Miguel - Wildheart

RCA / Sony
VÖ: 26.06.2015
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Californication

Über Miguels letztes Album "Kaleidoscope dream" gab es prinzipiell nur Gutes zu berichten: Es lag eine Mischung aus Schweiß und Tränen in der Luft, die in wunderbare R'n'B-Songs gegossen wurde, womit der Sänger nicht nur hierzuseits einen Nerv traf. Unklar war indes, ob der junge Kalifornier dieses Niveau bestätigen können würde. So liegt also 2015 der Ball in seiner Spielhälfte, die dritte Platte ist ja manchmal schon irgendwie richtungsweisend. Und siehe da, mit "Wildheart" macht Miguel fast alles richtig: Auf der einen Seite setzt er zwar auf seine altbewährten Stärken, andererseits jedoch fächert er seinen Sound weiter auf, schiebt er doch ab und zu auch mal die schweren bordeauxfarbenen Seidenvorhänge zur Seite und lässt ein wenig Licht und frische Luft in den stickigen Raum, in dem die besten Geschichten eben immer denen passieren, die davon erzählen können. Und so geht es natürlich auch auf diesem Album wieder um die viel zitierte Lust am Leben, mit allen Abgründen und Kollateralschäden, die man in Kauf nimmt, wenn man Frauen und Genussmitteln jedweder Couleur zugeneigt ist.

Mit "A beautiful exit" hat Miguel gleich einen der stärksten neuen Tracks an den Anfang seines leidenschaftlichen Streifzugs durch den nächtlichen Sündenpfuhl Los Angeles gestellt: Zu einer verzerrten Gitarre ertönen melodramatische Polizeisirenen, dann setzt Miguels Stimme ein, die unmissverständlich klarmacht, dass in dieser Geschichte der möglicherweise frühe Tod der Protagonisten mitgedacht werden muss: "We're gonna die young." Dieser Fatalismus ist natürlich Teil des kalifornischen Lifestyles, wenn jeder Rausch der letzte sein und jede Spritztour mit dem Cabrio an der Himmelspforte enden könnte. Anzüglich wird es freilich auch, denn am liebsten verrät uns Miguel Anekdoten mit horizontaler Erzählstruktur. Ihr wisst, was damit gemeint ist. Während er also in "The valley" noch beschreibt, dass er den eigenen Liebesakt nur allzu gerne filmisch festhalten würde, versteht sich das herrliche "Coffee" als Countdown zum ultimativen Höhepunkt: "Wordplay turns into gunplay / And gunplay turns into pillow talk / And pillow talk turns into sweet dreams / Sweet dreams turns into coffee in the morning."

Wie eingangs erwähnt, erweitert der Kalifornier auch sein Soundspektrum: "Waves" ist entspannter Sommer-Pop mit gekühltem Longdrink in der Hand, fürs sachte rockende "Face the sun" verpflichtete er mit Lenny Kravitz an der Gitarre genau den richtigen Mann für, nun ja, sachte rockende Vorhaben. Und dann ist da doch noch mehr als der reine Hedonismus: Im Zweifel zerstreuenden "What's normal anyway" stellt sich der Künstler die Frage, was denn bitteschön die Norm ist, von der alle Welt heute so redet. Denn irgendwie fühlt er sich selbst nirgends so recht zugehörig. Was wohl nicht nur auf seine multikulturelle Herkunft anspielt, sondern auch auf seine stilistische Unentschiedenheit, die aber ja natürlich vielmehr eine Bereicherung als ein Makel ist. Denn solange er uns Songs wie das passionierte "Hollywood dreams" oder das herbstlich-wehmütige "Leaves" schenkt, ist es doch vollkommen egal, wie man diese Musik kategorisiert. Sie gehört schlicht zum Besten, was die Pop-Welt 2015 zu bieten hat.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • A beautiful exit
  • The valley
  • Coffee
  • Waves
  • Hollywood dreams

Tracklist

  1. A beautiful exit
  2. Deal
  3. The valley
  4. Coffee
  5. NWA (feat. Kurupt)
  6. Waves
  7. What's normal anyway
  8. Hollywood dreams
  9. ...going to hell
  10. Flesh
  11. Leaves
  12. Face the sun (feat. Lenny Kravitz)
  13. Gfg [Bonus-Track]
  14. Destinado a morir [Bonus-Track]
  15. Simple things [Bonus-Track]
  16. Damned [Bonus-Track]
Gesamtspielzeit: 59:47 min

Im Forum kommentieren

saihttam

2015-07-22 00:56:20

So direkt umgehauen hat mich das Album jetzt beim ersten Hören nicht. Soll das sofort zünden oder braucht es Zeit?

quasinebenbei

2015-07-08 10:41:50

Die ersten Tracks sind nicht schlecht. Aber AdW? Vermutlich, um mal wieder das Genre R'n'B zu bedienen. *duckundweg*

Achim

2015-07-07 09:00:26

mir gefällt das album ebenfalls. warum er sich den abgehalfterten lenny kravitz mit an bord holte, wird aber wohl für immer sein geheimnis bleiben.

Achim.

OuterHeaven

2015-07-07 08:45:50

A beautiful Exit****
The Valley***
Coffee****
Waves***
Hollywood Dreams*****
Leaves***
Face the sun*****
Simple things****

Diese Lieder werde ich behalten!

theneedledrop

2015-07-07 01:55:35

https://www.youtube.com/watch?v=7ZXiqlTUHUY

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