
Murder By Death - Big dark love
Bloodshot / IndigoVÖ: 06.02.2015
Vollmundig
Selten kommt eine Rezension über Murder By Death ohne einen Hinweis auf Schnapskonsum in all seinen Abwandlungen aus. Tom Waits sieht es auf "Orphans: Brawlers, bawlers & bastards" schließlich ähnlich, wenn er zusammenfasst: "Give a man gin / Give a man cards / Give an inch he takes a yard." Der Schwenk von Waits' ausladenden Arrangements hin zu den Cello- und Horn-Vergärungen von Murder By Death gelingt fast anmutig, ohne beim Zuprosten Hochprozentigen zu verpümpeln. Zur Sache: Ob whiskey-getränkt, gin-vernebelt oder in welchen Modus man sich auch immer katapultieren muss, um diesen abgehangen folkigen, indie-verzierten Zurücklehn-Rock zu spielen, spielt auf "Big dark love" auch gar keine Rolle mehr. Denn im Titelstück wird tatsächlich aus einer Tasse getrunken: "I sit on my table / I drink from my cup." Schnaps aus Tassen mag pragmatisch sein, wirkt gemischt mit dem Genuss des eleganten "Big dark love" aber nicht stimmungsförderlich.
Viel nötiger ist es seit Beginn dieses Jahrzehnts, das Quintett mit zwei Faktoren zusammenzubringen. Erstens mit Kickstarter-Kampagnen, denn schon wieder wurde der neue Output durch Crowdfunding mehr als nur vorfinanziert. Diese Planungssicherheit führt zum zweiten Faktor: John Congleton. Wie auf dem Vorgänger "Bitter drink, bitter moon" ist er für den Mix verantwortlich und öffnet das Soundbild von Murder By Death sogar für bislang eher fernliegende Genres, wenn der Schritt vom Ende von "It will never die" und großen Teilen des Titelstücks hin zu Postrock à la Explosions In The Sky oder This Will Destroy You kein großer mehr ist. Die Verantwortung hinter den Reglern hatte er bei beiden Instrumental-Vertretern, deren überbordender Hang zum Eskapismus sich auch auf "Big dark love" niederschlägt.
Auf die Lyrics bezogen gibt es zwischen den entschlossenen Zeilen "I had a dream too big for the world / Get me out of here / Take me to the edge of town / To the underground / It can't be that far" im mutvollen Opener "I shot an arrow" und flehendem "Will you send me home?" kein Ankommen, weder geographisch noch emotional. Die textliche Unsicherheit wird wie immer ungebremst konterkariert durch das musikalische und stimmliche Selbstbewusstsein, mit der die Band nur so um sich wirft. Die Wärme, die vor allem Adam Turlas Timbre erzeugt, der sich laut eigener Aussage in seiner Rolle als Sänger noch nie so wohl gefühlt hat, ist trotz unverkennbarer Verbesserung seit 15 Jahren Bandgeschichte prägend. Dazu erhebt sich, wie in "Solitary man" oder dem beseelten Schlusspunkt "Hunted", Sarah Balliets Cello-Verzierung ungebrochen akzentuiert. Seit nunmehr sieben Alben bleiben Murder By Death in jeder Sekunde unverkennbar, auch wenn die Dominanz akustischer Instrumente ins Traditionelle weist. Stimmig, dass sie den Titel des stärksten Stücks gleich zum Album-Titel befördert haben. Ins Prahlerische wären sie jedoch auch bei der Wahl eines anderen passenden Titels nicht gerutscht: "Natural pearl". Ganz nüchtern.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Big dark love
- Send me home
- Hunted
Tracklist
- I shot an arrow
- Strange eyes
- Big dark love
- Dream in red
- Solitary one
- Send me home
- Last thing
- Natural pearl
- It will never die
- Hunted
Im Forum kommentieren
Logrus
2015-05-23 21:22:22
War gestern zufällig jemand in München?
Die Show gestern in München war großartig und fand in einer recht intimen Atmosphäre statt. Ich schätze mal, dass es ca. 150 Leute waren, in einem kleine Club, der noch nicht einmal eine Garderobe hatte. Die Jacken hingen an der Heizung, die Taschen standen unter der Heizung. Dafür hat das Publikum die ganze Zeit mitgetanzt und mitgesungen. Ich habe Murder By Death das erste Mal live gesehen und muss sagen, dass sie live genauso umwerfend sind, wie auf ihren Alben. Ich muss gestehen, dass ich diese Band im Augenblick liebe und Big Dark Love für mich nach wie vor das Album des Jahres ist.
Froscha
2015-02-13 18:14:42
Dortmund ist großartig!
Logrus
2015-02-13 13:42:45
Ich habe mir mal notiert, dass sie am 22.5 in München spielen.
zurueck_zum_beton
2015-02-13 13:14:39
Die sind Ende Mai auf dem Way Back When im Dortmunder FZW. ICh hoffe, dass die da eine Tour rumbauen.
Froscha
2015-02-13 10:03:58
Die sollten mal wieder nach Deutschland kommen...Strange Eyes und Send Me Home sind auch sehr gute Songs vom Album
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