The Monochrome Set - Spaces everywhere

Tapete / Indigo
VÖ: 13.03.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Die großen Sporadischen

Ob Jesus Schlagzeug spielen konnte? Schwer zu beantworten, da Insiderwissen über religiös motivierte Klangerzeugung nicht gerade zu den Kernkompetenzen von Plattentests.de gehört. Vielleicht kann Thomas Hardy alias Lester Square von The Monochrome Set etwas zum Thema sagen? Der half 1986 nämlich als Gitarrist auf einem Album der obskuren britischen Indie-Popper Jesus Couldn't Drum aus – wer auch immer darauf getrommelt haben mag. Betitelt war die Platte zu seinen Ehren "Good morning Mr. Square", denn zu dieser Zeit galten The Monochrome Set dank Songs wie "Eine Symphonie des Grauens" oder "The jet set junta" längst als Säulenheilige des distinguierten britischen Gitarren-Pop – allerdings auch als ewiger Geheimtipp, weswegen die Band ab Mitte der Achtziger lediglich sporadisch existierte.

Doch Square, Sänger Bid und Bassist Andy Warren bleiben trotz zwischenzeitlicher Auflösungen standhaft: "Spaces everywhere" ist immerhin schon ihr zwölftes Studioalbum, und auf diesem blicken The Monochrome Set vermutlich mit wissendem Lächeln auf sämtliche Acts, die bis heute von ihrem geschmackvollen Gründerzeit-Indierock mit Versatzstücken aus New Wave und Post-Punk zehren. Und so hallt auch auf "Spaces everywhere" vieles wider: Franz Ferdinands arty Gitarren-Indie für tanzende Mädchen, die barocke Grandezza von The Divine Comedy oder die Vorwegnahme des glamourösen Psych-Pop, der Orange-Juice-Veteran Edwyn Collins Mitte der Neunziger mit "A girl like you" einen Chart-Hit bescherte. Überflüssig zu erwähnen, dass The Monochrome Set ein solcher Erfolg nie auch nur ansatzweise vergönnt war.

Mit "Spaces everywhere" wird es ihnen voraussichtlich kaum anders ergehen – damals wie heute ein Jammer. Ob es daran liegt, dass Hauptsongschreiber Bid ähnlich wie bei seiner Zweitband Scarlet's Well immer wieder Unheimliches durch die Songs spuken lässt? Da künden scheinbar harmlose Eisverkäufer von der Ankunft böser Mächte und wartet Gevatter Tod ausgerechnet in einem verschlafenen Dorf – was man beinahe gar nicht bemerkt, wenn der Sänger im von einem spitzen Riff befeuerten Uptempo von "Iceman" oder dem launigen Stakkato-Rumpler "Oh, you're such a star" den schmeichelnden Crooner gibt, während sich fidele Gitarrenschläge und diesige Keyboard-Wölkchen zu unwiderstehlichen kleinen Pop-Hits verdichten. Und was wohl die zu einem luftigen Folk-Arrangement durch die Szenerie geisternden "Fantasy creatures" im Schilde führen?

Die geheimnisvollen Wesen dürften jedenfalls genauso viel Spaß an diesen zehn leichtfüßig federnden Miniaturen haben wie Die-Zimmermänner-Hälfte Timo Blunck: Der arbeitet am Mischpult umsichtig die zahllosen Details im Sound einer Band heraus, die schon immer zu den maßgeblichen Einflüssen seiner eigenen gehörte. Da flirtet die Provinzposse "When I get to Hollywood" schief grinsend zu vollmundigem Refrain mit dem Weltruhm, der für The Monochrome Set stets ein frommer Wunsch blieb, und "The Z train" schnauft düsterlich über die gleichen Schienen, die ansonsten The Coral mit ihrem Sixties-infizierten Twang befahren. Wer da nicht mitfährt, glaubt sicher auch, dass Jesus Schlagzeug spielen konnte. Und verpasst zudem zehn der feinsinnigsten Songs, die altgedienter Britpop heute noch zu bieten hat.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Iceman
  • Fantasy creatures
  • Oh, you're such a star
  • The Z train

Tracklist

  1. Iceman
  2. Fantasy creatures
  3. Avenue
  4. Oh, you're such a star
  5. Rain check
  6. When I get to Hollywood
  7. The Z train
  8. The scream
  9. In a little village
  10. Spaces everywhere
Gesamtspielzeit: 34:16 min

Im Forum kommentieren

carpi

2015-10-05 19:54:44

Kenne sie von vereinzelten Songs auf Samplern und der großartigen Compilation "The Independent Singles Collection" mit 25 Tracks drauf, die kann ich auf jeden Fall empfehlen.

Telecaster

2015-10-04 21:39:56

Hab sie vor ein paar Jahren mal in Barcelona vor Redd Kross gesehen. War gut, kannte die gar nicht vorher, aber die erste LP habe ich mir ne Woche später gleich geholt. Außer der und der neuen kenne ich eigentlich auch gar keine. Welche sind denn noch hörenswert?

carpi

2015-10-04 12:45:37

Große Deutschlandtour mit Gigs in Karlsruhe und Ravensburg:), danach gings wohl noch nach Österreich. War in KA dabei.

HATER

2015-10-04 11:51:54

Ihr seid alles dumme, geschmackslose, idiotische Arschlöcher hier!

Telecaster

2015-10-04 11:45:40

Wo haben die denn gespielt?

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