Cro - MTV unplugged (Premium edition)
Chimperator / Groove Attack / UniversalVÖ: 03.07.2015
Schnellschuss mit Platzpatronen
Erst 2012 eroberte ein gewisser rappender Pandabär mit "Raop" die Charts. Seitdem folgte mit "Melodie" zwei Jahre später ein weiteres Album mit hohen Platzierungen. Trotz dieser eigentlich recht jungen Karriere ist bereits fast alles über den 25-jährigen Rapper Cro bekannt. Ein großer Geschichtenerzähler ist er sicherlich nicht, Spaß ist sein wohl größtes Anliegen, und auch wenn manch einer seine Lieder am liebsten als anspruchsloses Gedudel abtun würde, summt doch fast jeder noch gegen Nachmittag die Melodien mit, die er um zehn im Autoradio, im Supermarkt oder im Büro gehört hat. Nun geht der steile Aufstieg mit "MTV unplugged" scheinbar weiter, wird Cro doch so mit Pearl Jam, Kiss oder Oasis in eine Reihe gestellt.
Im Gegensatz zu diesen Größen kann er jedoch weder auf eine lange Bühnenkarriere noch auf ein großes Repertoire an Hits zurückgreifen, und beides merkt man "MTV unplugged" stark an. Dass Cro offenbar nicht die geborene Rampensau ist, fällt lediglich stellenweise durch das naturgegebene Mitkreischpotenzial von Songs wie "Hi kids" nicht stark ins Gewicht. Ansonsten fragt man sich ab und an wegen mangelnder Ansprachen, Anekdoten oder sonstiger Interaktion mit dem Publikum sowie den zahlreichen Gästen wie Max Herre oder Haftbefehl, ob es sich hier tatsächlich um ein Live-Konzert handeln kann. Bestätigung findet man nur im ab und zu eingestreuten "Stuttgaaaaart", und auf die Information hätte man auch verzichten können. Die Stimmung und den Sog, den ein Konzert im besten Fall erzeugt, kann "MTV unplugged" jedenfalls keineswegs vorweisen, wozu auch die hinten angefügten Clips keinen Beitrag leisten.
Die Gastauftritte sind generell recht ambivalent zu betrachten, was vor allem angesichts der Prinzen zu verdeutlichen ist. Erst geben sie ihren Klassiker "Millionär" erstaunlich blutlos zum Besten, dann steigern sich plötzlich die Zeilen "Deswegen werd' ich lieber Popstar / Und schwimm in meinem Geld" mittels eines repetitiven "Geld" in "Einmal um die Welt", Die Prinzen unterstützen Cro, Streicher setzen ein, das Publikum kreischt, klatscht, jubelt, die Nummer wird erfrischend energisch zu Ende gebracht, und der Auftritt hat ein echtes Highlight. Leider ist dies auch beinahe das einzige, das in Erinnerung bleibt. "Bye bye" gerät gegen Ende von CD 1 sehr atmosphärisch und sticht so aus der zweiten Hälfte qualitativ deutlich heraus. Diese ist zwar wegen der höheren Single-Dichte noch die beste des Albums, aber selbst Cro-Fans müssen sich wohl fragen, worin der große Mehrwert von "Whatever" und "Traum" gegenüber den Studioversionen denn bitte liegen soll, der den Kauf nun rechtfertigt.
Als größtes Problem stellt sich für Cro allerdings immer noch heraus, dass er eben noch nicht für ein Set aus zehn Platten auswählen kann oder wenigstens ein so guter Songwriter ist, dass die vorhandenen über genügend Qualität verfügen, um ein abendfüllendes Programm auf die Beine zu stellen, das nicht nur die treuesten Gefolgsteenies zufriedenstellt. Denn zwischen den eben angesprochenen Songs, die wenigstens niemandem wehtun, befinden sich auf der Gesamtdauer von mehr als anderthalb Stunden zahlreiche Rohrkrepierer und Lückenbüßer ohne jeglichen Unterhaltungswert. "Chillin", "Cop love" und "Never Cro up" sind da nur der Beginn der Liste. In ein paar Jahren hätte Cro ein solches Format den heutigen Ansprüchen nach wohl durchaus stemmen können, 2015 kommt es definitiv zu früh und wirkt damit doch arg wie ein Schnellschuss auf dem Weg zu Mode-Ikone, Musiker und Filmstar in einer Person, wenn im nächsten Jahr "Cro – Don't believe the hype" von Til Schweiger produziert herauskommt. Die beiden haben sich nach diesem Album wirklich verdient. Ich höre mir jetzt wieder "State of love and trust" an.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Einmal um die Welt (feat. Die Prinzen)
- Bye bye
Tracklist
- CD 1
- Erinnerung
- Chillin
- Hi kids
- Allein
- Bad chick
- Lange her (feat. Max Herre & Teesy)
- Wir waren hier
- Hey girl
- Millionär (feat. Die Prinzen)
- Einmal um die Welt (feat. Die Prinzen)
- Melodie
- Rennen
- Ein Teil
- Jeder Tag
- Meine Gang (feat. Dajuan)
- Wir waren hier II
- Whatever
- Easy
- Bye bye
- Du
- Traum
- CD 2
- Vielleicht
- Never Cro up
- Cop love
- 8 km/h (feat. Haftbefehl)
- Jetzt (feat. Die Orsons & Tristan Brush)
- Clip film noir
- Clip suspense
- Clip adventure
- Clip crime
- Clip party (Knast)
- Clip happy end
Referenzen