Vince Staples - Summertime '06
Def Jam / UniversalVÖ: 06.07.2015
Vorbei ist vorbei
Was war noch mal 2006 so los? Die Welt zu Gast bei Freunden, natürlich. Das aber dürfte Vince Staples einen feuchten Kehricht interessiert haben, Berichte über seine Soccer-Affinität sind zumindest nicht überliefert. Der US-Rapper aus Long Beach, Kalifornien war zu dieser Zeit nicht älter als 13 Jahre – und damit gerade mittendrin in den ersten Zügen der Pubertät, geplagt von Dauererektionen und ersten Exzessen. Kein Wunder, dass sich der Immer-noch-Bubi auf seinem ersten Studioalbum diesem Lebensabschnitt voller Unbeschwertheit widmet, möchte man meinen – hier allerdings ist es genau entgegengesetzt, und Staples stellt sich der eigenen Misere seiner Jugendzeit, die weit über die üblichen Probleme von Jung-Adoleszenten hinausgehen. Nach der VÖ seiner ersten Solo-EP "Hell can wait" letzten Sommer betritt der gehypte Newcomer mit "Summertime '06" erstmals Langspieler-Terrain. Mit 20 Tracks und einer Spielzeit von einer knappen Stunde liefert der Amerikaner ein veritables Doppel-Album-Debüt.
Mit "Señorita" konnte Staples bereits mit einer Vorab-Single überzeugen: Das düstere Piano halb im Hintergrund, halb im Vordergrund des brummenden Breakbeats zeugt von der Verleitung Staples zum Mord. Seine Neunmillimeter im Anschlag, lässt er sich von seiner "Mamacita" hinreißen abzudrücken. Auch das wenig beschwichtigende Video zur Single raubt den Atem. Bevor "Summertime '06" aber für so viel Schmerz bereit ist, leitet es mit "Lift me up" zunächst dort ein, wo die Ansätze des in "Señorita" Beschriebenen sitzen. Staples erklärt seine Herkunft, seine Geschichte, begibt sich eben zurück ins besagte Jahr und parliert von der eigenen Depression: "See, this weight is on my shoulders, pray Jehovah lift me up / And my pain is never over, pills and potions fix me up / I just want to live it up, can a motherfucker breathe?" Das folgende "Norf norf" heißt die Zuhörer schließlich willkommen: "Welcome to Long Beach."
Auch zum Ende der ersten CD, in "Summertime", lässt Staples die Bedrückung nicht los. Er trauert seiner Verflossenen hinterher: "This could be forever, baby", heißt es umgeben von trauigem Glockenspiel und aus der Ferne kreischender Orgel. Doch die Hoffnung des Rappers bleibt unbeantwortet. Auf der zweiten Disk gelingt es Staples erstmals, der Düsterkeit zu entfliehen, so beispielsweise in "Surf", welches mit Bongos im Hintergrund eher manisch denn depressiv daherkommt. Schließlich kommt es zu Staples' Akzeptanz der eigenen Gang-Vergangenheit – "Street punks" verherrlicht die guten alten Zeiten auf der Straße und drückt dem Hörer mit seinem dicken Beat das Nicken in den Nacken.
Der 22-jährige HipHopper schafft es auf "Summertime '06", eine anschauliche Rückschau auf das eigene Dasein für den Rezipienten offenzulegen und zeugt von den Wunden eines jungen Mannes, der viel zu früh erwachsen werden musste. Sicherlich trifft Staples damit das Lebensgefühl einer ganzen Generation in den Staaten, andererseits aber sei es ihm gegönnt, dass er seinen Frieden mit dem Vergangenen offenbar machen durfte. Mit dem Album schlägt Staples das Kapitel zu und lässt es als mahnendes Beispiel für jüngere Generationen in musikalischer Form zurück.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Lift me up
- Señorita
- Summertime
- Street Punks
Tracklist
- CD 1
- Ramona park legend pt. 1
- Lift me up
- Norf norf
- Birds & bees (feat. Daley)
- Loca
- Lemme know (feat. Jhené Aiko, DJ Dahi)
- Dopeman (feat. Joey Fatts, Kilo Kish)
- Jump off the roof (feat. Snoh Aalegra)
- Señorita
- Summertime
- CD 2
- Ramona park legend pt. 2
- 3230
- Surf (feat. Kilo Kish)
- Might be wrong (feat. Haneef Talib aka GeNNo)
- Get paid (feat. Desi Mo)
- Street punks
- Hang n' bang (feat. A$ton Matthews)
- C.N.B.
- Like it is
- '06
Im Forum kommentieren
The MACHINA of God
2024-05-31 16:36:35
Auch in Summertime '24 ein grandioses Album.
Affengitarre
2021-06-13 18:44:44
Super kühles Album. Diese dunklen, lässigen Produktionen sind klasse und Staples passt super dazu.
The MACHINA of God
2019-09-06 15:55:36
Ach Mist, dazu wollte ich immer Sommer mal ne Session machen... nun ist der vorbei. Buhuu!
Plattenbeau
2018-11-05 19:37:37
Für ein modernes Hip Hop-Album schon ganz cool. Abwechslungsreiche, kreative und angenehm düstere Beats. "Surf" ist ein Killer.
MopedTobias (Marvin)
2018-11-05 19:01:44
Jump off the roof ist hier mein Fave.
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