Dagobert - Afrika

Buback / Universal
VÖ: 20.03.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Revolte der absoluten Gefühle

Die dumpfe Legende um den "Schnulzensänger aus den Bergen" hat etwas irritierendes, zugleich faszinierendes, auch unfassbares, unglaubhaftes. Anno dazumal wollte er eremitisch in seinem existenzialistischen Sud der unerwiderten Liebe garen und wie bei diesen Fragen des Seins üblich gibt es dann die Lebensverneinung oder -bejahung. Letzteres für Dagobert. Er zog nach fünf Bergjahren mit genügend Musik ausstaffiert nach Berlin. Seither revoltiert er mit den absoluten Gefühlen gegen diese merkwürdige Zivilisation. Das evoziert Verlegenheit und peinliche Berührtheit beim Hörer, der das auch protektiv schnell als Schlagerkitsch abtut, als gefühlstechnisches Tabu. Außer halt bei den Hipstern, die das gut finden, weil sie meinen, dass das gut gefunden werden sollte. Wo doch heute schon die Frage nach jemandes Befinden häufig zur Floskel und sozietären Verpflichtung mutiert ist. Und weil niemand auf Dagobert hören möchte und er angeblich immer noch nicht von seiner Musik leben kann, muss er – folgerichtig – lauter werden, noch deutlicher.

Nun also "Afrika", und wer schon als Nicht-Zugehöriger entschwinden muss, für den ist es dort zumindest wärmer als auf der Winteralm. Afro-Anleihen gibt es keine, wohl noch am ehesten die stampfende Rhythmik gleich zu Beginn, wenn es heißt: "Ich werde nun für immer gehen / Und Dich nie mehr wiedersehen / Doch so wie Du mich kennst, wirst Du das verstehen / Denn ich geh nach Afrika / Mit meinem Herz bin ich schon da / Und singe mit den Affen uah-uah-ah." Wie beim Debüt vor zwei Jahren: schräger Gesang und Liedtexte zwischen Nonsens und Sehnsüchten. Hinzu kommt Beihilfe von Kreator-Gitarrist Mille Petrozza, dessen Hardrock-Solo zu "Am Natronsee" erst nach schwebenden Synthesizern reingrätscht und schließlich nach marschierenden Drums balladesk endet. Trotz Aufbauschen und Konstantin Groppers (Get Well Soon) eingespielten Streichern, wie bei "Das traurige Ende eines schönen Tages" zu Versen Marke "Manchmal traurig, manchmal froh / das war bei mir immer so", erweitert dies nur Dagoberts bisheriges Konglomerat aus Flippers, Scorpions und David Hasselhoff. Ohne es zu verfremden.

Was zeigt uns der Schlager heute? Dass nach ein paar markteinkalkulierenden Lobotomien wirklich jedes Untalent erfolgreich sein kann. Lach-dich-froh und Ufftata reichen ja. Schon Titel wie "Wie leben aneinander vorbei" oder "Du bist tot" sind purer als der Zombietanz im Stadl oder das, was Singer-Songwriter meinen, wenn sie etwas als "deep" empfinden. Dass "Afrika" im Mittelteil nachlässt, in dortiger Wiederholung etwas redundant wird, kann auch der Schlagerstrategie zugerechnet werden und bleibt somit unerheblich. Und wie man zu Zeilen wie "Frauen sind zum Heiraten da" steht, sei jedem selbst überlassen. Perspektivisch versteckt sich in diesem Liedkoffer aus den Bergen hoffentlich noch mehr. "Alles ist okay I'm on my way / Alles ist okay mit Doris Day." Notorisch bedingt eben nicht mit Dagobert, der dann in die Ferne abschweift und damit die Vernunftmenschheit fertig macht.

(Maximilian Ginter)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Afrika
  • Am Natronsee
  • Das traurige Ende eines schönen Tages

Tracklist

  1. Afrika
  2. Wir leben aneinander vorbei
  3. Zehn Jahre
  4. Angeln gehen
  5. Moonlight Bay
  6. Du bist tot
  7. Am Natronsee
  8. Rede mit mir
  9. Sehnsucht
  10. Jenny
  11. Das traurige Ende eines schönen Tages
Gesamtspielzeit: 42:13 min

Im Forum kommentieren

catpain kidd

2015-07-21 11:09:03

schockt mich gar nicht. höre lieber weiter Metallica...

Fistfuck

2015-04-18 19:00:53

Vollkommen belangloser, nichtssagender Artikel über einen beschissenen Möchtegernkünstler. Also im Grunde wie Dagobert an sich. Passt.

TheKillerInMe

2015-04-17 20:16:25

Treffender Artikel:
http://www.woz.ch/1516/dagobert/so-schmierig-wie-das-gel-in-seinem-haar

Demon Cleaner

2015-04-01 15:39:21

Ich finds ganz ganz furchtbar. Echte Gefühle höre ich selbst bei Helene mehr raus, das hier ist für mich konstruierter Schwachsinn.

edegeiler

2015-04-01 15:24:35

Die Melodie von Afrika ist natürlich grandios von den Pet Shop Boys geklaut, trotzdem schön.

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum