El Vy - Return to the moon

4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 30.10.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vetternwirtschaft

Irgendetwas liegt da in der Luft zwischen The National und Menomena. Eine Freundschaft zwischen zwei Bands, die das letzte Indie-Rock-Jahrzehnt nicht gerade unwesentlich mitgeprägt haben. Die einen, The National, mit ihrem rotweingetränkten Edel-Sound, der so treffend elegische Großstadtmelancholie auf den Punkt brachte, und die anderen, Menomena, mit ihrer etwas schief gewickelten Version krachigen Experimentalpops. Vor wenigen Monaten erst erschien mit "Gunnera" das Debüt von Pfarmers, dem anderen Verbrüderungsprojekt: Bryan Devendorf und Danny Seim fanden dort zusammen und komponierten hochinteressanten Indie-Rock, der sich vor allem über seine Rhythmusverliebtheit definierte. Ganz anders, nämlich deutlich konventioneller, gehen nun El Vy ans Werk. Matt Berninger und Brent Knopf spielen hier genau die Trümpfe aus, die man auch in der Hinterhand vermutete. Das Resultat ist mit den elf Songs von "Return to the moon" zwar relativ überraschungsarm, könnte aber all jene versöhnen, denen Pfarmers zu spröde waren.

Bereits im herrlichen Titelsong, der den Reigen eröffnet, machen El Vy klar, dass ihr Kurs kaum Kurven und Abfahrten kennt, sondern den unmittelbaren Weg zum Ohr ins Auge fasst: Die Gitarre tänzelt leichtfüßig auf einem wippenden Beat und auf Berningers Stimme ist auch außerhalb seiner Stammband Verlass. In ihr verbrüdern sich Wehmut und Euphorie wie sonst kein zweites Mal. Dass er auch raubeiniger, dreckiger klingen kann, beweist er im direkt darauffolgenden "I'm the man to be". Der Sound der zweiten Single ist deutlich karger, reduzierter, staubiger und steht El Vy nichtsdestotrotz gut zu Gesicht, weil die Nummer angenehm druckvoll ist. Dies kann man bisweilen nicht von allen elf Stücken behaupten, die das dynamische Duo für die erste Platte ausgesucht hat. "Silent ivy hotel" bleibt aufs Erste ein wenig blass, was vielleicht auch an den Gespensterchören liegen könnte, die im Hintergrund ihr Klagelied anstimmen. Doch stimmungsvoll ist auch dieser Vierminüter, der insbesondere nach einigen Hördurchgängen immer eindringlicher im Gedächtnis verharrt.

Das von Piano und Drums getragene "No time to crank the sun" kommt dann wohl einem klassischen The-National-Stück am nächsten, mit seiner wolkenverhangenen Stimmung zu Beginn und den leichten Sonnenstrahlen die nach etwa zwei Minuten Licht ins Trübe bringen. Auch "It's a game" würde Berningers Hauptband gut zu Gesicht stehen. Klar wird gerade in diesen beiden Nummern, dass El Vys Sound sehr stark von seiner Stimme geprägt wird – wie könnte es auch anders sein? –, und somit die Verwandtschaft zu The National deutlich spürbarer und präsenter ist, als jene zu Menomena. "Sleeping light" bekommt sanfte Dreampop-Gitarren und Orgel-Einsätze verpasst und mausert sich zu einem wirklichen Album-Highlight, gerade weil hier doch mal ein wenig Abwechslung ins Spiel kommt. Gleiches gilt für "Sad case", einen düsteren Neo-Noir-Rocker, der mit feinem Pinsel ein dunkles Bild zeichnet. Im versöhnlich in Melancholie badenden Schlusstrack "Careless" bringen die beiden Freunde ihr Schaffen noch mal auf den Punkt: Deutlich songorientierter, zugänglicher, schattiger agieren sie in den knapp dreieinhalb Minuten. Und liefern damit genau den Stoff, dem sich Pfarmers noch verweigert haben.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Return to the moon
  • Sleeping light
  • Sad case

Tracklist

  1. Return to the moon
  2. I'm the man to be
  3. Paul is alive
  4. Need a friend
  5. Silent ivy hotel
  6. No time to crank the sun
  7. It's a game
  8. Sleeping light
  9. Sad case
  10. Happiness Missouri
  11. Careless
Gesamtspielzeit: 42:15 min

Im Forum kommentieren

Rick Lüh

2015-11-06 22:44:06

Der Titeltrack ist toll, der Rest leider nicht. Lang lebe The National!

Mister X

2015-11-06 14:33:07

gefiel mir besser als die trouble will find me

Dielemma

2015-11-06 09:10:29

Ich hoffe auch, dass sich TN wieder vom TWFM Sound lösen, war mir einfach zu viel Soundteppich, zu wenig prägnante Melodiegänge. Deshalb gefällt mir der etwas simplere Ansatz von El Vy auch ganz gut, aber über 7/10 sehe ich das Album nicht.

sugar ray robinson

2015-11-05 23:31:39

Ich find das Album sehr gelungen und erfrischend. Es tut so gut mal diese Stimme nicht im National-Kontext zu hören. Vor allem haben mich bei TN zuletzt die Drums richtig gestört. Und der Sound von TWFM war kacke. Hier vieles viel besser. Mit etwas Abstand halte ich TWFM für das schwächste TN-Album nach dem Debut (gerade so 7/10 wegen 2er Übersongs) und die El Vy sehe ich bei einer starken 8/10.

Demon Cleaner

2015-11-03 09:43:37

Hübsches Album, wenn auch kein großer Wurf. 7/10 passt sicherlich schon. Matts Stimme ist bei jeder Instrumentierung immer noch was Besonderes.

Bei PF verstehe ich nicht nur die Rezension nicht, sondern warum sie damals die Pfarmers dagegen ignoriert haben. Wohl nur, weil es der Sänger ist.

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