The Charlatans - Modern nature
BMG / Rough TradeVÖ: 13.02.2015
Erheblich unerheblich
Okay, alter Affe Nu Rave, das war es nun, oder? Klaxons wirkten auf ihrem jüngsten Album ähnlich farblos wie das Cover, Shitdisco haben sich längst selbst im Klo runtergespült, und die meisten anderen Bands aus dieser Ecke befinden sich in einem präfinalen Zustand, der gern euphemisierend als "indefinite hiatus" bezeichnet wird. Halb so schlimm – der gute alte Rave britischer Prägung kommt nämlich mit aller Macht zurück. Ride etwa feierten schon vor einiger Zeit ihre Live-Reunion, Inspiral Carpets verblüfften 2014 mit einem erstaunlich frischen Comeback, James lassen ohnehin in regelmäßigen Abständen von sich hören, und auch The Charlatans gibt es immer noch. Die Stimme aus dem Off flüstert dem Rezensenten zwar gerade zu, letzteren Namen lieber nicht zu erwähnen – zu spät: Da müssen wir jetzt durch.
Zunächst einmal sind The Charlatans aufrichtig zu bedauern: Es wäre nur verständlich gewesen, hätten die Brit-Pop-Veteranen nach dem Krebstod ihres Drummers Jon Brookes im Jahre 2013 resigniert das Handtuch geworfen, war doch bereits 1996 Keyboarder Rob Collins bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Tim Burgess und Kollegen gaben sich jedoch kämpferisch: Schließlich sei Brookes vor seinem allzu frühen Ableben ganz heiß auf ein neues Album gewesen, das die Band nun gewissermaßen ihm zu Ehren aufgenommen hat – immerhin mit New Orders Stephen Morris, The Verves Peter Salisbury und Factory Floors Gabriel Gurnsey als illustre Gäste am verwaisten Schlagzeug. Und schon für diese prominenten Aushilfskräfte hätte man sich gewünscht, sie hätten Erheblicheres einzutrommeln gehabt als "Modern nature".
Sicher werden die vier Briten ebensowenig jünger wie die Madchester-Druffis, die bis heute zu ihren Klassikern abfeiern, was die Saft- und Kraftlosigkeit von neuen Stücken wie "Talking in tones" oder "Come home baby" aber kaum entschuldigt. Die verhuschten Percussions schäkern lediglich verstohlen mit der Orgel in der hintersten Studioecke, matte Streichersätze versuchen sich verzweifelt daran, eine Illusion von Soul aufrechtzuerhalten, und rappelt sich die Band endlich zu einem Refrain auf, fällt dieser genauso schwachbrüstig aus wie der vorangegangene Spannungsbogen, der im Grunde gar keiner war. Wenigstens die Single "So oh" gönnt sich zu Psychedelia-Grundierung und in die Sonne blinzelndem Gesang einen bassigen Groove und erweist sich in der Tat als ziemlich – nun ja – okay. Vielleicht das schlimmste Kompliment, das man einem Song machen kann.
Erst verspätet reißen sich The Charlatans am Riemen: "Let the good times be never ending" tarnt sich nur kurz als "Child in time"-Fingerübung auf der Hammondorgel, bis ein flockiger Beat samt akzentuierter Licks einsetzt und ein Gospelchor lautstark Zustimmung signalisiert – der erste Moment, in dem "Modern nature" uneingeschränkt Spaß macht. Der vernebelte Space-Schlurfer "I need you to know" und der druckvolle Basslauf von "Lean in" bleiben anschließend zwar eher Stückwerk, machen aber eine bessere Figur, als man nach dem verkorksten Beginn eines bestenfalls zwiespältigen Albums erwarten durfte. Nüchterne Bilanz: Ob neu oder alt beziehungsweise Rave oder nicht, tut wenig zur Sache, solange die Songs stimmen. Und dass sie das hier viel zu oft nicht tun, ist nach "Who we touch" nun schon zum zweiten Mal The Charlatans' großes Problem.
Highlights & Tracklist
Highlights
- So oh
- Let the good times be never ending
Tracklist
- Talking in tones
- So oh
- Come home baby
- Keep enough
- In the tall grass
- Emilie
- Let the good times be never ending
- I need you to know
- Lean in
- Trouble understanding
- Lot to say
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quasi2
2016-05-22 18:50:03
modern nature war ein cooles album! ABER: wieso haben sie ihren mit abstand besten song als bonus-track auf der japan-version versteckt??? "marauder" heißt der mega-groovige instrumental-track (drums: pete salisbury/the verve) ...und knüpft an beste "up to our hips"-zeiten an!!! TIPP!!!
Hogi
2015-02-09 20:42:36
Sehr gutes Album...bin kein großer Charlatans-Fan, aber die Rezi hier ist mal wieder Quark.
MM13
2015-02-08 10:36:34
stimmt.nachdem ichs jetzt ein paar mal gehört habe würde ich sogar zur bewertung vom me tendieren.nach der rezi hier habe ich nicht viel erwartet,aber schon beim ersten hören war klar pt liegt ziemlich daneben.
Tom Green
2015-02-07 17:31:14
Kann die Kritik nicht nachvollziehen.
Mit Emily, Let the good times never ending, so oh, lean in sind da große Hits drauf.
8/10
The MACHINA of God
2015-02-07 17:24:05
Ok. Dann bald nochmal in richtiger Lautstärke.
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