Hot Chip - Why make sense?

Domino / GoodToGo
VÖ: 15.05.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Blasse Jungs mit komischen Brillen

Man muss sie einfach mögen: Die Buben, die mit unförmigen Brillen und noch unförmigeren Hosen durch die Mensen und Korridore dieser Welt schlurfen, den Kopf gesenkt, um den frischesten Pickel auf der Nase zu verstecken. Die Typen, die herrlich verqueren Hobbys nachgehen, Blitzschach etwa oder Briefmarkensammeln. Menschen, deren größtes Plaisir ihr heiß geliebter Debattierclub ist, in dem sie sich gegenseitig zu kognitiven Höchstleistungen animieren und sich die Zungen knotig quatschen. Die aber dann, ist eine Frau im Raum, verstummen und nicht wissen, wie sie ihre Zuneigung zeigen sollen, weil sie anfangen zu stottern und schwitzige Handflächen bekommen. Für all jene waren Hot Chip seit jeher die ideale Band: Die nerdigen Briten brachten den blassen Stubenhockern das Tanzen bei und sorgten mit ihrer eklektischen Electro-Mixtur dafür, dass auch die hübschen Mädels zu schmachtenden Außenseiterhymnen tanzen. Und nicht immer nur zu Mando Diao.

Nun gibt es Nachschub für all die Geeks, Freaks und den kleinen Rest der Weltbevölkerung: Hot Chip veröffentlichen mit "Why make sense?" ihr sechstes Studioalbum, und nach nur wenigen Durchgängen ist schon wieder klar, dass Alexis Taylor und Co. rein gar nichts verlernt haben. Ihre Songs atmen den Geist von R'n'B und Soul, versteifen sich dabei aber nicht auf musikästhetischen Historismus, sondern bleiben immer lässig und groove-betont, verbinden die Stilrichtungen gekonnt wie eh und je mit fideler Electronica, die mehr als bloßes Fundament ist. Variantenreich führen Hot Chip nicht nur veritable Dancefloorfiller im Portfolio, sondern beherrschen auch das Spiel auf der Romantik-Klaviatur, wie der herausstechende Kerzenlicht-Auspuster "White wine and fried chicken" eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Doch natürlich gibt es nicht nur Romantik und zärtliche Zwischenmenschlichkeit auf "Why make sense?", sondern auch herrlich-albernen Quatsch wie den pumpenden Opener "Huarache lights". In jenem feiern Taylor und seine Kollegen die Liebe zu einem Turnschuh, der bei den entsprechenden Experten für sein futuristisches Äußeres und den damit einhergehenden Laufkomfort geschätzt wird. Kann man mal machen. Noch besser ist das folgende "Love is the future", das in den Strophen an die quietschigen Sounds alter Konsolenspiele erinnert, im Refrain dann aber die gewohnte Hymnenhaftigkeit nicht vermissen lässt. Auch für "Started right" beziehen die Briten ihre Inspiration aus der weiten Welt des Jump'n'Run, vergessen aber nicht, auch eine Melodie zu implementieren, die man schlechterdings kaum aus dem Kopf bekommt.

Nicht jeder Song auf "Why make sense?" kann das hohe Niveau halten, doch wo gehobelt wird, da fallen Späne und auf ihrem sechsten Album hobeln Hot Chip mächtig: Ihr Sound ist klar und kohärent, verzichtet meist auf unnütze Sperenzchen und zelebriert dennoch eine Spielfreude, die dem Hörer direkt in Fleisch und Blut übergeht. "Need you now" ist ein sehnender, leidenschaftlicher Dance-Song, der Melancholie und Herzschmerz in Tanzbarkeit transkribiert. Ganz groß wird es dann am Ende, wofür sich die ehemals für einen Grammy nominierten Briten den wohl besten Track aufgehoben haben: "Why make sense?" – der Titelsong – entfaltet langsam seinen fulminanten Spannungsbogen, der sich letztlich wunderbar selbsterklärend auflöst: "Why be tough, when strength is just for losers? / Be what you are, at the mercy of yours." Selten hat eine Band ihr eigenes Schaffen so treffend und präzise auf den Punkt gebracht. Alleine dafür muss man sie mögen, diese komischen Jungs. Und natürlich für ein weiteres sehr gelungenes Album.

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Love is the future
  • Need you now
  • Why make sense?

Tracklist

  1. Huarache lights
  2. Love is the future
  3. Cry for you
  4. Started right
  5. White wine and fried chicken
  6. Dark night
  7. Easy to get
  8. Need you now
  9. So much further to go
  10. Why make sense?
Gesamtspielzeit: 44:49 min

Im Forum kommentieren

Mixtape

2015-10-11 12:26:33

Am 23.10. erscheint die "Dancing in the dark"-EP mit einer Coverversionen des gleichnamigen Springsteen-Songs und Remixen und Reworks.

rollator

2015-06-06 13:29:31

Mag ich sehr. Bonus EP eigentlich auch kein echter Füller drauf.

Mixtape

2015-06-05 22:18:24

Auf dem Vorgänger gehören die Balladen für mich zu den stärksten Songs, auf dem neuen Album zünden sie aber tatsächlich nicht.

MopedTobias (Marvin)

2015-06-05 22:15:45

Mach ruhig, braucht etwas Zeit. Für mich mittlerweile aber ihr Zweitbestes nach Made in the Dark.

Dielemma

2015-06-05 22:13:48

hmh, bei mir hat es beim ersten Mal hören nicht wirklich gezündet außer die beiden offensichtlichen Highlights Huarache Lights und Need You Now, aber werde ihm definitiv noch mal eine Chance geben

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