The Airborne Toxic Event - Dope machines
Epic / SonyVÖ: 20.02.2015
Im Grenzbereich
Gehören die jetzt zu den Guten, oder nicht? Sind die jetzt einfach nur leidenschaftlich und großzügig in der Handhabung von Pathos, oder machen die eigentlich nichts anderes als leicht aufgehübschten Stadionrock? Sind die human or dancer? Drängende Fragen sind das, ausgelöst vom alten Affen Skepsis, der einen immer dann auf die Schulter tippt, wenn man sich gerade allzu ungehemmt ins Begeisterungsphantasia aufmacht. Und einen daran erinnert, dass man sogar mal beinahe The Killers rundheraus gut gefunden hätte, bevor man auf das Gefühl stieß, dass sich hier etwas falsch anfühlt gehört hat.
Oder eben The Airborne Toxic Event. Damals, als man anhand "Sometimes around midnight" die Band einfach mal ein paar Minuten abfeierte. Und inmitten des Katers danach feststellen musste, dass die Band rund um Mikel Jolett nur mit Mühe eine Liga höher spielt. Im Grenzbereich von gut und böse. Das bedeutet auch, dass diese fürs Stadion gedachte Indieband mit jedem Song gegen Kollege Pilgrims famose Wortschöpfung der The-Killers-Werdung anspielt. Mutig, da überhaupt neue Songs zu schreiben. Lebensmüde, die eigenen Stärken gleich komplett über Bord gehen zu lassen. Genau das machen The Airborne Toxic Event auf "Dope machines" nämlich. Statt meterdicker Produktion und großen Stadiongesten gibt es jetzt Keyboards, großflächig eingesetzte Synthies und auch sonst allerlei elektronische Spielereien. Die Herzschmerz-Lyrics dürfen sich als einzige Konstante feiern. Ein Schelm, wer jetzt an diese seltsame Band aus Las Vegas denkt.
Bei der ersten Begegnung mit dem neuen Klanggewand erklärt man die pilgrimsche Prophezeihung auch direkt für eingetreten und überlegt fieberhaft, wie man diese zehn Stücke mit möglichst großer Verve verdreschen könnte. Dann bemerkt man aber zum Glück, dass fürs stumpfe Draufschlagen die Kollegen von igittbaby zuständig sind. Und entdeckt, dass "Dope machines" die Klasse doch noch hält. Weil zum Beispiel der Opener "Wrong" trotz all der elektronischen Sperenzchen ein kraftvoller, guter Song ist. Dessen brodelndes Grundgerüst zwar auch von Awolnation stammen könnte, aber Eigenständigkeit war ja noch die Sache dieser Band. Melodien, die sich hartnäckiger festbeißen als ein Rapala dafür umso mehr. Man nehme nur den Titeltrack, den selbst klebrige 80er-Keyboards und ein autogetuntes Falsett nicht zerstören können.
An all diejenigen, die mit der neu entdeckten Liebe zum Elektronischen weniger anfangen können, hat Jolett natürlich auch gedacht. Und ihnen ein paar Brotkrumen im Album verstreut. "California" zum Beispiel, das mitsamt sonnigem Refrain versucht, möglichst viel vom alten Sound ins Jetzt zu retten. Und doch nicht mehr als nett ist. Weniger nett ist "Hell and back", das sein einleitendes "Nanana" direkt bei den Beatles klaut und nach akustischem Beginn zur Nervensäge par excellence mutiert. Überhaupt verlieren The Airborne Toxic Event in der zweiten Albumhälfte zusehends den Faden und präsentieren abgesehen vom niedlichen "The thing about dreams" größtenteils wenig Erbauliches. Und doch bleibt Joletts Trefferquote trotz ungewohntem Terrain konstant. Und, gehören The Airborne Toxic Event jetzt zu den Guten? Die Antwort bleibt weiterhin ein entschiedenes "vielleicht".
Highlights & Tracklist
Highlights
- Wrong
- Dope machines
Tracklist
- Wrong
- One time thing
- Dope machines
- California
- Time to be a man
- Hell and back
- My childish bride
- The thing about dreams
- Something you lost
- Chains
Im Forum kommentieren
Wolf
2020-05-25 11:35:33
Neues Album Hollywood Park. Klingt sehr ordentlich bisher. Denkt noch jemand bei Come on out kurz an The National?
Andreas
2015-04-09 12:24:16
Es wird...! Zugegeben, eine gewisse Enttäuschung war schon da, sooo viele Synthies hätten nicht sein müssen. Aber Substanz ist immer noch genug da, und wer SOMETIME AROUND MIDNIGHT im Gepäck hat, darf sowieso alles. Heute Abend Hamburg, die Setlist zuletzt verspricht auch diverses Älteres.
Armin
2015-04-08 20:59:59
Frisch rezensiert! Meinungen?
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