Françoiz Breut - Zoo

Le Pop / Groove Attack
VÖ: 18.03.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 10/10
10/10

Schön vage

Ihre Chansons gleichen dem von ihr Gemalten, oder das von ihr Gemalte gleicht ihren Chansons. Wie man es auch dreht – Françoiz Breut weiß wohl selbst nicht mehr, ob sie zuerst eine der inspirierendsten Stimmen der zeitgenössischen französischen Musik war oder die Illustratorin leicht gruseliger Kinderbücher. Die Farben ihrer Bilder sind verblichen, das Grün in ihnen hat eher etwas Gelbliches. Als sei die ganze Farbkraft, die da mal gewesen ist, aus ihren Werken gewichen. Auch ihre Songs sind unprätentiös um Gitarre, E-Piano und Percussions herum arrangiert. Sie verstecken sich. In ihren Bildern skizziert Breut Anomalien, Kinder mit übergroßen Gliedmaßen und Eierköpfen, die nicht zusammenpassen. Dort beißen Tiere mit Menschenzähnen zu und schauen etwas traurig drein.

Ebendieses Skurrile besingt sie auch. Märchenhafte Geschichten, unheimliche und weltfremde Hirngespinste. Wie ihre gemalten Figuren schleppen die Songs übergroße Schatten mit sich, als wäre wichtiger, was neben, vor oder hinter ihnen abgebildet wird. Das beschreibt diesen "Zoo". Breuts spröde Stimme, brüchig wie die von Beth Gibbons und gleichzeitig klar wie von die von Arcade Fires Régine Chassagne, trägt als Hauptfigur das schüchterne Schattenkabinett der Instrumente. Ihr zittriges Timbre verhallt in der gitarrenakustischen Mondschein-Serenade "Deep sea river", dazu werden Drei-Ton-Melodien oder wabernde Elektrosounds eingestreut.

Viel hiervon stammt von Adrian Utley, der abmischte und produzierte. Als Portishead-Gitarrist weiß er, wie das schon Zerbrechlich-Schöne mittels Verfremdung umso schöner und zerbrechlicher wird. Es ist die Faszination der Unschärfe, des nicht Augenscheinlichen, die "Zoo" so zauberhaft macht. Die elf Songs spielen nicht neuartig mit Genres, sie sind französischer Pop zwischen der Gainsbourg- und Nouvelle-Chanson-Szene. Und doch hebt sich Breut mithilfe Utleys und unerwarteter Petitessen von den anderen ab. Die Tristesse in "A pic" umschließt ein spatzenähnlicher Chor, im sagenumwobenen "Le jardin d'Eden" zwitschern echte Vögel.

Das alles klingt wie im Dämmrigen nach einigen Flaschen Bordeaux aufgenommen, wenn die Augenlider tief stehen, die Feinfühligkeit weicht, um müde, ermattet und samten zu sein. In "Morlocks und die Streunerin" legt Breut die Erzählung des Albums offen: "In unendlicher Leere will ich mich auflösen / Denn im Augenblick gefangen, bin ich untergegangen." Hier spricht aber nicht sie selbst, sondern ihre Übersetzerin Rebekka Endlers. Häufig lässt sich nicht unterscheiden, ob Streicher zu hören sind oder Synthesizer diese nachahmen. Aber auch das ist Teil von Breuts Futurismus, wenn "La danse des ombres" und "La proie" eine Art melancholischen Soundtrack zu "Raumpatrouille Orion" liefern. Die Liste der Breut-Verehrer, darunter Tindersticks, Calexico und Giant Sand, wird nach "Zoo" sicher länger.

(Maximilian Ginter)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • La danse des ombres
  • A pic
  • Morlocks und die Streunerin

Tracklist

  1. La conquête
  2. Loon-plage
  3. La danse des ombres
  4. Le jardin d'Eden
  5. Deep sea diver
  6. Zoo
  7. Ecran total
  8. A Pic
  9. L'arbre
  10. Morlocks und die Streunerin
  11. La proie
Gesamtspielzeit: 46:33 min

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Boston

2016-04-14 20:32:55

Sie hat mal einen Song mit David Delabrosse gemacht, "L'étoile du Nord", der war gut, schöne Geschichte auch. Was sie solo gemacht hat, hat mich bisher nicht so umgehauen. Sie ist ja auch eher Sängerin als Komponistin, weshalb die Songs mir eher belanglos erschienen. Aber ich werde hier mal reinhören. Wann gibt es schonmal eine Rezi einer französischen Platte?

Armin

2016-04-13 21:10:18

Frisch rezensiert.

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