The Dandy Warhols - Distortland
Caroline / UniversalVÖ: 08.04.2016
We used to be friends
The Dandy Warhols waren möglicherweise noch nie eine Band für große Meisterwerke. Sie haben jedoch für mich in vielen Lebensphasen stets den passenden Soundtrack geliefert. Damals rotierte "Thirteen tales from urban bohemia" als eines meiner ersten "Lieblingsalben" endlos auf Klassenfahrten im Discman und eröffnete völlig neue Klangwelten in den Indie-Bereich. "Welcome to the monkey house" begleitete in Form eines frivolen, falsetto-durchtränkten Synthie-Albums die selbstständigen Gehversuche weiter in die große Welt und näher zu anderen Menschen. "Odditorium or warlords of Mars" und "Earth to The Dandy Warhols" waren genauso wunderbar orientierungslos, benebelt und wirr wie die Phase vor und nach Ende der Schulzeit, als noch nicht klar schien, wo es im Leben hingeht – und das auch völlig egal war. Und was zur Hölle wollte mir die Gruppe vor vier Jahren mit "This machine" eigentlich sagen? Dass mein Leben langweilig und vorhersehbar geworden sei und ich doch bitte die passende Musik dazu hören sollte? Wenn nun ihr neues Album "Distortland" dementsprechend meine aktuelle Lebensphase widerspiegeln soll, wird es wohl langsam Zeit, einen Therapeuten aufzusuchen.
Dass die Band jedem gerne ans Bein pinkelt, der es wagt, einen weiteren Hit wie "Bohemian like you" auf ihren Alben zu erwarten, ist keine Neuigkeit mehr. Allerdings hat noch kein The-Dandy-Warhols-Album so dermaßen neben der Spur begonnen wie dieses. Es könnte sein, dass das Courtney Taylor-Taylor ist, der sich durch die ersten beiden Tracks nuschelt, aber sicher ist es nicht. Der Opener "Search party" erinnert mit seinem Hippie-Trommelkreis entfernt an das glücksselig taumelnde "The world come on", nur noch verschwommener und vager im Arrangement. "Semper fidelis" marschiert dagegen unbeeindruckt im Rhythmus völlig im Dunkeln ohne Höhen und Tiefen, sorgt für ungläubiges Kopfkratzen und die Frage, ob die Band tatsächlich weiterhin clean geblieben ist.
"Chauncey P vs. all the girls in London", 2015 bereits als Single erschienen und auf "Distortland" mit leicht verkürztem Titel und neuer Aufnahme enthalten, landet als geradliniger Rocker mit Ach und Krach im Mittelmaß. Was man vom direkten Vorboten "You are killing me" wahrlich nicht mehr behaupten kann. Die biederen Riffs könnten auch unverändert unter einem Song von Wolle Petry laufen, die "Lyrics" und "Vocals" grenzen so sehr an Arbeitsverweigerung, dass man sie nur noch in Anführungszeichen setzen kann. Ein sicherer Anwärter auf ihre bisher schlechteste Single. Früher erfreuten sich The Dandy Warhols an ihrer Planlosigkeit und formten sie um in spaßige, schwirbelnde Psychedelik. Heute funktioniert all das nicht mehr. Was bleibt, ist eine Aura von Ausgebranntheit. Es ist erschreckend, dass die vier zurückliegenden Jahre gerade mal 33 Minuten Musik ergeben haben, von denen noch weniger wirklich hörenswert sind.
Ehrenrettung betreiben wenigstens ein paar Tracks. "Pope Reverend Jim" reitet seinen Surfrock recht erfolgreich durch die Gegend auf etwas, das wie der Loop am Ende von Fatboy Slims "The Rockafeller skank" klingt. "Catcher in the rye" ist angenehm verschlurft und geht ins Ohr. Sogar die beiden Opener sind nach mehreren Durchläufen wenigstens auf irgendeine Art und Weise interessant, ähnlich den verpeilten Odysseen von "Earth to The Dandy Warhols". Und mit "Doves" hat "Distortland" gegen Ende einen ganz und gar wundervoll leichten Track im Gepäck, der sich als eine verträumte Version des "Rave-up" vom seligen Debüt präsentiert. Aber der bittere Geschmack der Enttäuschung bleibt. Angesichts meiner jahrelangen Irritation über das 6/10-Abo der Band ist es blanke, böse Ironie, dass ich nun höchstselbst für dessen Aufkündigung in die falsche Richtung sorge. Im finalen Tiefpunkt "The grow up song", einem schlechten Rip-Off des "Monkey house"-Titeltracks, beendet Taylor-Taylor das Album mit dem Worten "I've got to admit, I'm too old for this shit." Und so, liebe Dandy Warhols, haben wir am Schluss doch wieder zusammengefunden. Denn für diesen Scheiß fühle ich mich ebenfalls zu alt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Pope Reverend Jim
- Catcher in the rye
- Doves
Tracklist
- Search party
- Semper fidelis
- Pope Reverend Jim
- Catcher in the rye
- STYGGO
- Give
- You are killing me
- All the girls in London
- Doves
- The grow up song
Im Forum kommentieren
Felix H
2016-06-16 11:27:08
Auf der CD ist übrigens noch ein 30-sekündiger Hidden Track, "The Wizard Of Oslo". Macht den Bock aber auch nicht fett.
Habe noch mal mit zeitlichem Abstand das Ding gehört. Das Grundproblem sind nicht die Songs an sich (höchstens bei "Killing" und "Grow Up", auch nicht die Produktion (die ist sogar besser, klarer als vorher).
Es liegt an den Arrangements. Die Stücke werden so schlaff und energielos gespielt, besonders beim Opener oder "STYGGO" wäre sehr viel mehr drin gewesen.
Mich wundert es über alle Maßen, dass ausgerechnet diese Platte die besten Kritiken für die Dandy Warhols seit Ewigkeiten bekommt. Popmatters, Drowned In Sound geben 7, der ME 4,5/6 Sterne. Ich würde mittlerweile vielleicht eine 5 geben, das war's aber auch schon.
Quottja
2016-04-08 22:18:40
Zwar kein Vergleich mit ihren ersten tollen vier Alben, aber doch nicht sooo schlecht. Vier Punkte sind wirklich ein bisschen unfair, ich würde sechs geben (naja, fünfeinhalb...)
Demon Cleaner
2016-04-07 11:30:14
asdf
2016-03-31 10:07:34
4 punkte ist schon hart. andererseits sind die vorabsongs bisher wirklch nicht so geil...
Armin
2016-03-30 22:30:29
Frisch rezensiert.
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