Ezra Furman - Perpetual motion people
Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough TradeVÖ: 03.07.2015
Auf und ab
Vielleicht ist es sinnvoll, erst einmal über Sonnenbrillen zu reden. Über Auf und Ab, Sonne und Wolken, Mitternachtsträger und Augenringe und wie cool man aussieht, wenn man mit der richtigen durch die Straßen San Franciscos, dem neuen Lebensmittelpunkt Ezra Furmans, stolziert. Würde da nicht ständig jemand reinfummeln. Brille auf, Brille runter, neue Brille, alte Brille, dunkel, hell, schwarz, weiß. Da kann man doch nur verrückt werden. Das hält doch kein Mensch aus.
So wie die Menschen auf der Straße mit Ezra Furmans Sonnenbrille im Video zu "Restless year" hantieren, so muss er sich im Leben fühlen. Ein einziges Auf und Ab. Ruhe- und Rastlosigkeit zwingen ihn dazu, noch die eingängigsten und fröhlichsten Doo-Wops mit Todesthema und Psychotrauma zu kontrastieren: "Death / Is my former employer / Death / Is my own Tom Sawyer."
Das gebrannte Kind kommt zurück ins Rampenlicht, früher mit den Studienfreunden The Harpoons, jetzt mit The Boyfriends. Ein einst 15 Jahre alter Ezra mit Problemen, dem der Psychotherapeut zum Wegbegleiter wird, der später um seine Depression keinen Hehl macht, das instabile Leben als Schaffensquelle nutzt. Die manische Existenz spiegelt sich in seiner Musik. Der naiv-dadaistische Shoop-Shoop-Doo-Wop steht den Punkschlägen hilflos gegenüber und zuckt mit den Schultern. Klar strukturierter, aggressionsloser Indie-Rock und etwas in die Jahre gekommener Rock'n'Roll. Es ist genau diese Mischung, die seinen Sound zu etwas Unmittelbarem und eben Rastlosem werden lässt.
Jetzt trägt Ezra Furman Kleid und Lippenstift, wenn ihm danach ist, befreit sich von eingerosteten Konventionen. In "Body was made" spielt das Saxophon den Befreiungsmarsch von stereotypen Geschlechtsdefinitionen. In "Lousy connection" zeichnet er das Bild einer entpolitisierten Gesellschaft: "The century seems like it's turning out okay / It's like a game of worldwide karaoke / And my rich friends and me just sit and blow smoke rings / There's nothing happening and it's happening too fast." Selbst der Ort, an dem Furman mit seinen Freunden Ringe aus Rauch in den Himmel pustet, hinterlässt bei ihm ein zwiespältiges Gefühl, erzählt er in "Pot holes". Das Leben als Alltagskampf mit sich selbst, so zu erleben in "Haunted head".
Ezra Furman ist weder mit sich noch mit der Welt im Reinen. Deswegen versinkt er aber nicht in Selbstmitleid. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk beschreibt er das Gefühl, das "Perpetual motion people" auslöst, als bewusstes Verlorensein, als Heimatlosigkeit: "Dieses Album ist für Leute, die sich nicht zu Hause fühlen auf der Welt." Seine jüngste Veröffentlichung ist der manische Beweis dafür, dass Weltschmerz nicht zwangsweise in destruktiven Balladen münden muss. "Perpetual motion people" verschanzt und verstellt sich nicht. Grundehrlich nimmt es den Hörer in den Arm, schüttelt ihn und springt im Kreis zum Ringelreihen. Auf. Und ab.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Restless year
- Lousy connection
- Haunted head
- Tip of a match
- Body was made
Tracklist
- Restless year
- Lousy connection
- Hark! to the music
- Haunted head
- Hour of deepest need
- Wobbly
- Ordinary life
- Tip of a match
- Body was made
- Watch you go by
- Pot holes
- Can I sleep in your brain
- One day I will sin no more
Im Forum kommentieren
MM13
2015-07-04 12:14:51
super album geworden 8/10
geniales sommer album,mit schönen rocknroll anleihen!
restless year,lousy connection,hark to the music,hounted head sind genial.
MM13
2015-05-17 08:57:30
da wirds auch mal zeit,das er endlich mal die aufmerksamkeit bekommt die er verdient,klasse typ auch live nur zu empfehlen.
Armin
2015-05-16 20:27:56
VÖ am 03.07.
Wetten, dass dieser Song bald auf jeder Indie-Tanzfläche rauf und runter läuft?
https://www.youtube.com/watch?v=NDOenFQazrA
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