Queensrÿche - Condition hüman

Century Media / Universal
VÖ: 02.10.2015
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Wiedergebürt

Am Ende hatten sich dann doch alle wieder lieb. So ein bisschen zumindest. Wir erinnern uns: Gegen die Scharmützel zwischen Queensrÿche auf der einen Seite und ihrem geschassten Frontmann Geoff Tate andererseits wäre ein Rosenkrieg reine Harmonie. Wie auch immer die Streithähne es geschafft haben, sich tatsächlich außergerichtlich zu einigen, bleibt ihr Geheimnis. Auf jeden Fall besteht die Einigung darin, dass Tate die Rechte am Namen der künstlerisch auf ewig alles überstrahlenden Platte "Operation: mindcrime" behalten und als damaliger Hauptsongwriter diese legendäre Rock-Oper in Gänze live aufführen darf. Der Rest darf den Namen "Queensrÿche" und alles andere, was halt so zur Vermarktung dazu gehört, weiter nutzen. Die Fans hatten eh längst mit den Füßen abgestimmt, und die höchst unterschiedliche Qualität der 2013 nahezu gleichzeitig von verschiedenen Bands unter gleichem Namen veröffentlichten Alben "Queensrÿche" und "Frequency unknown" tat ihr übriges dazu, dass die Sympathien eindeutig gelagert waren.

Was das angeht, können Queensrÿche im Wettstreit mit ihrem Ex-Sänger nur gewinnen, zumal sich der unlängst mit seinem neuen Album zwar verbessert, aber nach wie vor als kläglicher Schatten früherer Tage zeigte. Die "Rest-Band" hingegen konnte nicht nur auf zahlreichen Festivals im Sommer mit einer großartigen Nostalgie-Show punkten, sondern präsentierte mit "Arrow of time" zugleich einen neuen Song, der sich nahtlos in die alten Klassiker einfügte. Vollkommen zu Recht also darf dieser "Condition hüman" eröffnen, und wieder ist es, als hätte es all die Enttäuschungen der vergangenen Jahre nie gegeben. Feine Gitarrenarbeit durch Michael Wilton und Parker Lundgren, die Rhythmusfraktion mit den Gründungsmitgliedern Scott Rockenfield und Eddie Jackson besticht durch in mehr als 30 Jahren antrainierte Perfektion, und der immer noch irgendwie "neue" Frontmann Todd LaTorre? Nun, LaTorre klingt immer mehr nach Geoff Tate als Tate selbst. Und genau das macht den Reiz der neu durchgestarteten Queensrÿche aus.

Klar, so ein kleiner augenzwinkernder Seitenhieb wie der Ausruf "Revolution calling" bei "Guardian", ist immer noch drin. Ansonsten gelingt es der Band von der ersten bis zur letzten Note, die Energie der frühen Jahre in die Neuzeit zu transportieren. Jeder, wirklich jeder Song atmet den Geist einer längst vergangenen Zeit, in der "The warning" oder "Rage for order" den Metal mit ihrer progressiven Note revolutionierten. Und der 1974 geborene Todd LaTorre als Teenager vor dem Spiegel seinen Idolen nacheiferte. Sei es nun das giftig riffende "Hellfire", das getragene "Selfish lives" oder das im Stil des Megasellers "Empire" daherperlende "Hourglass" – Queensrÿche huldigen ihrer Vergangenheit, ohne sich mit rückwärtsgewandter Attitüde in Nostalgie zu suhlen.

Denn nachdem das peitschende "All there was" noch einmal eindrucksvoll zeigt, dass die Herren aus Seattle tatsächlich wieder Metal in Reinform spielen – den etwas arg plakativen Umlaut im Albumtitel hätte es dazu gar nicht gebraucht – beweist das Titelstück, dass Queensrÿche in Bestform wieder zur absoluten Spitzenklasse ihres Genres zu zählen sind. Nach balladesk-dramatischem Beginn baut sich der Song langsam einen phänomenalen Spannungsbogen auf, um dann in einen Mittelteil zu kulminieren, den auch überragende Mitbewerber wie Fates Warning nur wenige Male im Leben zu schreiben imstande sind. Ohne weiß Gott hochklassige Musik wie "Bulletproof" oder "Hourglass" zu Wartemusik degradieren zu wollen, aber dieses Geschenk eines Songs alleine ist jeden verdammten Cent wert. Was "Queensrÿche" also schon andeutete, setzt sich mit "Condition hüman" weiter fort: Die Band wirkt nach Tates Abgang wie von einer Last befreit. Und belohnt sich mit einem neuen Frontmann, der wie ein Jungbrunnen wirkt. Schön, die Helden der Jugend wieder auf dermaßen hohem Niveau erleben zu können.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Arrow of time
  • All there was
  • Condition hüman

Tracklist

  1. Arrow of time
  2. Guardian
  3. Hellfire
  4. Toxic remedy
  5. Selfish lives
  6. Eye9
  7. Bulletproof
  8. Hourglass
  9. Just us
  10. All there was
  11. The aftermath
  12. Condition hüman
Gesamtspielzeit: 53:26 min

Im Forum kommentieren

albumder woche?

2015-10-11 09:51:51

technisch sicher gut. wirkt allerdings nicht wirklich.

typischer oldschool metal halt.

Nobrac

2015-10-10 23:44:02

Klingt wie Bon Jovi mit Prog-Anteilen. Also gut.

The MACHINA of God

2015-10-06 16:06:43

Stimmt, weil hier jeder den gleichen Geschmack hat. Naja, hauptsache du fühlst dich bestätigt in der Ungerechtheit der PT-Welt.

@Machina

2015-10-06 15:26:14

Das ist es, was ich mit "Erstaunlich, soviel Geschmack hätte ich PT nicht zugetraut." gemeint habe.

The MACHINA of God

2015-10-06 14:31:38

Grad reingehört. Gar nicht meins. Puh.

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