Milow - Modern heart

Universal
VÖ: 13.05.2016
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
3/10

Der jaulende Eisbär

Milows erste Single vom neuen Album ist mal wieder langweilig. Ob seine Angebetete nun in Mexiko, Kuba oder Tokyo weilt, ist ihm Jacke wie Hose. Zusammen sein, egal wie, das zählt. "Baby, are we there yet / Meet me at the sunset / Summer will be over soon / I see you when you get there / But until we get there, we'll be howling at the moon." Ahouuuuu. Der aufmerksame Hörer und Leser rollt bereits die Strandmatte aus, hat er doch in Sommer und Sonnenuntergang zwei Signalwörter empfangen, die das quasi erzwingen. Milow folgt musikalisch und entschied, der höchst fluffig gespielten Akustikgitarre einen federleichten Beat unterzumischen, um im weitestgehend austauschbaren Fröhlichkeits-Tropical-House mitzumischen, wie er seit 2015 die Charts dominiert. Auf das Angebot der kleinen Satelliten-Männchen einer totalen Mondfinsternis wartet man 3:06 Minuten vergeblich.

Milow-Alben hören, hieß auf den jüngsten beiden Werken aber schon immer auch (rare) Tiefpunkte zu überstehen, um an die Akustik-Pop- und Songwriter-Perlen heranzukommen: Die Single ist ein erster dieser schwer zu ertragenden Songs, "No no no" ein zweiter. Das Konzept dürfte wenig überraschen, Tropical-House Teil 2: Auf Akustikgitarre folgt eingeschobener "Beat". Beat in Anführungszeichen, weil es doch eher einem Xylophon-Element ähnelt, das versehentlich einen Flummi verschluckt hat. Textlich erhält Milow in dem Stück unter anderem einen Korb, dabei öffnete er der Dame doch das Herz, als er beteuerte, dass man doch "meant to be" sei. Die Traumfrau, früher vermutlich Destiny's-Child-Hörerin, entgegnet "No no / No she just said no / No she just said no no no." Hat nicht sollen sein.

Tatsächlich erstaunlich sind Milows einleitende Aussagen zu "Modern heart", "alternativen R&B und HipHop – wie bei Frank Ocean, Drake und The Weeknd – in meine Welt mit akustischer Gitarre einfließen zu lassen." Mutig. Zumal mit James Fauntleroy (Kendrick Lamar, Justin Timberlake) kein Unbekannter des Metiers half. An drei Stücken arbeiteten beide gemeinsam, alle hantieren mit Key- und Piano-Parts. Darunter das feine, den Pop im Blick haltende "Running blind" und der Opener. In den minimalistisch klackernden Unterbau von "Waiting around for love" schieben sich zaghaft synthetische Flächen, nur Milows Gesang mag anfangs nicht hundertprozentig harmonieren. Das ist vielleicht etwas unfair, weil er weder affektiert oder anstößig intoniert und seiner Art zu singen treu bleibt. Aber der vage Eindruck, dass die Clams-Casino-artige Beat-Gestaltung dieser verträumt-sphärischen Einleitung nach noch mehr Sinnlichkeit und Soul lechzt, bröckelt nur langsam. Dennoch: guter Einstieg.

Der Wunsch nach Veränderung prallt auf das Gefühl einer arrangierten Ehe. Durch den Zusammenschluss verwässern beide Welten. Themen- und musikunabhängig klingt Milow einfach durch und durch lieb und melancholisch; man möchte dem Mann im Eisbären-Kostüm des Covers gerne tröstend auf das Schulterfell klopfen. Parallel teilt "The fast lane" das Verständnis für Spielarten der Black Music eher mit The Script denn mit Frank Ocean – auch dank eingestreuter "Hey"s im Background. Besser gelingt Milows propagierte Symbiose in "Lonely one". Ein Hit aus dem gut ausgestatten Baukasten bleibt schließlich ein Hit. Rihanna nickt bosshaft. Das beste Stück schließt "Modern heart" ab und lässt das Gefälligkeitshandeln von "Really rich" verblassen: Ein gelöster Milow überträgt in "Way up high" das Heft bereitwillig unter Streichern und Space-Klängen an "Astronaut" Jamie N Commons. Gewagt, gewonnen. Irgendwo schlummert er also noch, der auch mal unangepasste Songwriter der Anfangstage. Vielleicht ist gerade Vollmond.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Way up high

Tracklist

  1. Waiting around for love
  2. Lonely one
  3. Howling at the moon
  4. The fast lane
  5. Love like that is easy
  6. No no no
  7. Running blind
  8. Really rich
  9. Way up high
Gesamtspielzeit: 35:16 min

Im Forum kommentieren

musie

2016-05-04 08:19:47

ich mag seine Musik. leicht, belanglos, super im Sommer. es muss ja nicht immer das komplexe Buch sein, manchmal tuts auch eine Zeitschrift... die Single (Howling at the Moon) ist doch herrlich zum Autofahren im Frühling mit offenen Fenstern und im Sommer wird sich das noch mehr machen.

Armin

2016-05-03 18:28:45

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

2016-04-08 16:35:27

Info:
Nur wer Veränderungen gegenüber aufgeschlossen ist, kann wahrhaft wachsen.

Das erkannte Milow, als er sein fünftes Album „Modern Heart“ aufnahm und dabei unbekannte kreative Höhen erklomm – einfach, indem er sich auf eine Fülle von unerwarteten, aber gleichwohl höchst willkommenen und inspirierenden Einflüssen einließ.

„Ich hatte ganz klar vor Augen, was ich machen wollte“, so Milow. „Diese Zeit war von unheimlicher Vielseitigkeit geprägt, und mir wurde bewusst, dass sämtliche Beschränkungen, die ich im Hinblick auf meine Musik hatte, von mir selbst kamen und nicht vom Publikum. Deshalb beschloss ich, mich kopfüber in die Sache zu stürzen und meinen Horizont und meine Ausdrucksweise zu erweitern. Ich wollte House-Musik, alternativen R&B und Hip-Hop in meine Welt mit akustischer Gitarre einfließen lassen, und so für mehr Farbe sorgen. Das hatte etwas absolut Befreiendes. Ich wusste, dass solange ich meinem Instinkt für Melodien, Texte und Geschichten folgen und meiner Art zu singen treu bleiben würde, das Ergebnis weiterhin nach mir klingen würde.“

„Howling at the Moon“ war der letzte Song, der für das neue Album „Modern Heart“ geschrieben und aufgenommen wurde. „Am Ende des Sommers 2015 hatte ich das Gefühl, dass auf dem Album etwas fehlen würde. Das war der Moment, in dem ich diesen Song schrieb. Mit „Howling at the Moon“ erhält das Album etwas mehr Licht – genau das, was es nach meinem Empfinden noch brauchte. Das Lied kam mir einfach so in den Sinn. Die Melodie schrieb ich in Belgien und den Text stellte ich in Los Angeles fertig. Das Lied ist total einfach, macht aber wahnsinnig viel Spaß. Die Produzenten fügten dem Ganzen einen europäischen Touch hinzu, was das Hörerlebnis abrundet. Das Lustige ist, das viele dieser Leute, die Tropical House machen, aus Ländern wie Norwegen, Deutschland oder den Niederlanden stammen, in denen es viel regnet. Man spürt, wie sie einfach nur von Palmen und der Sonne träumen.“



Video: Milow „Howling at the moon“ Link: https://youtu.be/pUcREla9gzY






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Web:

www.milow.com

www.facebook.com/MilowOfficial


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