Patrick Watson - Love songs for robots

Secret City / Domino / Rough Trade
VÖ: 08.05.2015
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Liebe wird das Ereignis sein

Zu dieser Platte sollte man: sich am besten in einem Zimmer verbarrikadieren, die Fenster zuhängen, jegliche Verbindung zur Umwelt kappen und sich nach und nach immer wieder von diesen 50 Minuten umgarnen lassen, von ihren einzelnen Spuren, von wabernden E-Pianos, knarzenden Bässen, Klangspielereien und dem über alles liegendem Nachhall, solange, bis man selbst zu einem seidenweichen Wollknäuel wird. Die sanfte Wucht von "Love songs for robots" beruht auf diesen vielen kleinen wahnwitzigen Details, etwa dass die Gitarren nicht wie mit Plektren, sondern mit Fingerkuppen gespielt klingen, dass die Schlagzeuge mit Fellen gedämpft und eben nicht gestrafft wurden.

Kollegin Mautz beschrieb Watsons Sound bereits treffend als hypnotisch und ätherisch, selbiges gilt auch für seine mittlerweile fünfte Veröffentlichung. Auf fünf zählt es sich, wenn die unübersichtlich vielen Nebenprojekte und die 15 Soundtrack-Beteiligungen, wie zuletzt bei Wim Wenders "Everything will be fine", vernachlässigt werden. Cineasten danken dem Kanadier sowieso für bildgewaltige Musik. "Love song for robots" ist noch einmal dichter, sphärischer, durchgedrehter und für Watson-Verehrer schier undenkbar: sanfter. Seine außerweltlichen Sehnsüchte waren selten so deutlich wie in "Alone in this world" mit den Zeilen "Did anybody tell you / You don't live here anymore? / Don't feel at home in this world anymore" – ein surrealer Dunstkreis eines Liedes. Auch nach zig Durchgängen ist der Hörer geneigt, sich an Nichts zu erinnern, hierfür sind es zu viele Instrumente, zu viel wundervoller Krimskrams, zu unverständlicher Gesang, der etwas Dösiges hat, dafür aber umso trefflicher als Teil eines verträumten Strudels fungiert. Das Gefühl beim Hören bleibt, auch wenn es, wie das Ganze wenig Konkretes und leicht Daseinsmüdes hat.

Ein geisterhaftes Klavier aus dem zuvor gespielten "In circles" verhallt, bevor elektronisches Gebrause und ein klaftertief-summender Chor Watsons Falsett konterkarieren. Indes sind die schwelgerischen Serenaden von einem Drall zu Gospel und Psychedelia geprägt. Das fiebrige "Know that you know" verweht seine Synthesizer selbst, lässt die Gitarren verschnörkeln und das Stück mit einem leisen Damenchor enden. Alles bleibt vage, die Instrumente fließen ineinander und die Songs sind instabil wie Pusteblumen, verdämmern oft um abermals aufzubrausen wie in "Good morning Mr. Wolf". "Turn into the noise", schon auf einer Compilation für die Serie "The walking dead" vertreten, ist Motown auf Drogen, erst dämpfenden Sedativen, dann psychedelischen Rauschbeschaffern.

Ausgangspunkt dieser Platte war Watsons Idee, etwas zutiefst Emotionales zu schaffen. Etwas, das nicht auf mechanischen Reaktionen beruht, wie dem Kuss, der "nur" reaktiv Glückshormone wallen lässt, und stattdessen etwas zu kreieren, das an seelenleeren Apparaturen abprallt und eines roten pochenden Klumpens inmitten der Brust bedarf. Umso mehr ein Grund, den metallischen Schnickschnack, in dem sich die Sonne gleißt, fortzuwerfen. Ein Liedernirwana für Melodie- und Harmoniesüchtige. Für uns alle. Für Erdenkinder.

(Maximilian Ginter)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Good morning Mr. Wolf
  • In circles
  • Turn into the noise
  • Know that you know

Tracklist

  1. Love songs for robots
  2. Good morning Mr. Wolf
  3. Bollywood
  4. Hearts
  5. Grace
  6. In circles
  7. Turn into the noise
  8. Alone in this world
  9. Know that you know
  10. Places you will go
Gesamtspielzeit: 49:27 min

Im Forum kommentieren

Underground

2015-11-09 14:08:55

Zumal für das Konzert in und um Köln noch plakatiert wird.

Urssel

2015-11-09 13:52:30

Ich ärgere mich immer noch über die Absage des Kölner Konzerts "aus Gesundheitsgrüden". Auf seiner Facebookseite weist der Herr Watson freundlich auf seine anstehenden Europa-Konzerte hin und tut dabei so, als sei das Kölner Konzert nie geplant gewesen. Keine Erklärung, keine Entschuldigung, nichts. (Für eine Festivalabsage aus Gesundheitsgründen vor ein paar Wochen hatte er sich noch wortreich entschuldigt ...)

Underground

2015-11-02 16:48:34

Na, dann halt auf dem Le Guess Who?

Dennoch eine Frechheit, dass er nun 2 Wochen vorher weiss, dass er just an de Tag "krank" sein wird...

Urssel

2015-11-02 16:10:52

@ Underground:

ich mich auch!

Demon Cleaner

2015-11-02 13:37:23

'bollywood' hätte auch so auf der letzten antlers-platte drauf sein können. man hätte keinen unterschied gemerkt.

Stimmt absolut. Generell ähnliche Stimmung.

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum