Sunn O))) - Kannon

Southern Lord / Soulfood
VÖ: 04.12.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Monument mal

Ach wie schön: Es gibt doch immer wieder Musikstile, mit denen man beim eher unbedarften Mithörer Rat- bis Fassungslosigkeit provozieren kann. Drone zum Beispiel. Wenn selbst eine durchaus etablierte Metal-Gazette, deren Name hier aus Diskretionsgründen unerwähnt bleiben soll, noch vor wenigen Jahren völlig hilflos an der Aufgabe einer adäquaten Konzertrezension scheiterte, dann sollte das auch bei Nicht-Kennern Neugier wecken. Und auch wenn das Genre für so manchen klingt, als schlügen die Musiker einen Akkord an, drehten den Verstärker auf 11 (mindestens!) und gingen dann bis zum nächsten Akkord in die Kneipe nebenan, haben insbesondere die Pioniere von Sunn O))) in der Vergangenheit Großartiges geleistet. Sei es nun die letzte Studioplatte, das mit bösartigem Black Metal durchsetzte "Monoliths & dimensions", oder "Soused", die vorzügliche Kooperation mit dem nicht minder schrägen Scott Walker.

Doch natürlich wollen Stephen O'Malley und Greg Anderson, die kreativen Köpfe hinter Sunn O))), auf jeden Fall jedwede Eingängigkeit vermeiden, mit jeglicher Form althergebrachter Songstruktur brechen. So ist es wahrlich nicht überraschend, dass auch "Kannon", das siebte reguläre Album neben einer Vielzahl von Kooperationen, im Grunde genommen nicht in Worte zu fassen ist. Auch wenn O'Malley und Anderson die drei schlicht "Kannon 1" bis "Kannon 3" betitelten Stücke in ein Konzept um ebenjenes gottähnliches Wesen einkleiden, einen auch unter "Guanyin" bekannten weiblichen Bodhisattva. Machen wir's kurz: Dieses Konzept entschließt sich dem Hörer in keiner Weise. Und nehmen wir zu Gunsten der Künstler einmal an, dies sei gewollt.

Auf jeden Fall ist es erst einmal naturgemäß gewollt, dass sich gleich zu Beginn von "Kannon 1" das von Sunn O))) gewohnte Klanggebirge aufbaut. Sich langsam ähnlich verdichtet wie der Nebel, in den sich die Herren bei ihren Live-Auftritten hüllen. Und dabei immer undurchdringlicher wird. Wie eine Drohung auf dem Pfad ins Ungewisse zerren die leise geknurrten, gefauchten, geflüsterten Vocals des Black-Metal-Veteranen Attila Csihar an den Nerven. Musik, die fordert, die alles abverlangt, die gespürt statt lediglich gehört werden will. Der zweite Teil hingegen beginnt mit enervierenden Feedback-Orgien, ohne erkennbar voranzuschreiten, bis Csihar wie ein unheiliger Mönch zu predigen beginnt. Ja, das ist anstrengend, das ist nervenzerfetzend – aber es zeigt eben auch O'Malley und Anderson gewohnt kompromisslos bei der Durchsetzung ihrer musikalischen Vision.

Eine Vision, die beim abschließenden dritten Teil ihren Höhepunkt erlebt. Denn hier vereinigen sich scheinbar unvereinbare Elemente, treffen O'Malleys Gitarrenwände doch auf eine Produktion, die nicht nur im Genre ihresgleichen sucht. Plötzlich bekommt das Dickicht Struktur – es sind nur wenige Noten, die O'Malley auf meisterhafte Weise immer wieder bis zum Zerreißen dehnt, mit ihnen spielt und dabei Schicht um Schicht auftürmt. Und doch kann "Kannon" nicht ganz diese Faszination bieten, die beispielsweise "Monoliths & dimensions" zu entfesseln imstande war. Denn – so absurd es angesichts nur dreier Songs auf der Trackliste auch klingen mag – Sunn O))) nehmen sich zu wenig Zeit. Ein ums andere Mal bleiben Pfade in den Soundscapes unerforscht, werden Kompositionsstränge nicht zu Ende ausgearbeitet. Betrachtet man die für ein Album sehr kurze Spielzeit, wäre hier deutlich mehr drin gewesen. Das ist zwar immer noch weit besser, weil konsequenter als bei so vielen anderen selbst ernannten Visionären. Den selbst gesetzten Standard können Sunn O))) mit "Kannon" nicht ganz halten. Und das ist im Grunde jammerschade für eine für sich genommen monumentale Platte.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Kannon 3

Tracklist

  1. Kannon 1
  2. Kannon 2
  3. Kannon 3
Gesamtspielzeit: 33:27 min

Im Forum kommentieren

Cinori

2019-02-28 23:47:21

So eine scheiss Gruppe. Kauft euch ne Gitarre mit Verstärker, dreht die Verzerrung voll auf und stellt die Gitarre in die Ecke. Habt ihr das ganze Album live im Zimmer.

hos

2016-01-01 19:03:50

lol. nö, trage keine genre fahne, wär mir ebenfalls zu monoton.

hos...

2015-12-16 18:15:17

...reitet stolz und aufrecht mit der wehenen indie-rock fahne in den sonnenuntergang, wippt alle 2 sekunden

hos

2015-12-15 19:53:13

musik, zu der man gefühlt vielleicht einmal pro 30 sekunden mit dem fuss wippen oder den kopf nicken kann, ist unterm strich einfach nur prätentiöser bockmist und von "visionär" in etwa soweit entfernt, wie dieter bohlen von "anspruchsvoll".

Wolfgang

2015-12-11 13:51:01

bleibe dabei, eine langweilige platte.5/10

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