Donnie Trumpet & The Social Experiment - Surf

Self-released
VÖ: 28.05.2015
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Kopf hoch, tanzen

Auf Chancelor Bennett wartet die Welt. Oder mehr noch: Sie liegt ihm zu Füßen. Der als Chance The Rapper bekannte 22-Jährige wird seit Veröffentlichung seines ersten Mixtapes "10 day" als Wunderkind des HipHop bejubelt, als Naturtalent, als Golden Boy. Alle wollen sie mit ihm arbeiten – Madonna, Action Bronson, James Blake oder auch Lil Wayne haben es bereits geschafft. Mit seinem zweiten Mixtape "Acid rap" gelang ihm 2013 der endgültige Durchbruch, seitdem wartet die Welt. Auf jede neue Single, die alle Erwartungen übertrifft und mit Lorbeeren überschüttet wird. Vor allem aber auf ein richtiges Album, das der Junge aus Chicago seinen Fans noch immer schuldig ist. Und was macht Chance The Rapper? Veröffentlicht einfach mal spontan das lange angekündigte, aber immer wieder verschobene "Surf" in Kollaboration mit Donnie Trumpet & The Social Experiment. Natürlich für lau.

Richtig: Ein Album von seinem Freundschafts-Projekt mit dem Trompeter und Produzenten Nico Segal alias Donnie Trumpet, auf dem sein eigener Name dennoch nicht vorne draufsteht und auf dem er nur auf neun der insgesamt 16 Songs zu hören ist. Das Wunderkind scheint nicht viel auf die Lobeshymnen zu geben und hebt sich nicht hervor. Stattdessen rappt und singt er auf "Surf" mit ein paar anderen Wunderkindern zusammen, alten wie neuen: BJ The Chicago Kid und Noname Gypsy treffen auf Raury und Janelle Monáe, um anschließend mit Erykah Badu einen Tee trinken zu gehen. "Surf" ist zudem nicht einfach nur ein HipHop-Album. Hier passiert vieles: Jazz, Pop, Soul, Blues. Weltmusik. Musik für den Einzelnen. Musik für alle. Jung und alt wurden berührt von der ersten Single "Sunday candy" in Zusammenarbeit mit Jamila Woods, bei der nicht nur das hervorragende Video zu überzeugen wusste, sondern vor allem auch die Mischung aus Gospel, Musical und Big Band. Bei Donnie Trumpet & The Social Experiment bleibt eben keiner vor der Tür.

Auch das ist eine Besonderheit des Albums. Haben sich besonders im Jahr 2015 viele HipHop-Künstler auf den nach wie vor stattfindenden Konflikt zwischen zwei Gesellschaftsgruppen – oder mehr – konzentriert, laden Chance & Co. einfach alle in ihre Hütte ein. Die Freude steht an erster Stelle, reden und eine Lösung finden können wir dann immer noch in Ruhe. Miteinander statt gegeneinander. "Just wait" etwa startet mit einer irren und bläserstarken Tanzparty durch, um dann einen Gang runterzuschalten, damit man sich eine Runde aneinanderkuscheln kann. Im quirligen Sunshine-Rap von "Wanna be cool" bestärken sie ihren Hörer darin, immer auf das eigene Herz zu hören und sich selbst treu zu bleiben. Dabei schaffen es Donnie Trumpet & The Social Experiment auch gleich mal, dass der nach wie vor nicht konstant gute Big Sean punktgenau eine seiner besten Arbeiten ablegt. Aufhorchen lässt hingegen der Gastpart vom wie immer rasanten Busta Rhymes, der in "Slip slide" die Marschkapelle rund um Janelle Monáe anführt.

Wütend dürfen eben die anderen Rapper sein. Rief Kendrick Lamar mit "To pimp a butterfly" zum Gefecht auf, tanzen Donnie Trumpet & The Social Experiment mit Blumenketten durch die Massen und verteilen kostenlose Umarmungen. Auch das muss mal sein, ihre Nachrichten bringen sie eben auf diese Weise unter die Leute. In "Familiar" kritisieren sie den übertriebenen Schönheitswahn junger Mädchen und holen sich dafür King Louie und Quavo vom Rap-Trio Migos ins Boot. Das Album-Highlight "Windows" hingegen präsentiert Chance The Rapper als nachdenklichen Erzähler, der die eigene Wirkung auf seine Fans kritisch hinterfragt: "Don't you look up to me / Don't trust a word I say / Don't you end up like me / If you learn one thing today." Die Botschaft ist eindeutig: Benutzt Euren Kopf und macht Euer eigenes Ding. So wie es auch Erykah Badu stets getan hat, die im reduzierten, aber starken "Rememory" einen Kurzauftritt als sorgende Mutter hat, die ihre Hand über den Schützling legt und ihn nach einem langen und anstrengenden Tag willkommen heißt. Angekommen. Daheim. Umgeben von allen. Hier bleibt keiner vor der Tür.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Miracle
  • Windows (feat. BJ The Chicago Kid & Raury)
  • Familiar (feat. King Louie & Quavo from Migos)
  • Rememory (feat. Erykah Badu & Ady Suleiman)
  • Sunday candy (feat. Jamila Woods)

Tracklist

  1. Miracle
  2. Slip slide (feat. B.o.B., BJ The Chicago Kid, Busta Rhymes, Janelle Monáe & Ady Suleiman)
  3. Warm enough (feat. J. Cole & Noname Gypsy)
  4. Nothing came to me
  5. Wanna be cool (feat. Big Sean, Jeremih & Kyle
  6. Windows (feat. BJ The Chicago Kid & Raury)
  7. Caretaker (feat. D.R.A.M.)
  8. Just wait
  9. Familiar (feat. King Louie & Quavo from Migos)
  10. SmthnthtIwnt (feat. Saba)
  11. Go (feat. Jesse Boykins III, Mike Golden & Joey Purp)
  12. Questions (feat. Jamila Woods)
  13. Something came to me
  14. Rememory (feat. Erykah Badu & Ady Suleiman)
  15. Sunday candy (feat. Jamila Woods)
  16. Pass the vibes (feat. Eric Butler)
Gesamtspielzeit: 51:54 min

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