The Bouncing Souls - Simplicity

Rise / Chunksaah / Warner
VÖ: 29.07.2016
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Mittagspause

Jeden Tag genoss ein Bankangestellter ein Sandwich auf der Bank im Park, mit Blick auf die Halfpipe, an der er und seine Freunde selbst früher jeden Tag nach der Schule verbracht und dabei all die klassischen Punk-Bands gehört hatten, vor allem The Bouncing Souls. An diesem Mittag staunte der Bankangestellte, der vor einiger Zeit Chucks und gefärbte Haare gegen Anzug und Krawatte eingetauscht hatte, nicht schlecht, als besagte Veteranen die Szenerie beschallten, und zwar aus dem per Aux-Kabel mit dem iPhone verbundenen Ghetto-Blaster unter einer Grind-Stange. Alles klang genau wie früher. Ein klassischer Upbeat-Punk-Song, der zur tagelangen Spritztour aufruft. Keine zwei Minuten. Und vor 20 Jahren wäre der Bankangestellte mit Sicherheit eingestiegen.

Auch vor zehn Jahren ließen The Bouncing Souls mit "The gold record" noch einmal ordentlich aufhorchen. Gerade durch den lässig-nostalgischen "The pizza song" oder die Inbrunst, in der sie mit "And we wanna say thanks to the music in our lifes" aus "So Jersey" alte Helden beschworen. Daran dachte der Bankangestellte zurück, als Greg Attonito nun auf dem neuen Album "Simplicity" "How can I stay in this state of euphoria?" fragte und der Funke nicht so recht überspringen wollte, obwohl doch eigentlich alles beim Alten geblieben war. Ein feiner Track in alter East-Coast-Manier, den man sofort mitschreien kann und zu dem die Kids im Park Kickflips üben. Wo liegt also das Problem? Das coole "Satellite", die Hälfte des Sandwiches sowie das arg nach frühem Output von Green Day klingende "Hero zero" mussten erst ins Land ziehen, bis dem Bankangestellten das Licht aufging: Gerade den Anfang von "Writing on the wall" mit seinen "Woah"s hätte auch jede noch so kleine Garagen-Band locker auf YouTube als Punk-Cover von Springsteens "No surrender" einspielen können. Bei all der Sympathie, die sich The Bouncing Souls durch die Jahrzehnte erspielt, bei all den tätowierten Zeilen, die völlig zurecht den Weg auf so manchen Unterarm gefunden, bei all den Erinnerungen an die Jugend, zu denen diese Veteranen den passenden Soundtrack geliefert haben, musste der Bankangestellte es sich eingestehen. Auf ihrem zehnten Album waren seine Helden tatsächlich beliebig und austauschbar geworden.

"Nur ein blöder Song, das kann immer mal passieren", wollte er sich einreden, mehrere absolut solide Nummern hatten ja bereits den Weg ins Ohr gefunden, so schlimm konnte es gar nicht sein. Ein paar Allerweltszeilen wie "The world spins anyway" oder "We're all looking for something" haben sich schließlich bei jedem mal eingeschlichen, kein Beinbruch. Der wahre Kern in "The last bits of our integrity are getting squeezed out" aus dem Mund eines Mittvierzigers, der noch immer die sonnendurchflutete Punk-Mucke für Teenager macht, versetzte dem Bankangestellten jedoch wieder einen Stich. Als schließlich "Rebel song" ertönte, salzte eine einsame Träne unfreiwillig das Sandwich in den Händen. So etwas Unausgegorenes konnte einem Haudegen wie Attonito nur untergekommen sein, wenn er den Song kurz niedergeschrieben hatte, nachdem er das dritte Mal in der Nacht zum Pissen aufgestanden war. Wenn dieser "Rebel song" auch noch tatsächlich wie gefordert als letzter Protestsong in die Geschichtsbücher eingehen sollte? Na dann Prost Mahlzeit für die nichtsahnenden Punks an der Halfpipe, gerade in der heutigen Zeit. Vielleicht reagierte der Bankangestellte in dieser Mittagspause zu heftig, doch es ist hart, wenn Helden so lange leben, bis sie selbst nur noch mit etwas Wohlwollen Durchschnitt sind. Bei dieser bitteren Erkenntnis fiel ihm das Sandwich ungläubig auf den Boden. Ein paar Kids sahen für einen kurzen Moment rüber zu dem desillusionierten alten Mann, zuckten dann mit den Achseln, sprangen auf die Skateboards und fuhren weiter.

(Marcel Menne)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Satellite

Tracklist

  1. Driving all night
  2. Euphoria
  3. Satellite
  4. Digital twilight zone
  5. I wanna be bored
  6. Hey aliens
  7. Hero zero
  8. Writing on the wall
  9. Rebel song
  10. Tightrope
  11. Gravity
  12. Bees
  13. Up to us
Gesamtspielzeit: 30:00 min

Im Forum kommentieren

Marcel

2016-08-06 16:07:42

...und andererseits hat man eben auch nicht den Raum, ausgefeilte Charaktere ins Rennen zu schicken, daher greift man dann ab und an auch auf bereits bekannte Bilder zurück (das mit den Skaterpunks ist ja ebenfalls nichts anderes), um einen Punkt deutlich zu machen. Und wenn selbst dem heutigen Bankangestellten das Rebellentum der neuen Platte zu schwach wirkt, dann trifft das einen der Grundgedanken eigentlich ganz gut, denke ich.

Mixtape

2016-08-06 10:46:19

Das Problem ist nur, dass der Satz "Das Album ist nicht gut" noch keine Rezension füllt. Da muss dann noch etwas Fleisch an den Knochen. ;-)

Nap

2016-08-06 09:39:58

Echt jetzt? Ein furchtbares Klischee wie "früher Punk, heute Bank" muss als Abziehbild einer lächerlich geschriebenen Rezension herhalten?! Wirklich unangenehm zu lesen, aber hey ja: Das Album ist leider nicht gut, aber dann schreibt das bitte auch und versucht nicht den Leser davon in einer Rezension geschrieben wie "mein schönstes Ferienerlebnis" zu überzeugen...

Armin

2016-08-02 21:33:50

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2016-07-11 19:06:20

Die Punkrock-Legenden THE BOUNCING SOULS haben zum Song "Up To Us" ein Lyric-Video veröffentlicht, das ihr euch hier ansehen könnt:
https://www.youtube.com/watch?v=hCbMfRQztcM

Der Song stammt vom neuen Album "Simplicity", welches am 29.07. via Rise Records / BMG / Ada Warner erscheinen wird.

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