The Paper Kites - Twelvefour

Nettwerk / Soulfood
VÖ: 08.01.2016
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Nächtlicher Hormonrausch

Gehen Ryan Adams, The War On Drugs und Kings Of Convenience zusammen ins Studio ... Ok, ein guter Witz wird da nicht wirklich draus, aber dafür eine ziemliche präzise Beschreibung dessen, was man bei den ersten Klängen des zweiten Albums der australischen Indie-Kapelle The Paper Kites denkt. Mit "Twelvefour" schicken sich die fünf doch glatt an, direkt auf der Kandidatenliste fürs erste Lieblingsalbum 2016 zu landen.

Wunderschön atmosphärisch kommen die Songs angeschwebt, hüllen einen nach und nach ein in dichte Halleffekte, in warm-knisternde E-Gitarrenpickings und den sanften Gesang von Sam Bentley, dessen Stimme an Joey Ryan von den Milk Carton Kids erinnert. Dabei schaffen es die fünf, Americana-Fans genauso zu begeistern wie 80ies-Liebhaber, so zielsicher mäandern die Songs zwischen Country-Melodien und wavelastigen Synthie-Passagen dahin. Die Platte, zu der die Band parallel eine Making-Of-Dokumentation veröffentlichte, wurde als Konzeptalbum komplett in den Stunden zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens geschrieben, was den Songs ihren ganz eigenen, entrückten Charakter verleiht.

So entführt die zweite Singleauskopplung "Revelator eyes" den Hörer direkt in die nächtlichen Disko-Nebelschwaden, schmissiger "Dancing in the dark"-Beat und reduzierte Gitarrensprengsel laden zum Tanzen ein – auch bei Tageslicht. Mehr schunkeln als tanzen möchte man bei den Country-Nummern "I'm lying to you cause I'm lost" und "Woke up from a dream", die an die frühen Wilco erinnern. Bei dem ätherischen "Renegade" erfasst einen die gleiche diffuse Sehnsucht, die schon The War On Drugs mit ihrem letzten Langspieler "Lost in the dream" induzierten. Dazwischen ruhige, bittersüße Tracks wie "Neon crimson", "A silent cause" und "Turns within me, turns without me", bei denen sich der Vergleich mit Kings Of Convenience förmlich aufdrängt, Christina Lacy steuert hier die Harmonien zu Bentleys Gesang bei und verleiht den Songs damit genau die richtige Portion Folk. Die elegische Sechs-Minuten-Nummer "Too late" lässt das Album schließlich würdig mit Piano und heulender E-Gitarre ausklingen.

Normalerweise wird Oxytocin ja nur ausgeschüttet, wenn wir unmittelbaren Hautkontakt erleben – "Twelvefour" schafft es aber scheinbar, das Kuschelhormon ganz ohne Ringelpiez fließen zu lassen, die Sorgen aus den Gehirnwindungen zu spülen und selbst den grauesten Tag noch versöhnlich zu stimmen. Mühelos grandios und so gar nicht übernächtigt fällt das "schwierige zweite Album" bei den Paper Kites aus. Und hallt auch noch lange nach, wenn die Sonne wieder aufgegangen ist.

(Martina Bähring)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Electric indigo
  • Revelator eyes
  • Renegade
  • Too late

Tracklist

  1. Electric indigo
  2. Renegade
  3. Bleed confusion
  4. Revelator eyes
  5. Neon crimson
  6. I'm lying to you cause I'm lost
  7. A silent cause
  8. Woke up from a dream
  9. Turns within me, turns without me
  10. Too late
Gesamtspielzeit: 43:30 min

Im Forum kommentieren

Lars Tøve Rasmussen

2018-05-31 11:26:57

Zu Unrecht unbeachtet. Sehr hörenswertes Album.

Armin

2016-01-20 22:10:48

Frisch rezensiert!

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