Moon Zero - Moon Zero

Denovali / Cargo
VÖ: 25.09.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Wie das Pfeifen der Orgel morgens um vier

Es gibt Sätze, für die würde jeder Autor einen anderen um die Ecke bringen, nur um diese Sätze, zwei oder drei Stück, in einem Text unterzubringen. Katharina Hartwell hat in ihrem Roman "Der Dieb in der Nacht" zwei solche Sätze geschrieben: "Vergeblich wartet er auf Gesang und darauf, dass sich die Musik nach ihrem unauffälligen Einsetzen in eine fest Form wandelt, sich zu Einheiten verbindet und zu dem, was Paul als Lied definieren würde. Stattdessen verliert sie sich weiter in einem langsamen Anstieg, das, wie Paul endlich versteht, nirgendwo hinführen wird, weil es bereits ist." Und das sind vielleicht die zwei einzig wahren Sätze, die sich wirklich über einen Sound sagen lässt, wie ihn auch Tim Garratt als Moon Zero entstehen lässt. Nach verschiedenen EPs erscheint mit der selbstbetitelten Platte das Debüt des Londoner Produzenten bei Denovali, jenem Label, das mit seinen Künstlern seit einigen Jahren die Grenzen zwischen Klang und Raum auslotet.

Garratt hat Brian Eno gehört, William Basinski, Stars Of The Lid. Das merkt man. Aufgenommen hat er sein Debüt wie seine vorherigen EPs in der Kirche St George im Londoner Stadtteil Shadwell. Das hört man noch mehr. Denn innerhalb von fünf Stunden musste das Album stehen. Weswegen es hier keine Grenzen im Sound gibt, die komplette Platte zieht wie eine Prozession durch die sakralen Gänge. Langsam türmen sich die verschiedenen Loops auf, wie dunkle Wolken stehen sie in "The solipsist" im Raum, bevor zum Ende hin einzelne Versatzstücke einer Melodie sich entladen. Die elf Minuten dieses Tracks geben sowieso Katharsis und Mittelpunkt des Albums. Das Rauschen schwillt zu einer ohrenbetäubenden Fläche am Ende an, die kurz vorm Kollabieren steht. Das Ausbreiten von Sound im Raum gehört zu den Motiven dieser Platte. Wenn Garratt dann in "Nauru" die Stille noch integriert, seiner Musik weniger Platz gibt, sie komprimiert und zu einer düster-funkelnden Entität wandelt, öffnet sich dieses Album erst komplett, lädt in sein Dunkel ein.

Für Avantgarde dürfte Moon Zero zu hörbar sein, für Ambient hingegen fast zu laut. In "Heritage guilt" verbaut Garratt ein paar Loops, die sich nach Glocken anhören, nach bleiernem Ton, der seinen Hall in die Welt sendet. Es ist der einzige Moment, in dem "Moon Zero" wirklich eine Schwere bekommt. Ansonsten schlägt sich die Kürze der Aufnahmedauer nieder, alles fließt, ist hier ständig in Bewegung, von der Unruhe unterlaufen. Und genau aus diesem Grund packt dieses Album, obwohl sein Sound doch so leicht zu überhören wäre. Denn all das ist nie aufdringlich, eher dezent gezeichnet. Musik, die morgens um vier Uhr leise aus den Orgelpfeifen entweicht, während das Morgenrot langsam den Mond verschwinden lässt. Ein Album, für das es nur wenige wahre Sätze gibt. Einer davon: Es ist wunderschön, weil es einfach ist.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The solipsist
  • Nauru

Tracklist

  1. Laika
  2. Expanding into the time we have
  3. The solipsist
  4. Heritage guilt
  5. A bevan rotation
  6. Nauru
Gesamtspielzeit: 39:08 min

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Armin

2015-11-11 21:07:59

Frisch rezensiert!

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