LoneLady - Hinterland

Warp / Rough Trade
VÖ: 20.03.2015
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Schräglich schön

Manchmal sind Hits so unbarmherzig, dass es kein Entkommen gibt. Einmal gehört, für immer im Kopf. So ein Ohrwurm ist ein anhängliches Tierchen, wenn er sich einmal festgebissen hat. Die Engländerin Julie Campbell alias LoneLady wartet mit einem ganz besonders hartnäckigen Exemplar dieser Spezies auf: "Bunkerpop" nennt sich die erste Single ihres zweiten Albums "Hinterland". Und "Bunkerpop" ist unwiderstehlich. Ein fast schon gleichgültig dahinpolternder Beat und einige minimalistische Melodiesprengsel reichen, um jedes Widerwort im Garaus zu ersticken. Diesem Song ist Folge zu leisten. Modern ist der Sound dabei selbstverständlich nicht. Wie schon auf ihrem 2010 erschienenen Debüt "Nerve up" steht Campbell bis zum Stiefelschaft in den Achtzigern. Wer nun fiese Frisen und grässliches Synthiegefiepse befürchtet, sei beruhigt: Die Dame verfügt nicht nur über einen ausgezeichneten Haarstylisten, sondern auch über Geschmack.

Den Beweis hierfür liefert der Titelsong: Funky bis ins Mark ist er, es kommt fast einer Enttäuschung gleich, dass nicht unvermittelt Prince aus dem Gebüsch springt und das Stück mit einigen Kastratentönen veredelt. Doch heile bleibt beileibe nicht alles: Das komplett zerschossene Gitarrensolo in der Mitte des Stücks klingt, als sei dem Gitarristen während des Spielens das Hirn heruntergefallen. Zum Glück. Weit weniger schiefgewickelt kommt "Silvering" daher. Das von einem flotten Offbeat vorangetriebene Lied ist entwaffnend simpel gehalten — und funktioniert genau deshalb ganz fantastisch. Auch "Groove it out" macht Spaß. Akustische Einwürfe wechseln sich ab mit fluffigen Keyboardlinien, während Bass und Gitarre wieder und wieder die selben drei Töne zum Besten geben. Hierbei handelt es sich allerdings um die richtigen drei Töne. Reduktion will gelernt sein, und LoneLady hat definitiv ein Händchen fürs Weglassen.

Ganz anders dagegen "Flee!". Den Funk lässt Campbell hier ausnahmsweise im Schrank, stattdessen gibt es herrlich arrangiertes Streicherflirren aufs Ohr. Eine grüne Insel der Ruhe in der ansonsten rastlosen Betondisco, ein echtes Kleinod. Beruhigend, oder gar fröhlich wird es aber nicht: "Spectres in the air / Rise and vanish everywhere", singt Campbell, bevor rückkoppelnde Gitarren die scheinbare Idylle durchschneiden. "Remember, remember" lauten die letzten Worte. Intensiver geht es kaum. Ein oder zwei zusätzliche ruhige Stücke dieser Art hätten "Hinterland" sicher nicht geschadet. Doch gerade in der Monotonie liegt die ganze Lust, die das Album verströmt.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bunkerpop
  • Silvering
  • Flee!
  • Mortar remembers you

Tracklist

  1. Into the cave
  2. Bunkerpop
  3. Hinterland
  4. Groove it out
  5. (I can see) Landscapes
  6. Silvering
  7. Flee!
  8. Red scrap
  9. Mortar remembers you
Gesamtspielzeit: 46:57 min

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afromme

2015-11-01 14:41:30

Was - da stehen die Talking Heads/David Byrne nicht in den Referenzen?

Ansonsten "Das komplett zerschossene Gitarrensolo in der Mitte des Stücks klingt, als sei dem Gitarristen während des Spielens das Hirn heruntergefallen. Zum Glück."
exakt das (naja, also von der grundsätzlichen Richtung her) dachte ich mir beim ersten Hören auch.

körperklaus

2015-03-24 17:46:38

cover eine hommage an beak>?

rollator

2015-03-24 16:50:41

wird gekauft. 'Groove it out' war ein schöner Vorbote und die Debut LP auch ziemlich gut.

Armin

2015-03-18 21:40:50

Frisch rezensiert! Meinungen?

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