Soulfly - Archangel

Nuclear Blast / Warner
VÖ: 14.08.2015
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Eine schrecklich laute Familie

Beginnen wir mit einer steilen These: Vermutlich gibt es Momente, in denen Marc Rizzo sich entsetzlich einsam vorkommen muss. Gepaart mit real existierender Angst um seinen Job. Denn angesichts der jüngsten Besetzungswechsel im ohnehin durchaus volatilen Bandgefüge von Soulfly könnte man allmählich auf die Vermutung kommen, Bandoberhaupt Max Cavalera habe seinem Leadgitarristen Rizzo nur deswegen noch nicht den Verstärker vor die Tür gestellt, weil in der brasilianischen Großfamilie um den immer noch gerne mit dem Zusatz "Ex-Sepultura" attributierten Chef kein geeigneter Nachfolger vorhanden sei. Was man von den Posten am Bass und am Schlagzeug nicht eben behaupten kann, werden diese Plätze doch mittlerweile von den Cavalera-Sprösslingen Zyon (Schlagzeug) und Max Jr. (Bass) eingenommen. Und das bei aller Lästerei durchaus talentiert, doch dies nur am Rande.

Nun wäre Max Cavalera nicht Max Cavalera, bestünde "Archangel", tatsächlich das zehnte Album seit dem ominösen Split von der so einflussreichen Urprungsband, aus lauschiger Hausmusik. Ganz im Gegenteil. Nur gilt es dabei zunächst, dass unfassbar prollige und darüber hinaus unfassbar schlechte "We sold our soul to metal" zu überstehen, bis die Matte des Hörers – so vorhanden – wieder die vertraute Schüttelbewegung einnehmen darf. Und zu schütteln gibt es reichlich, nimmt doch spätestens der Titelsong nach einem Cavalera-typischen, getragenen Riff anständig Fahrt auf. So richtig Lust auf einen zünftigen Moshpit macht allerdings erst "Sodomites", das mit einem barbarisch groovenden Riff nebst den viehischen Vocals von Gastsänger Todd Jones in etwa so viele Steine auf den anderen lässt wie im besungenen biblischen Kiez nach der ultimativen Maßregelung von ganz oben.

Das gefällt allerdings auch Cavalera so gut, dass er das gleiche Experiment beim folgenden "Ishtar rising" erneut durchzieht. Natürlich ist das großes Riffkino, aber etwas mehr Variabilität darf's da schon gerne sein. Wie in "Live life hard!" beispielsweise. Denn auch wenn der Gesang von Matt Young, dessen hochtoniges Gequieke an eine angestochene Wildsau kurz vor dem Exitus erinnert, ziemlich abartig daherkommt, ist diese Eruption ein wunderschönes Beispiel dafür, dass sich Experimentierfreude lohnt und einen sehr feinen Reizpunkt setzt. Ein Reizpunkt wohlgemerkt, der durchaus angebracht ist, denn spätestens hier ist klar, dass "Archangel" den Härtegrad gegenüber dem nicht eben verweichlichten Vorgänger "Savages" nochmals anzieht.

Machen wir uns dennoch nichts vor: Ein Innovator wird Max Cavalera nicht mehr. Muss er auch nicht mehr, denn eine Platte wie "Roots" schreibt man dann halt doch nur einmal im Leben. Was "Archangel" dennoch ein ums andere Mal fehlt, sind zündende Ideen, die das teils wüste Geballer aus dem Status "Knallt gut, aber das war's dann auch" herausheben. Die dissonanten Bläser bei "Bethlehem's blood" wären so ein Beispiel, doch schleicht sich durchaus der Gedanke ein, dass es Kleinigkeiten sind, über die man sich hier freut. Im Gegenteil, mit fortlaufender Dauer der eh nicht eben üppigen Spielzeit wird immer deutlicher, dass sich der Brasilianer allmählich mit seinen diversen Projekten zu verzetteln beginnt. Sei es, wie es sei – schlecht ist "Archangel" deshalb noch lange nicht; für den gepflegten Circle-Pit reicht's allemal noch. Und ein zünftiger Vater-Sohn-Pogo hat ja auch was.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sodomites
  • Live life hard!

Tracklist

  1. We sold our souls to metal
  2. Archangel
  3. Sodomites
  4. Ishtar rising
  5. Live life hard!
  6. Shamash
  7. Bethlehem's blood
  8. Titans
  9. Deceiver
  10. Mother of dragons
Gesamtspielzeit: 36:44 min

Im Forum kommentieren

Demon Cleaner

2015-08-15 14:24:50

Von den ersten dreien die beste und eine Steigerung zum schwachen Debüt, aber ich mag den leichten Nu-Metal-Einschlag darauf nicht so. Will sagen: Ich finde sie ganz gut, aber die drei genannten schon um einiges besser.

jump da f*ck up

2015-08-15 14:01:30

"Primitive" war für dich keine gute Platte?

Demon Cleaner

2015-08-15 09:26:13

Sehr solides Album, zumal die kurzen Songlängen der Dynamik mal ganz gut tun. (War schon bei "Omen" so, fand ich.) Ob es zu den besseren Soulfly-Alben zählt (für mich "Prophecy", "Conquer" und "Omen"), wird sich zeigen.

...

2015-08-14 21:31:39

Das You Suffer Cover klingt genau so wie man sich das vorstellt.
Was ich mir so gar nicht vorstellen kann ist, wie einer von den Nails im Soulfly-Kontext klingt.

wilson

2015-08-14 21:25:58

haha...und dann covern sie ausgerechnet "you suffer"

https://www.youtube.com/watch?v=ybGOT4d2Hs8

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