden Girl zum Beispiel ist doof. Sweet Fascination dagegen schick.

Armin

2016-08-02 21:35:08

Frisch rezensiert.

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