Earl Sweatshirt - I don't like shit, I don't go outside

Tan Cressida / Columbia / Sony
VÖ: 10.04.2015
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Zukunft hinter ihm

Gerade eben denkt man noch, dass plötzliche Releases im HipHop mittlerweile wohl zum Alltag gehören – alleine 2015 überraschten bereits Drake und Kendrick Lamar über Nacht mit neuen Werken –, da findet Earl Sweatshirt auf Twitter deutliche Worte. Dessen zweites Album war plötzlich über iTunes vorbestellbar, der Erscheinungstermin eine Woche später angesetzt. Das hatte das Enfant terrible anders geplant, wie er seinen Fans unverzüglich mitteilte: Ursprünglich sollte nur das Video zu "Grief" veröffentlicht werden, durch einen Fehler vom Label wurde "I don't like shit, I don't go outside" vorzeitig angekündigt. Köpfe sollten rollen, der Verantwortliche müsse zur Rechenschaft gezogen werden – die Wut des 21-Jährigen war in jeder Zeile zu spüren. Man möchte fast etwas Mitleid haben mit Thebe Neruda Kgositsile, so Sweatshirts richtiger Name. Fast. Denn das Album ist schlicht zu gut, als dass man darauf noch länger hätte warten wollen.

Zweifelte er auf "Doris", seinem offiziellen Debüt von 2013, noch hier und da an sich selbst, beweist er auf seinem Zweitling, dass er sich auf keinen Fall hinter seinen gehypten Odd-Future-Kollegen Tyler, The Creator und Frank Ocean verstecken muss. Düster geht es zu auf "I don't like shit, I don't go outside", Sweatshirt beschränkt sich auf das Wesentliche. In gerade mal einer halben Stunde bringt er zehn Songs unter, davon drei, die unter der Zwei-Minuten-Marke bleiben. Das ist gerade für HipHop-Verhältnisse wenig. Es reicht aber aus: In "Grief", der tiefschwarzen Leadsingle, sinniert er über den Verlust seiner Großmutter und die anschließende Isolierung von seiner Umwelt. Der dumpfe Beat wird immer wieder von mechanischen Störgeräuschen unterbrochen, Sweatshirts Sprechgesang klingt nach und nach nuscheliger, verwaschener – bis ihn in den letzten Sekunden plötzlich der euphorische und damit im Zusammenhang arg skurril wirkende Soultrain erfasst. Oldschool-lastig gibt sich hingegen der Opener "Huey", auch hier wird die verstorbene Großmutter erwähnt, auch hier scheint das Ende nicht zum Rest zu passen. Und auch hier wird es genau deswegen erst recht interessant.

Im von Odd-Future-Mitglied Left Brain produzierten "Off top" – dem einzigen Stück auf dem Album, an dem Sweatshirt nicht selbst unter seinem anderen Pseudonym RandomBlackDude an den Reglern saß – wird mit Ausnahme von ein paar dezenten Pianotönen auf eine wirkliche Melodie quasi verzichtet: Die unterschwelligen Beats dringen kaum durch, ein Kratzen taucht immer wieder auf, bleibt aber unscheinbar. Der Rap selbst spielt die Hauptrolle, Sweatshirt verlässt sich lieber nur auf sich selbst statt auf andere. Das beweist auch "Grown ups", in dem er mit seinem Vater abrechnet, der abgehauen ist, als sein Junge gerade mal sechs Jahre alt war. Aber auch seine vermeintlichen Freunde kriegen ihr Fett weg: "Don't know where I'm going / Don't know where I been / Never trust these hoes / Can't even trust my friends", spuckt er da und distanziert sich immer weiter. Im Abschlusstrack "Wool" lässt er sich dennoch aushelfen von Vince Staples, der sonst hauptsächlich bei Cutthroat Boyz beschäftigt ist. Erneut verweigert sich der Kalifornier dem Posertum, der großen Geste und eben dem, was sonst die Aufmerksamkeit bringt. Tyler, The Creator und Frank Ocean haben der Konzept der Effekthascherei längst verinnerlicht, Earl Sweatshirt lehnt es ab. Und bewirkt damit umso mehr.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Huey
  • Grief
  • Grown ups (featuring Dash)

Tracklist

  1. Huey
  2. Mantra
  3. Faucet
  4. Grief
  5. Off top
  6. Grown ups (featuring Dash)
  7. AM // radio (featuring Wiki)
  8. Inside
  9. DNA (featuring Na'kel)
  10. Wool (featuring Vince Staples)
Gesamtspielzeit: 30:03 min

Im Forum kommentieren

maxlivno

2018-11-30 14:26:26

@Nun
Für mich schon ja. Ist natürlich Geschmacksache, aber ich würde dir empfehlen einfach mal reinzuhören

Nun

2018-11-30 13:19:00

Das Songformat schreckt mich etwas ab.
Geht das Konzept auf mit den 1-2 Minütern.

Esa playa es muy bonito

2018-11-30 12:59:36

emo nigga, bitch!

maxlivno

2018-11-30 12:55:46

Neues Album „Some Rap Songs“ draußen. Geht schon in die richtung Glitch Hop. Mir gefällt es aufs erste hören sehr gut

Holden

2015-04-10 20:19:44

Aber warum so kurz, das Album?

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