Last Days Of April - Sea of clouds
Tapete / IndigoVÖ: 19.06.2015
Topf und Deckel
Wer bei dem Namen Last Days Of April an die Neunziger und die frühe Emo-Rock-Phase denkt, ist nicht nur alt, sondern auch ein bisschen ignorant. Immerhin wandert die Schweden-Formation um den Songschreiber Karl Larsson nun schon seit gut mehr als einer Dekade eher auf staubig-trockenen Pfaden zwischen verträumtem Indiepop und leichtem Americana-Einschlag. Und diesen deckeln sie nun.
Denn "Sea of clouds", ihre neunte Platte, ist zu großen Teilen tatsächlich melancholisch-routinierter Americana aus Schweden. Aufgenommen an gerade mal zwei Tagen, verzichten Last Days Of April auf "Sea of clouds" auf jeglichen soundaufhübschenden Schnickschnack wie Synthies oder Elektronik und stellen dafür Larssons charakteristische Stimme in den Mittelpunkt der meisten Songs. Flankiert wird er dabei meistens nur von akustischen Gitarren und Piano, sodass eine stoisch-traurige Atmosphäre wie im Titelstück beinahe logische Konsequenz ist.
Das getragene "Oh well" erinnert auch nicht zufällig an die unauffälligeren Momente des frühen Neil Young: Sicher sind Larssons Mitstreiter nicht Crazy Horse, dennoch sind hier Musiker am Werk, die dieses Mal nur wenige Kompromisse eingehen. Kann man sich als Hörer in so manchem Moment auf das Gegenteil einlassen und ignoriert man die teilweise doch etwas prominenten Steel-Gitarren, strahlen die neun Tracks unter der Oberfläche im Lichte ihres bemerkenswert routinierten Songwritings, das im Großen und Ganzen funktioniert. Routiniert bedeutet im Fall von "Sea of clouds" auch nicht unbedingt, dass keinerlei Abwechslung auszumachen ist. Von einer Piano-Pop-Blüte in ein echtes Gitarrenmonster verwandelt sich etwa das treffend betitelte "The thunder & the storm".
Am griffigsten sind Last Days Of April dann, wenn sie ihr Gespür für feine Pop-Songs aufblitzen lassen, wie beim raffinierten Opener "The artist" oder beim abschließenden "Get you", das einer alten Weisheit endlich mal wieder Aufmerksamkeit verschafft: "It's hard / Way to hard / To get what you want." Doch wenn das tief melancholische Titelstück einen dann so arg runterzieht, von bitteren emotionalen Enttäuschungen und zu hohen Erwartungen erzählt, hilft vielleicht noch der Glaube an die wohlige Heilung der Trauer. Oder womöglich das ein oder andere Gläschen Rotwein. Dazu nämlich könnte man sich keine schönere Musik wünschen, als uns die Schweden zum Beispiel mit dem melancholischen "Everybody knows" vermachen. Und mit "Someone for everyone" hat sich dann doch ein positiv-flotter Indie-Popper hinter den Americana-Gitarren versteckt, der den Mut zurückbringt: "Somewhere someone is waiting for you." Die Sache mit Topf und Deckel, Ihr wisst schon.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The artist
- Everybody knows
- Sea of clouds
Tracklist
- The artist
- The way things were
- Oh well
- The thunder & the storm
- Everybody knows
- Sea of clouds
- Someone for everyone
- Every boy's dream
- Get you
Im Forum kommentieren
Armin
2015-04-14 18:10:34
Erste Hörproben:
https://soundcloud.com/tapete-records/last-days-of-april-the-thunder
Armin
2015-04-14 18:06:31
LAST DAYS OF APRIL
SEA OF CLOUDS
CD Digipak / LP (+CD) / Download
VÖ: 19. Juni 2015
Seit nunmehr 20 Jahren bereichert die schwedische Band Last Days Of April um Songwriter Karl Larsson die Welt mit ihrem zauberhaften Indie-Pop. Auch ihr neuntes Album „Sea Of Clouds“ reiht sich ein in eine Reihe herausragender Alben. Und doch klingt das neunte Studio-Album der Stockholmer so viel überlegter, gereift und ausgewogen.
Es scheint, als hätten die Last Days Of April schlicht eine Metamorphose durchlaufen, sind von der Raupe zum Schmetterling gereift, um dann mir nichts, dir nichts ihre volle Pracht zu entfalten. Und auch wenn die durchdringende Schönheit von „Sea Of Clouds“ ein finales Reifestadium nahelegen würde – das wäre zu einfach. Vielmehr hat Karl Larsson es mit seinen hervorragenden Mitmusikern geschafft, den Prozess der Wandlung in der Geschichte der Band mehrfach zu durchlaufen, vorwärts, dann wieder zurück und von unten nach oben. Und doch blieb trotz aller Veränderungen und wechselnder Besetzungen eine Konstante über all die Jahre erhalten: die Jagd nach dem zeitlos schönen, schwedischen Pop-Song – im Schneetreiben zwischen Neil Young und den Lemonheads.
Dabei herausgekommen ist ein wunderbarer Langspieler, der das bis dato authentischste und erdigste Werk der Gruppe darstellt. Dies liegt mit Sicherheit an der zurückhaltenden Instrumentierung der neun Stücke. Die Lieder werden neben Akustikgitarre und Piano von den sanft vorantreibenden Schlagzeugrhythmen und versunken hallenden Gitarren getragen. Alles, um auf grandiose Art und Weise Larssons zarten, glasklaren Gesang zu unterstreichen.
„Sea Of Clouds“ besticht durch seine schimmernde Melancholie und changiert zwischen ruhigen, andächtigen Nummern („Sea Of Clouds“ & „Oh Well“) und ausufernden, gitarrenlastigeren Klängen wie bei „The Thunder & Storm“. Dazwischen charmante, einfach bestechende Pop-Songs/Kompositionen (Opener „The Artist“ & „Everybody Knows“), die vom Charakter an die klassischen Last-Days-Of-April-Hits erinnern. Dabei bleiben die Stücke immer eingängig und laden zum Träumen und manchmal auch zum Tanzen ein.
Im Gegensatz zu den Vorgängern von „Sea Of Clouds“ verzichtete die Band bei den Aufnahmen größtenteils auf digitale Technik und spielte die gesamte Platte in nur zweieinhalb Tagen live auf Tonband ein. Dabei wurde ausschließlich auf analoges Equipment zurückgegriffen. Indem sich die Band, im Gegensatz zu den vorherigen Releases, für eine Produktion ohne Overdubbing entschied, gelang es, den reduzierten, organischen Sound zu erzeugen, der das gesamte Album prägt. Indem man zahllose Synthesizer- und Gitarrenspuren der feinen Schlichtheit opferte, schafft es „Sea Of Clouds“ für den Hörer im Vergleich zu früheren Alben wie „If You Lose It“ oder „Might As Well Live“ gewissermaßen entschlackt daherzukommen – obwohl gerade in dieser Reduktion ein gewaltiger Aufwand beim Aufnahme-Prozess steckt. Die rein analoge Form des Recordings kann in Schweden und ganz Europa nur noch von wenigen Studios realisiert werden. Bei Last Days Of April setzte man auf die legendären Atlantis Studios in Stockholm, in welchen sich schon Bands wie ABBA oder The Cardigans tummelten. Schon bei den ersten Takten des Openers „The Artist“ wird sofort klar, dass dies eine goldrichtige Entscheidung war.
Nach zwei Dekaden Tourneen rund um den Globus haben Last Days Of April mit ihrer jüngsten Platte das bisher stärkste und wahrhaftigste Werk abgeliefert. Einfach ein schönes Stück Musik – für „alte“ Fans und Neuentdecker.
Tracklisting:
1. The Artist
2. The Way Things Were
3. Oh Well
4. The Thunder & The Storm
5. Everybody Knows
6. Sea Of Clouds
7. Someone For Everyone
8. Every Boy's Dream
9. Get You.
Weitere Informationen:
www.tapeterecords.de/artists/last-days-of-april
www.ldoa.com
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